Ausstellung von Kunstwerken aus Berliner Privatbesitz

[185] Zu Kaisers Geburtstag, 1906, benutzten wir die traurige Gelegenheit, daß das alte Palais Redern einem großen Hotelbau Platz machen sollte, um die ansprechenden, von Schinkel ausgebauten Räume der Zopfzeit stilgerecht hergerichtet und ausgestattet, dem Publikum durch eine Ausstellung von Kunstwerken aus Berliner Privatbesitz noch einmal zugänglich zu machen. Die Ausstellung, die Kunstwerke aller Art enthielt, vorwiegend jedoch solche aus neuen Erwerbungen, die noch nicht gezeigt waren, erhielt durch diese Umgebung einen besonders[185] intimen und zugleich festlichen Charakter. Der Kaiser eröffnete die Ausstellung persönlich. Auf der Treppe zum ersten Stock hatten wir eine weibliche bronzene Kolossalbüste aufgestellt, die Fürst Henkel als ein Werk der Renaissance, wahrscheinlich des Donatello, eingesandt hatte. Der Augenschein lehrte, daß sie modern war und nach den Lilien auf ihrem Gewand offenbar die France darstellen sollte, also wahrscheinlich als Dekoration für die erste oder zweite Pariser Weltausstellung angefertigt war. Daß wir sie als modern nicht in die Ausstellungsräume aufgenommen, sondern auf die Treppe verbannt hatten, verletzte Fürst Henkel, obgleich sie dort vortrefflich zur Geltung kam, so sehr, daß er fortan für Erwerbungen der Museen nichts mehr übrighatte. Viel hatte er dafür freilich nie übriggehabt!

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 185-186.
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