25.

Gezeichnet hab' ich in mein Auge

Die Brauen einer Mondgestalt,

Das Traumbild eines grünen Flaumes

Mit reichen Farben ausgemalt;

Und hoffen will ich, dass der Freibrief

Den meine Liebe ausgestellt,

Durch jenen kleinen Brauenbogen

Die Weihe des Thŭgrā erhält.

Mein Haupt entrann der Hand; mein Auge

Ist aus Erwartung brennend heiss,

Aus Lust nach Haupt und Auge dessen,

Der Schmuck verleiht dem Freundekreis.

Mein Herz ist tiefbetrübt, und Feuer

Will schleudern ich auf's Ordenskleid:

O komm, o komm es anzuschauen:

Ein Schauspiel ist's voll Herrlichkeit!

Dort wo die Schaar der holden Schönen

Ihr Wimpernschwert gezogen hält,

Dort darf es dich nicht Wunder nehmen

Wenn manches Haupt zu Füssen fällt,

Ich, dem in nächtlichstiller Kammer

Als Mond erscheint Sein Wangenlicht,

Ich kümm're mich um die Gestirne

Und ihren hellen Schimmer nicht.

Ich Armer hab' des Herzens Zügel

Gelegt in eines Wesens Hand,

Das nie noch wegen Thron und Krone

Vor Jemand eine Scheu empfand.

Was ist Verein und was ist Trennung?

Streb' nach des Freund's zufried'nem Sinn,

Denn Schade wär' es zu begehren

Von Ihm noch Anderes als ihn.[69]

Am Todestag lasst eine Bahre

Mir machen aus Zipressenholz,

Denn ich verscheid' am Brandmal dessen

Der hoch empor sich hebt und stolz.

Es holen sich die Fische Perlen

Und streu'n aus Sehnsucht sie auf's Land,

So oft das Liederschiff Hafisens

Erscheint an eines Meeres Strand.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 67-71.
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