Beilage 12.

Allerhöchst befohlene

[131] Ordnung der Feierlichkeiten

bei der

am 29. April 1858 zu Berlin stattfindenden Vermählung durch Procuration Seiner Majestät des Königs Dom Pedro V. von Portugal und Algarbien mit Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Stephanie zu Hohenzollern-Sigmaringen.

Nachdem Seine Majestät der König Allergnädigst zu befehlen geruht haben, dass die Vermählung Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Stephanie zu Hohenzollern-Sigmaringen, Durchlauchtigsten Tochter Seiner Hoheit des Fürsten Carl Anton zu Hohenzollern-Sigmaringen und Ihrer Grossherzoglichen, Hoheit der Fürstin Josephine zu Hohenzollern-Sigmaringen, geborenen Prinzessin von Baden, mit Seiner Majestät dem König Dom Pedro V. von Portugal und Algarbien am hiesigen Königlichen Hoflager in Gegenwart der Hohen Mitglieder des Königlichen Hauses gefeiert werde, so wird Donnerstag am 29. April 1858, Nachmittags um 2 Uhr, die Trauung durch Procuration in der St. Hedwigs-Kirche hierselbst vollzogen werden.

Da Seine Majestät der König, so wie Ihre Majestät die Königin abgehalten sind, an dieser Feier persönlich Theil zu nehmen, so hat Seine Königliche Hoheit der Prinz von Preussen auch hierbei die Stellvertretung Seiner Majestät des Königs übernommen.

Die Generalität, Minister und Wirklichen Geheimen Räthe, die Räthe erster Classe und die Chef-Präsidenten der Landes-Collegien erscheinen bis um 11/2 Uhr und begeben sich von der Seite der Behrenstrasse her durch das derselben zunächst gelegene Portal in die St. Hedwigs-Kirche, woselbst für sie und ihre Gemahlinnen, sowie für das Corps diplomatique und die anwesenden Fremden besondere Plätze reservirt sind.

Die Höchsten Herrschaften begeben Sich um 13/4 Uhr nach der St. Hedwigs-Kirche, fahren vor dem Haupt-Portale derselben vor und werden zu Ihren Plätzen vom Altare rechts geleitet.

Ihre Königlichen Hoheiten der Grossherzog und die Grossherzogin von Baden, Seine Grossherzogliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Baden, Seine Hoheit der Fürst zu Hohenzollern-Hechingen und Ihre Durchlauchten der Erbprinz Leopold, so wie der Prinz Carl zu Hohenzollern-Sigmaringen begeben Sich ebenfalls um 13/4 Uhr nach der St. Hedwigs-Kirche, nehmen dieselbe Anfahrt und werden zu Ihren Plätzen vom Altare links geleitet. Die zum Gefolge der Durchlauchtigsten Herrschaften gehörigen Personen stellen sich hinter den Stühlen Höchstderselben auf.[132]

Seine Königliche Hoheit der Prinz von Preussen treffen gegen 2 Uhr in der Kirche ein und werden von dem Fürstbischof von Breslau und der Geistlichkeit der St. Hedwigskirche im Haupt-Portale empfangen, woselbst auch die Obersten Hof-, Ober-Hof- und Hof-Chargen und der Minister des Königlichen Hauses sich zu versammeln und Höchstdenselben zu folgen haben. Der Fürstbischof von Breslau führt Seine Königliche Hoheit bis an die Stufen des Hochaltars, woselbst der Ober-Ceremonienmeister Freiherr von Stillfried Höchstdieselben zu dem dort in Bereitschaft gehaltenen Platze geleitet. Die Hofchargen, sowie sämmtliche Personen des Dienstes ordnen sich hinter dem Stuhle Seiner Königlichen Hoheit.

Hierauf erscheint die Durchlauchtigste Prinzessin Braut, in Begleitung Ihrer Grossherzoglichen Hoheit der Fürstin und Seiner Hoheit des Fürsten Carl Anton zu Hohenzollern-Sigmaringen.

Der Fürstbischof von Breslau empfängt die Hohe Braut, und Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Baden erhebt Sich, um Höchstdieselbe mit den Durchlauchtigsten Eltern in die Kirche einzuführen. Der Ober-Ceremonienmeister Freiherr von Stillfried und die beiden anderen Cavaliere, welche von Seiner Majestät dem König der Durchlauchtigsten Prinzessin Braut zur Aufwartung gegeben sind, nämlich

die Königlichen Kammerherren:

Schlosshauptmann von Breslau Graf von Schaffgotsch

und

Schlosshauptmann von Coblenz Graf von Boos-Waldeck,

geleiten die Durchlauchtigste Prinzessin Braut und die mit Höchstderselben erscheinenden Herrschaften zu den links vorn Altare in Bereitschaft gehaltenen Plätzen.

Die Schleppe der Durchlauchtigsten Prinzessin Braut tragen vier Damen:

Fräulein von Axter, Fürstlich Hohenzollernsche Hofdame,

Gräfin Adelaide von Hacke, Königlich Preussische Hofdamen

Gräfin zu Lynar Königlich Preussische Hofdamen und

Gräfin Virginie von Hacke, Königlich Preussische Hofdamen

Rechts neben der Schleppe Ihrer Durchlaucht geht die als Höchstdero Ober-Hofmeisterin fungirende Frau von Bülow, geborene von Humboldt.

Für die Königlich Portugiesische Gesandtschaft und die von Seiner Majestät dem König von Portugal hierhergesandten Cavaliere und Damen, nämlich:

den Herzog von Terceira, Königlich Portugiesischen Feldmarschall und bevollmächtigten Commissarius für den Act der Uebernahme Ihrer Majestät der Königin,

den Marquis von Ficalho, Granden von Portugal und Ober-Stallmeister Ihrer Majestät der Königin,

den Marquis von Souza-Holstein, Granden von Portugal und Kammerherrn Ihrer Majestät der Königin,

den Chevalier Borges de Castro, als den zum Behuf der Uebernahme beigeordneten Secretair,

die Herzogin von Terceira, welche als Ober- Hofmeisterin Ihrer Majestät der Königin zu fungiren berufen ist,

die Frau von Souza-Coutinho, Hofdame Ihrer Majestät der Königin und

den Commandeur Viale,

werden besondere Plätze vom Altare links in Bereitschaft gehalten.[133]

In Vollmacht Seiner Majestät des Königs von Portugal wird Seiner Durchlaucht dem Erbprinzen Leopold zu Hohenzollern-Sigmaringen die Hohe Braut angetraut werden.

Seiner Durchlaucht sind demgemäss für die Dauer dieser Ceremonie

der General-Lieutenant von Peucker

und

der Oberst-Lieutenant im 2. Garde-Regiment z. F. von Werder

zur Aufwartung beigegeben.

Der Fürstbischof, welcher inzwischen vor den Altar getreten ist, wendet sich an Seine Königliche Hoheit den Prinzen von Preussen und ersucht Höchstdieselben, bevor er sich dem ihm aufgetragenen Trauungs-Acte unterziehen könne, huldreichst die öffentliche Verlesung der Procuration Seiner Majestät des Königs von Portugal anbefehlen zu wollen.

Hierauf erhebt sich der ausserordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Baron von Santa-Quiteria von seinem Platze, überreicht Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen von Preussen die zu diesem Behufe ausgefertigte Portugiesische Urkunde und die beglaubigte Uebersetzung derselben in lateinischer Sprache und nimmt sodann dem Altare gegenüber seine Stellung im Mittelgange der Kirche rechte vom Ober-Ceremonienmeister.

Seine Königliche Hoheit geruhen die erwähnte Portugiesische Urkunde nebst der lateinischen Uebersetzung an den links hinter Höchstdenselben stehenden Minister des Königlichen Hauses von Massow zu geben, welcher den Wirklichen Geheimen Ober-Fi nanzrath von Obstfelder mit Verlesung der letzteren beauftragt.

Dieser tritt, nachdem er sich vor Seiner Königlichen Hoheit verneigt hat, auf die linke Seite des Altars in die Nähe der Hohen Braut und liest mit lauter Stimme die lateinische Uebertragung der Portugiesischen Urkunde vor.

Der Ober-Ceremonienmeister geleitet demnächst Seine Durchlaucht den Erbprinzen Leopold zu Hohenzollern-Sigmaringen in die Nähe Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen von Preussen, Höchstwelche huldreichst anzuordnen geruhen, dass der Durchlauchtigste Prinz die erhaltene Vollmacht persönlich vollziehen solle.

Seine Durchlaucht verneigt Sich gegen Seine Königliche Hoheit und nähert Sich sodann der Hohen Prinzessin Braut, um Höchstdieselbe zum Altare zu führen.

Seine Durchlaucht der Prinz stellt Sich zur Rechten der Königlichen Braut; die Königlich Portugiesische Gesandtschaft, und die Cavaliere des Königlich Portugiesischen Gefolges bleiben während der Trauungsfeierlichkeit dem Stellvertreter ihres Souverains zur Seite. Der dem Hohen Brautpaare zugeordnete Ehrendienst stellt sich hinter Höchstdemselben auf.

Der Trauungs-Act beginnt mit einer Anrede, während welcher die Höchsten Herrschaften Sich auf Ihre Plätze niederzulassen, nach derselben aber Sich wieder zu erheben und dem Trauungs-Acte bis zum Schlusse stehend beizuwohnen geruhen.

Der Fürstbischof fragt hierauf zunächst Seine Durchlaucht den Erbprinzen Leopold zu Hohenzollern-Sigmaringen, ob Er im Namen Seiner Allergetreuesten Majestät die Prinzessin Stephanie zu Hohenzollern-Sigmaringen als Gemahlin annehmen wolle, worauf Seine Durchlaucht mit »Ich will!« antwortet. Sodann wendet sich der Fürstbischof mit der Frage an die Durchlauchtigste Prinzessin Braut, ob Sie den König von Portugal und Algarbien, Dom Petro V., vertreten durch den Erbprinzen Leopold zu[134] Hohenzollern-Sigmaringen, zu Ihrem Gemahl annehmen wolle, Höchstwelche, nachdem Sie durch eine Verbeugung vor Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen von Preussen und Ihren Durchlauchtigsten Eltern die Einwilligung hierzu erbeten, mit »Ich will!« antwortet.

Nachdem der Fürstbischof die Trauringe gesegnet und die gebräuchlichen Kirchengebete verrichtet hat, übergiebt er Seiner Durchlaucht dem Erbprinzen Leopold den Trauring für die Königliche Braut, Höchstletzterer hingegen den Trauring für Seine Majestät den König von Portugal.

In dem Augenblick, wo das Hohe Brautpaar die Ringe wechselt, ertönen die Glocken der St. Hedwigs- Kirche zum feierlichen Geläut und werden dreimal zwölf Kanonenschüsse abgefeuert.

Nach dem Ringwechseln werden von Ihren Durchlauchten die beiden rechten Hände in einander gelegt, welche der Fürstbischof mit der Stola bedeckt, sodann den Hohen Neuvermählten das Ehegelöbniss abnimmt und nach dem üblichen Gebet die Feierlichkeit damit schliesst, dass er das Te Deum laudamus anstimmen lässt. Nach dem Te Deum empfängt das Hohe Brautpaar kniend den Segen.

Ausser den von des Königs Majestät Ihrer Majestät der Königin von Portugal zur Aufwartung gegebenen Cavalieren und Damen tritt nunmehr auch der Königlich Portugiesische Dienst in Function.

Mit Beendigung der kirchlichen Feier schliesst die Procura Seiner Durchlaucht des Erbprinzen Leopold zu Hohenzollern-Sigmaringen, und Seine Königliche Hoheit der Prinz von Preussen reichen Ihrer Majestät der Königin von Portugal die Hand, um Allerhöchstdieselbe nach dem Wagen zu geleiten.

Der Fürstbischof führt die beiden Durchlauchtigsten Herrschaften bis zum Ausgange der Kirche.

Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses und die anwesenden Hohen Gäste begeben Sich nach dem Königlichen Schlosse, woselbst um 4 Uhr Gala-Diner im Weissen Saale stattfindet, bei welchem die Hofstaaten, der Fürstbischof von Breslau, die Generale der Infanterie und Cavallerie, die General-Lieutenants, die Minister und Wirklichen Geheimen Räthe, sowie die Gesandten der betreffenden Höfe und die Gemahlinnen der Letzteren zugezogen werden.

Freitag, den 30. April, um 2 Uhr, Déjeûner dînatoire bei Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen von Preussen.

Um 7 Uhr Cour bei Ihrer Majestät der Königin von Portugal.

Um 8 Uhr Concert im Weissen Saale des Königlichen Schlosses.


Auf Seiner Königlichen Majestät Allergnädigsten Special-Befehl.


Berlin, den 23. April 1858.


Der Ober-Ceremonienmeister:

Freiherr von Stillfried.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 131-135.
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