Vitrum

[1197] Vitrum.

Vitrum, frantzösisch, Verre, teutsch, Glas, ist eine Materie, welche durch des Feuers Heftigkeit durchsichtig ist gemachet worden, indem dasselbige die groben, schweflichten und weichen Theilgen weggetrieben, und gerade poros hat gemacht, so daß das Licht gantz leichtlich überall durchkommen kan. Es können aber allerhand Mixturen und Gemenge, entweder durchs gemeine Feuer, oder durch die Sonnenstrahlen, vermittelst eines Brennspiegels, zu Glase gemachet werden.

Das gemeine Glas wird aus Asche vom Kali, Suda genannt, oder aus der Asche vom Farnkraute, oder von Rauken, mit recht rein gewaschenen, getrockneten und durchgeschlagenen Sande vermischt, bereitet.

Die Erfindung des Glases ist gar sehr alt, weil allbereit in denen Büchern Mosis und Josua dessen erwähnet wird. Vermuthlich ist es daher kommen, daß sie gesehen haben, wie allerhand Pflantzen und andere Materien, so in den heissen Landen an der brennenden Sonne und im Wiederscheine gestanden, vitrificiret und zu Glase worden: daher man auch bey dieser Arbeit anders nichts nicht thut, als daß man durch gekünstelt Feuer etwas hervor und zu wege bringt, als wie die Sonne, welche das natürliche Feuer ist.

Vitrum kommt von videre, sehen, dieweil man kan durchs Glas weg sehen.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1197.
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