27.

Was wär's, wenn jenes Freundes Herz

Geneigt zur Liebe wär'?

Ich wär' in dieser Lage nicht,

Wär' erst in jener er;

Und höbe des Geschickes Gunst

Mich noch so hoch empor,

Wär' immer doch mein Ehrenthron

Der Staub an jenem Thor;

Und wie geschätzt Sein Fussstaub sei

Erschien' im hellsten Licht,

Gebräche es an Ewigkeit

Dem theuren Leben nicht;

Und was des Freundes Lockenduft

Wohl gelte, sagt' ich klar,

Hätt' ich der Seelen Tausende

An einem jeden Haar.

Herr! Wär' der Freibrief meines Glück's

Wohl weniger geehrt,

Wär' mit dem Zeichen er verseh'n

Das jedem Unglück wehrt?

O trät' Er aus dem Vorhang doch

Hervor, gleich Thränen klar,

Und flösse dann Sein Machtbefehl

Auf meiner Augen Paar!

Verschlösse nicht der Liebe Kreis

Die Strasse zum Entflieh'n,

So stände nicht Hafis, entherzt,

Als Mittelpunkt darin.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 73-75.
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