Planta Marina Retiformis

Planta marina retiformis.
Planta marina retiformis.

[891] Planta Marina Retiformis.

Planta marina retiformis, Clus. Exot. J. B.

Lithophyton reticulatum aliud purpurascens, Pit. Tournef.

Corallina reticulato cortice altera, C. B.

frantzösisch, Panache de Mer, Palme marine.

Ist eine americanische Art Lithophytum, ein Stein-Gewächs, oder ein Seegewächse, welches zum Theil zu Stein geworden, und weder Stein, noch Holtz nicht ist. Gemeiniglich wird es etwan ein Paar Schuhe hoch, in Gestalt eines Bäumleins, ist platt und ausgebreitet, wie ein grosser, Fecher, und wie ein Sieb durchbrochen. Sein Stamm ist einfach, kurtz und steinig: er theilet sich alsbald in einige so ziemlich starcke Aeste, aus denen sehr viel andere kleinere entspriessen, welche sich in die Breite und in die Länge ausstrecken, und ihre Fäden dermassen in einander stecken und verwickeln, daß sie gleichsam ein Netz vorstellen, damit Fische und Vögel gefangen werden. Dieses natürliche, so herrlich schön bereitete Gewebe wird in der Mitten von einem Stiele oder Ribbe unterhalten, der aus dem Stamm entspriesset, und oben am Gewächs zu Ende geht. Das gantze Gewächse oder Bäumlein ist mit einer leichten, gantz dünn und grauen Rinde überzogen, die leicht zerbricht. Darunter sicht es insgemeine purperfarbig. Doch finden sich auch andre Farben dran, gelb, weiß und veilgenbraun. Dem Wesen nach ist es dem Horne ähnlich, und riecht auch so, wann es verbrennet wird: es schmeckt ein wenig saltzig. Es wächset auf dem Grund der See in America und in Ostindien; bricht manchmahl los, und wird von den Wellen auf den Strand geworffen. Die Indianischen vornehmen Frauen brauchen es wie einen Fecher wider die Sonnenhitze.

Das schönste und gröste von dergleichen Seegewächsen, das in Franckreich zu sehen gewesen ist, hat der Herr Lignon im Jahr 1700. aus Westindien, nebst einer grossen Menge anderer Gewächse, Blumen, Früchte und Gesäme, nach Paris gebracht. Dasselbe war vier Schuhe hoch, und auch fast also breit: sein Stengel schien, als ob er wäre aus dem Stein erwachsen, mit welchem seine Wurtzel in Stein verändert war. Um die Wurtzel herum war ein Stück von weissen Corallen, welches daran formiret[891] worden, samt einen Hauffen kleiner Knöpfe oder junger rother Corallen. Das gantze Gewächse war wegen seiner Grösse recht prächtig und sehr seltsam.

Dieses Seegewächse führet viel Oel und sal volatile urinosum, dem vom Hirschhorne gleich.

Es treibet den Schweiß, eröffnet, dämpfet die Säure, und dienet den Durchfall zu verstellen, wann es geraspelt, oder als ein Pulver, eines Scrupels, bis auf ein Quintlein schwer wird eingenommen.

Dieses Gewächse wird auf frantzösisch, Panache de mer, genennet, das möchte auf teutsch heissen, ein Meer- oder Seefederbusch, eine Seefeder, dann, wann es auf dem Abgrund in der See, oder auf den Klippen sitzt, so sieht es einem Federbusche nicht ungleich, dergleichen die Comödianten aufzusetzen pflegen, wann sie ein Trauerspiel vorstellen.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 891-892.
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