Beilage 4a.

[14] Reglement

für den

Einzug der Hohen Leiche Ihrer Majestät der Königin (Luise) und für die Beisetzung in der Dom-Kirche (zu Berlin im Juli 1810).

De Dato Charlottenburg, den 21. Julius 1810.


§. 1.


Ein Königlicher Trauerwagen fährt von Berlin nach Hohenzieritz, um von dort die Leiche nach Berlin zu bringen.


§. 2.


Die Leiche wird in Drei Tagen nach Berlin, den ersten Tag bis Gransee, den zweiten Tag bis Oranienburg, den dritten Tag bis Berlin gefahren, so dass der 25. Julius der Tag der Abfahrt von Hohenzieritz und der 27. Julius der Tag der Ankunft in Berlin ist.


§. 3.


Der obgedachte Trauerwagen, mit Acht Pferden bespannt, welche, so wie der Wagen, mit gewöhnlichen schwarzen Decken belegt sind, fährt die Leiche nur bis an des Geheimen Raths Nöldechen Meierei, auf dem Wedding belegen, wohin schon früher ein Staats-Leichenwagen gebracht sein muss. der die Leiche daselbst in Empfang nimmt und nach der weiter unten zu bestimmenden Ordnung nach Berlin bringt.

Eben dahin wird auch der von der Stadt Berlin Ihrer Majestät der Königinn verehrte Parade-Wagen mit Acht Pferden und dem dazu gehörigen Geschirr geschickt.


§. 4.


Die Leiche wird am Tage der Abfahrt von Hohenzieritz von den dort versammelten Preussischen und Mecklenburgischen Hof-Cavalieren auf den Leichenwagen gesetzt.

Die Mecklenburgischen Hof-Cavaliere sollen ersucht werden, derselben bis an die Grenze zu folgen.

Die Preussischen Hof-Cavaliere folgen bis Berlin, wie weiter unten bestimmt wird.


§. 5.


Von Potsdam aus wird, durch Verfügung der Militair-Behörde, die Leib-Escadron Garde du Corps mit Acht Offizieren bis an die Landes-Grenze und an die daselbst befindliche Granzbrücke zur gehörigen Zeit entgegen geschickt.


§. 6.


Diese Escadron theilet sich so, dass die Hälfte dem Leichenzuge vorangeht, und die andere Hälfte denselben beschliesst.
[15]

§. 7.


Den Reise-Leichenwagen selbst begleiten während der ganzen Reise zwei Königliche Stallmeister zu Pferde, welche zu diesem Zweck nach Hohenzieritz geschickt werden und während der Reise allezeit zur Seite des Leichenwagens reiten.

Dem Leichenwagen folgt unmittelbar der Wagen, worin die Oberhofmeisterin Gräfin v. Voss mit den anwesenden Hofdamen fährt, und diesem Wagen folgt der der anwesenden Hof-Cavaliers, Kammerfrauen und des übrigen Gefolges.


§. 8.


In allen Städten und Dörfern, welche von dem Leichenzuge berührt werden, und in allen denen, welche rechts und links Eine Meile von diesem Wege entfernt liegen, wird in der Stunde der Annäherung mit allen Glocken geläutet.


§. 9.


In den Städten, durch welche der Leichenzug kommt, gehen ihm der gesammte Magistrat, die Geistlichkeit und die angesehensten Bewohner des Orts bis vor das Stadtthor entgegen und begleiten ihn bis durch die Stadt, oder bis an den Ort, wo der Leichenwagen über Nacht dergestalt untergebracht wird, dass es nicht nöthig ist, die Leiche von dem Wagen abzunehmen.


§. 10.


Die sorgfältige Wahl des Orts der Uebernachtung des Leichenwagens mit der Hohen Leiche und die bei dieser Uebernachtung zu beobachtende Ordnung ist der Gegenstand der nähern Anordnung des Schloss-Hauptmanns von Buch, welchem, als Königlichem Commissair, die Direction des Ganzen übertragen ist, und welcher deshalb überhaupt, und insbesondere mit den Landräthen der Kreise, Rücksprache nimmt, die gegenwärtig sein und Beistand leisten müssen.


§. 11.


An dem Orte, wo die Hohe Leiche über Nacht bleibet, haben im Vorzimmer 2 Subaltern-Offiziere die Wache. Wenn kein Vorzimmer vorhanden ist, so bleiben dieselben an dem Orte, wo die Hohe Leiche ist. Vor der Thüre des Ortes, wo diese Offiziere die Wache haben, stehen zwei Unteroffiziere. Die Garnison, oder, wo keine ist, die Bürgerschaft, hat die Wache vor dem Hause.


§. 12.


Bei der Abfahrt der Leiche wird von dem Magistrat, der Geistlichkeit und den angesehensten Bewohnern des Orts dasselbe wie bei der Ankunft beobachtet, nemlich die Folge des Leichenzuges bis vor das Thor der Stadt und das Läuten mit allen Glocken derselben.


§. 13.


Am Tage der Abfahrt von Oranienburg muss dieselbe so früh geschehen, dass der Leichenzug gegen Vier Uhr Nachmittags an der Meierei des Nöldechen eintreffe und dort bis gegen Fünf Uhr bleibe, weil bei der Ankunft daselbst die Hohe Leiche von 24 Königlichen Kammerherren in Empfang genommen, von dem Reise-Leichenwagen abgehoben und auf den Parade-Leichenwagen gesetzt wird. Wenn dieses geschehen ist, gehet der Zug um das Invalidenhaus herum auf den Exercierplatz vor dem Brandenburger Thor.

Um Sechs Uhr muss der Leichenzug auf dem Exerzierplatz sein, so dass um Sieben Uhr der Einzug in Berlin vor sich gehe.[16]

Zu diesem Zweck fahren die Vierundzwanzig Kammerherren dem Leichenzuge vor bis auf den Exercierplatz, woselbst sie aus den Wagen steigen und zu Fugs den Leichenwagen, zu beiden Seiten desselben, durch das Brandenburger Thor und die Linden bis in das Schloss begleiten.


§. 14.


Auf dem Exercierplatze vor dem Brandenburger Thor versammeln sich am 27sten Julius gegen 6 Uhr die höheren Civil- und Hof-Behörden und Chargen, wie auch die höheren Militair-Chargen, vom Feldmarschall an gerechnet bis zum Major, insofern diese Militair-Chargen an diesem Tage nicht in anderweiter Dienst-Activität sind. Der Magistrat der Stadt Berlin, so wie die daselbst ihren Sitz habenden Collegia und die Geistlichkeit aller Confessionen, senden dahin Deputationen zum Empfang und zur Begleitung der Hohen Leiche bis in das Schloss. Ebendaselbst, nemlich auf dem Exercierplatze, versammelt sich ein von dem Hof-Marschall näher zu bestimmender Theil der Königlichen Hof-Officianten, Pagen und Dienerschaft, welche zu Fuss nach den Kammerherren den Leichenwagen zu beiden Seiten bis in das Schloss begleiten. Das Gouvernement zu Berlin und der Präsident Gruner, ersteres durch Espaliers oder andere zweckmässige Mittel, letzterer durch die erforderlichen Veranstaltungen, sorgen dafür, dass der Exercierplatz zu jener Bestimmung offen und frei bleibe. Beiden wird überlassen, durch Anordnung, wie die Wagen an- und abfahren sollen, zu dieser Absicht wirksam zu sein.


§. 15.


Die drei übrigen Escadrons Garde du Corps gehen schon dem Zuge bis Reinickendorf entgegen, begleiten ihn bis an den Exercierplatz, von wo aus nunmehr der Zug in nachstehender Ordnung durch das Brandenburger Thor, innerhalb der Linden, nach dem Schlossportal No. 5. an der Schloss-Apotheke geht.


§. 16.


Die Ordnung des Zuges ist in der Anlage A. vorgeschrieben. Ein von dem Schlosshauptmann v. Buch zu ernennender Hof-Officiant ruft die Personen in dieser Ordnung auf, und Polizei-Officianten, welche der Präsident Gruner in hinlänglicher Zahl und Eigenschaft an Ort und Stelle sendet, sichern die Befolgung dieser Verordnung.


§. 17.


Kurze Zeit, bevor die Hohe Leiche am Brandenburger Thor ankommt, wird mit allen Glocken des Doms und der ganzen Stadt geläutet und damit ununterbrochen fortgefahren, bis die Hohe Leiche im Königlichen Schlosse in dem Thronzimmer ist.


§. 18.


Ein Theil der Hof-Officianten und Dienerschaft, den Hof-Marschall an der Spitze, erwartet die Hohe Leiche im Schlosse, am Fuss der Treppe.


§. 19.


Eben daselbst im Schlosse, unten an der Treppe, heben die obgedachten 24 Kammerherren die Hohe Leiche vom Wagen, tragen dieselbe die Schlosstreppe hinauf und finden oben die Prinzen und Prinzessinnen des Königl. Hauses mit Höchst Ihren Hofstaaten versammelt, welche der Leiche entgegen kommen und solcher, nach dem bei dem Absterben der Königin Frau Mutter Majestät statt gehabten und in dem Reglement vom 2ten Marz 1805 bestimmten Ceremoniel,[17] in das Thronzimmer vorgehen, woselbst dieselbe vier Tage lang en Parade ausgestellt bleibt.

Die Anordnung und die Ceremonie, sowie die Etiquette dieser Ausstellung, richten sich ganz nach demjenigen, was in ähnlichen Fällen bis jetzt schon üblich gewesen ist.

Am Abend des vierten Tages5, in einer annoch zu bestimmenden Stunde, findet, nach einer annoch erfolgenden nähern Bestimmung, die stille Beisetzung der Leiche im Dome ganz so statt, wie es mit der Beisetzung der Leiche der Königin Frau Mutter Majestät gehalten worden ist, jedoch dergestalt, dass die Hohe Leiche nicht in das Dom-Gewölbe versenkt wird, sondern oben, in der Dom-Kirche selbst, auf einem schicklichen, dazu zu bereitenden und annoch näher zu bestimmenden Platze stehen bleibet.

Das Ministerium ist auf dem Schlosse gegenwärtig und nimmt vor der Schliessung des Sarges den in solchen Fällen gewöhnlichen feierlichen schriftlichen Actus auf.


§. 20.


Alle Militair- und Civil-Personen, welche dem Leichenzuge folgen, werden sich wegen ihrer Kleidung nach einer noch bekannt zu machenden Trauer-Ordnung zu achten haben.

Es wird bereits hiermit festgesetzt. dass das Civil an diesem Tage keine Uniformen anlegen soll.

§. 21.


Zum Zweck der vom Militair bei dieser Ceremonie zu bewirkenden Ordnung wird ein Detachement Cavallerie nach Nöldechens Meierei geschickt, um von da an bis zum Brandenburger Thor Unordnung und Zudringen zu verhüten. Vom Brandenburger Thore an werden zu eben diesem Zweck die an diesem Tage nicht anderweit den Dienst habenden Bataillons und die Bürgergarde ein Spalier auf beiden Seiten der Linden bis zum Schloss-Portal Nr. 5. formiren.


§. 22.


Die Anordnungen, welche zur Befolgung dieses Reglements erforderlich sind, sollen theils von der Militair-Behörde, theils von der Civil-Behörde durch die competenten Ministerial-Departements getroffen werden.


Charlottenburg, den 21. Julius 1810.


(L.S.)


Friedrich Wilhelm.

Kalckreuth. Hardenberg. Goltz
[18]

A.

Ordnung des Zuges.

1. Zwei Escadrons Garde du Corps von denen bis Reinickendorf entgegengeschickten 3 Escadrons.

2. Der Commandant mit zwei Adjutanten.

3. 6 Marschälle von den Landständen.

4. Die Geistlichkeit aller Confessionen.

5. Die Dom-Geistlichkeit.

6. Ein Theil der Königlichen Livree- und Hofstaatsbedienten, unter Vortretung des Königlichen Hof- Fouriers Bork, als Marschalls.

7. Die die Hohe Leiche von Hohenzieritz nach Berlin begleitenden Hof-Cavaliere.

8. Der Königliche Commissarius, Schloss-Hauptmann von Buch.

9. Die hohen Hof-Chargen in nachstehender Ordnung:

a) der Graf von Eglofstein, zweiter Ober- Mundschenk;

b) der Ober-Stallmeister von Jagow;

c) der Graf von Neale, erster Ober-Mundschenk;

d) der Ober-Jäger-Meister Graf von Moltke;

e) der Ober-Marschall von Massow;

f) der Grand-Maître de la Garderobe Graf von Grote;

g) der Ober-Kammerherr Fürst von Wittgenstein;

h) der Baron von Schilden, als Ober-Hofmeister der hochseligen Königin Majestät.


Sämmtliche vorstehende Personen folgen paarweise zu Fuss.


10. Eine halbe Escadron Garde du Corps von der von der Grenze kommenden Escadron.

11. Der mit acht Pferden bespannte Parade-Leichenwagen, worauf die Hohe Leiche liegt, und zu jeder Seite dieses Wagens die 24 Königlichen Kammerherren, von denen die vier ältesten die Zipfel des Leichentuches tragen, Pagen, ein Theil der Königl. Hof-Officianten und Dienerschaft, die Stallmeister und Bereiter.

12. Seine Durchlaucht der Prinz Carl von Mecklenburg-Strelitz.

13. Die Königlichen Adjutanten.

14. Eine halbe Escadron Garde du Corps von der von der Landesgrenze kommenden Escadron.

15. Der ledige, mit Acht Pferden bespannte, Ihrer Majestät der Königin von der Stadt Berlin verehrte Paradewagen.

16. Der Wagen, worin die Frau Oberhofmeisterin Gräfin von Voss mit den ältesten Hofdamen fährt.

17. Die übrigen Wagen mit Königl. Hof-Damen und Hof-Zugehörigen.

18. Ein Detachement Cavallerie von der Escadron Garde du Corps, die den Schluss macht.[19]

19. Der Königl. Feldmarschall Graf von Kalkreuth.

20. Der Königl. Staats-Kanzler Freiherr von Hardenberg.

21. Der Königl. Staats-Minister Graf von der Goltz.

22. Der Königl. Staats-Minister Graf zu Dohna.

23. Der Königl. Staats-Minister von Kircheisen.

24. Der Königl. Staats-Minister Freiherr von Brockhausen.

25. Der Königl. Staats-Minister Freiherr von Humboldt.

26. Die Königl. Generale und Stabs-Officiere mit Einschluss der Militair-Mitglieder des Kriegs-Departements.

27. Sämmtliche Königl. Staats-Minister, welche nicht in Activität sind.

28. Der General-Postmeister auf besonderen Königlichen Befehl.

29. Sämmtliche Geheime Staats-Räthe.

30. Der General-Auditeur.

31. Die Deputationen der Ministerien und anderweitigen Collegien:

a) des Departements der auswärtigen Angelegenheiten,

b) des Departements des Innern,

c) des Departements der Finanzen,

d) des Departements der Justiz,

e) eine Deputation der Civil-Mitglieder des Kriegs- Departements,

f) eine Deputation der Ober-Rechnungs-Kammer,

g) eine Deputation des Tribunals,

h) eine Deputation des Kammergerichts,

i) eine Deputation der Kurmärkischen Regierung,

k) eine Deputation der Landesstände,

l) eine Deputation des Polizei-Präsidii,

m) eine Deputation des Magistrats zu Berlin,

n) eine Deputation des Stadtgerichts,

o) eine Deputation der Stadtverordneten,

p) eine Deputation des Magistrats zu Potsdam,

q) das Luisenstift.


Sämmtliche Personen paarweise zu Fuss, nach Ancienneté der Patente und Amts-Ernennungen.


32. Den Zug beschliesst eine halbe Escadron Garde du Corps von den bis Reinickendorf entgegengegangenen 3 Escadrons.

33. Sämmtliche Equipagen der vorgenannten Personen in nämlicher Ordnung.


Vorstehende, von Seiner Majestät dem Könige auf diesen Trauerfall Allerhöchst genehmigte Ordnung des Zuges soll jedoch etwanig statt findenden Rang-Reglements für die Zukunft auf keine Weise nachtheilig sein.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 14-20.
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