Tilia

[1140] Tilia.

Tilia, frantzösisch, Tillau oder Tilleul, teutsch, Linde, Lindenbaum, ist ein schöner Baum, dessen es zwey Arten giebet.

Die erste wird genannt

Tilia fœmina folio majore, C.B. Pit. Tournef.

Tilia vulgaris platyphyllos, J.B. Raji Hist.

Tilia fœmina, Ger. Dod.

Tilia fœmina major, Park.

Philyra Græcis, Tilia Latinis, Guil.

teutsch, breitblätterige Linde.

Die ist ein grosser, starcker und ästiger Baum, der sich sehr weit ausbreitet und grossen Schatten macht. Seine Rinde ist glatt und gleich, auswendig aschenfarbig oder schwartz, inwendig gelblicht oder weißlicht. Sie lässet sich dermassen beugen und drehen, daß Brunnenstränge und Seile davon gemachet werden können. Das Holtz ist zarte, ohne Knoten und weißlicht: es werden Pfeile davon gemacht und Kohlen zum Schießpulver draus gebrennet. Seine Blätter sind breit, rundlicht und vorne spitzig, in etwas rauch, gleissend und am Rande zackigt. Zwischen den Blättern und Zweigen, aus den Winckeln heraus entspriessen Zünglein oder kleine weisse Blätter, auf welchen Stiele zu befinden, die in vier oder fünff Zweiglein sich zertheilen, und iedes eine Blüte bringet von fünff Blätterlein, in Rösleinform, von Farbe weiß und etwas gelbe, von lieblichem Geruch, und stehen in einem Kelche, der in fünff weisse, fettige Stück zertheilet ist. Wann die Blüte vergangen, so folget eine Hülse, die ist so groß wie eine dicke Erbse, bey nahe rund oder oval, holtzig und eckigt, rauch und beschliesset eine oder zwey schwärtzlichte Körner, die süsse schmecken. Die Wurtzeln gehen tieff ins Lande und breiten sich weit aus.

Die andre Sorte heist

Tilia fœmina folio minore, C.B. Pit. Tournef.

Tilia minor, Gesn. hort.

Tilia folio minore, J.B. Raji Hist.

Tilia fœmina minor, Park.

teutsch, schmalblätterige Linde.

Dieser Baum ist gern so groß, als wie der vorige und breitet sich auch also aus; alleine, seine Schale ist rauhe und das Laub ist kleiner, schwärtzer, vester und härter, nicht rauch und siehet fast wie das Birckenlaub. Die Blätter sind auch kleiner als am andern, haben iedoch eben eine solche Gestalt und Farbe, doch kommen sie viel später heraus.

Die Linden wollen ein fett Land haben: sie werden in den Gärten und Aleen gezogen: sie führen viel sal essentiale und Oel. Zur Artzney wird die Blüte, das Bast und der Samen gebrauchet.

Die Lindenblüten sind gut zur schweren Noth, zum Schlage und zum Schwindel.

Das Laub und Bast trocknen, dienen den Harn und die Zeit zu treiben, ingleichen, wann man sich verbrennet hat.

[1140] Der Samen ist gut das Nasenbluten zu verstellen, wann er wie Pulver in die Nase gezogen wird.

Tilia kommt von Τίλον, pluma, Feder, weil dieser Baum die Blüten aus Zünglein bringt, die nicht viel anders, als wie kleine Federn sehen. Oder, von telum, Pfeil, dieweil das Lindenholtz zur Bereitung der Pfeile dienet.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1140-1141.
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