Galla

[480] Galla.

Galla, frantzösisch, Galles oder Noix de Galle, teutsch, Gallus, Galläpfel, ist ein Gewächs und Excrescenz, so auf einer Eiche in Levante pflegt zu wachsen. Ihr Ursprung kommt daher; wann gewisse Würmer die zärtesten Aestlein und Zweigleins dieses Baums anstechen, so verursachen sie, daß eine Feuchtigkeit heraustringen muß, die alsobalden eine Schale oder Hülse giebet, welche hernach gantz angefüllet wird und dergestalt verhartet, gleichwie wir sie zu sehen kriegen. Der Galläppfel giebet es vielerley, und werden durch die Grösse, Figur und Farbe, wie ingleichen, wann sie glatt und höckerigt von aussen, von einander unterschieden. Insgemeine sind sie rund und dicke, einige als wie die grossen Nüsse, andere wie Haselnüsse, höckricht und stachlicht, weißlicht, grünlicht oder schwärtzlicht. Die besten kommen von Aleppo und von Tripoli: und man soll die erwehlen, welche völlig sind und schwer. Sie werden zum schwartzfärben und Bereitung der Dinte gebrauchet.

In Gasconien und in Provence wachsen eben auch Galläpfel, die sind von den Levantischen darinne unterschieden, daß sie gantz dichte sind, viel leichter, röthlicht, und geben nicht viel Farbe. Die Seidenfärber färben die rohe Seide schwartz damit.

Die Galläpfel werden desgleichen zur Artzney angewendet;[480] sie führen viel Oel, Sal essentiale und volatile.

Sie halten an, und werden zu allerhand Pflastern und Salben genommen, zum einspritzen und zum bähen. Sie vertreiben das Fieber: hemmen die abwechselnden Fieber: werden bey dem access und Anfall, entweder als ein Pulver, oder in einem Bissen, eines halben Quintleins schwer gegeben: oder auch, wann das Fieber nachgelassen, alle vier Stunden. Bevor man sie jedoch gebrauchen will, sind generalia, das ist, purgiren und zur Ader lassen, zu gebrauchen.

Ob nun gleich die Galläpfel das Fieber vertreiben mögen, so hindert solches doch nicht, daß sie ihre natürliche Wirckung nicht dabey behalten solten, nemlich den Leib hart verstopfen, dem aber mit Clystiren bald abgeholffen ist. Dem Herrn Reneaume, von der königlichen Academie der Wissenschaften, und Doctori regenti der medicinischen Facultät zu Paris, haben wir dieses Fiebermittel zu dancken, indem er dasselbige entdecket, und in einer Rede, die er bey öffentlicher Versammlung ermeldter Academie, den 30. April 1710. gehalten, vorgetragen hat.

Galla mag vielleicht von dem frantzösischen Worte Gale hergeleitet werden, weil dieses Gewächse in Gestalt der Raude an den Aesten der Eichen heraus zu wachsen pflegt.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 480-481.
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