26.

Ich schwöre es bei Seiner Seele:

Hätt' ich die Seel' in meiner Macht,

Ich hätte als geringste Gabe

Sie Seinen Dienern dargebracht;

Und hielten Seiner Locken Bande

Den Herzensfuss mir nicht zurück,

In diesem dunkeln Staubgefässe

Verweilt' ich keinen Augenblick.

O trät' Er doch zu meiner Pforte

Als Licht herein, erglänzend hell,

Und über meine beiden Augen

Ergösse sich sein Machtbefehl!

Sein Angesicht ist, wie die Sonne,

Mit nichts vergleichbar auf der Welt;

Doch über's Herz muss, ach, ich klagen,

Das nicht ein Stäubchen Lieb' enthält.

Ich kann Ihn selbst im Schlaf nicht schauen:

Was sprech' ich vom Genusse hier?

Erschiene, da mir dieser mangelt,

Doch mindestens nur jener mir!

Dass Seinem Wuchs sie huld'gen müssen

Gestanden selbst Zipressen ein,

Wenn eine Zunge sie besässen,

Der freien Lilje gleich im Hain.

Wie träte je Hafisens Klage

Aus der Verborgenheit hervor,

Wenn er nicht mit den Vögeln sänge,

Die Morgens beten ihren Chor.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 71-73.
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