41.

Von meiner Sehnsucht gab ich Kunde

Dem Wind in früher Morgenzeit,

Und eine Stimme rief: »Vertraue

Auf göttliche Barmherzigkeit!«

Der Liebe Räthsel auszusprechen

Vermag des Rohres Zunge nicht:

Des Ausdruck's Grenzen überschreitet

Was aus der Sehnsucht Blicken spricht.

Dein Herz an Leïla's Locke knüpfend,

Nimm dir ein Beispiel an Mĕdschnūn,

Da alle Worte des Verstandes

Dem Liebenden nur Abbruch thun.

O du mein Joseph aus Ägypten,

Beschäftigt nur mit Reich und Thron,

Den Vater frage wo die Grenze

Der Liebe sei zu seinem Sohn!

Durch deines Schelmenblickes Zauber

Heil'st und erweckest du den Schmerz;

Durch deines Moschushaares Ringe

Beglück'st und fesselst du das Herz.

Die Welt, die zweigesicht'ge Alte,

Empfand des Mitleids Regung nie:

Was forderst du von ihrer Liebe?

Was knüpf'st dein Streben du an sie?

Nur dem zufried'nen Armen blühet

Auf diesem Markte ein Gewinn:

Gott! wolle d'rum mir Reichthum geben

An Armuth und zufried'nem Sinn!

Ein Frühgebet, ein Abendseufzer

Schliesst aller Wünsche Schätze auf,

Und du verein'st dich dem Geliebten,

Verfolg'st du dieses Pfades Lauf.[121]

Wie lang noch nähr'st du, hoher Huma,

Dich gierig mit der Äser Kost?

Weh' über jenes Glückes Schatten,

Den du auf Unverdiente goss'st!

Hafis, gib nicht dein Herz den Schönen,

Und sieh wie schändlich treulos war

Was an den Charesmiten übte

Die samarkand'sche Türkenschaar.

Tönt aus Schĭrās ein Lied Hafisens,

So tanzt und wälzet sich sogar

Der schwarzbeaugte Kischmirite,

Die samarkand'sche Türkenschaar.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 119-123.
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