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[183] [29.12.1915]


... Daß das liebe Amulettchen etwas später kam, macht gar nichts, – ich war Weihnachten so sehr mit den Soldaten beschäftigt, daß ich für mein Weihnachten am 24. und 25. überhaupt keine Zeit fand. Am 25. hörte ich ein ganz nettes Konzert in Wirmingen, von einem Infanterie-Regiment veranstaltet, das ein paar Opernsänger und Geiger etc. besitzt. Ein Larghetto und Andante von Händel, eine schmucke geistreiche Musik, mehr blendend und voll Geste, aber nicht wirklich tiefsinnig; schwach gespielter Beethoven, in dem der Romantiker allzusehr hervorguckte, u.a. Es hat mich sehr angeregt. Ganz originell war etwas von Adam, – vermutlich Cornelianer; es war etwas aus den 60er Jahren darin, mit großem Reiz. ... Laß Dich nie von der Traurigkeit überwältigen, – traurig sein und sehnsüchtig wie ein Adagio ja, – aber Form muß man im Innern behalten. Der Brief muß weg, drum schnell Schluß! Mit heißen Küssen Dein Fz. M.

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 183.
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