42.

Wolkenschatten sind, o Schenke,

Lenz und Bachesufer hier:

Was du thun sollst, sag' ich nimmer,

Sag', Beherzter, selbst es dir!

Auf! denn dies Gemälde duftet

Nimmer nach Einfärbigkeit:

Wasche denn in reinem Weine

Das befleckte Ssofikleid!

Niedrig ist die Welt: misstraue

Dieser Gnadenspenderin;

Welterfahrner, von der nieder'n

Ford're nicht beständ'gen Sinn!

Doch erschliess' dein Ohr und höre

Wenn der Sprosser klagend spricht:

»Rieche zu der Gnade Rose,

Meister, und versäum' es nicht!«

Horch'st du meinem Doppelrathe,

Nennst du hundert Schätze dein:

»Tritt herein zum Thor der Freude,

Schlag' der Schande Pfad nicht ein!«

Willst den Seelenfreund du schauen,

Halte ihm den Spiegel vor,

Denn es keimt Narciss' und Rose

Nicht aus Stahl und Erz empor;

Und bevor an Weinhausthüren

Du zu Staub geworden bist,

Weile hinter'm Schenkenvorhang

Durch zwei kurzer Tage Frist;

Und, zum Danke dass du wieder,

Athmetest des Frühlings Luft,

Pflanz' des Wohlthuns Baum, dich labend

An der Gnadenrose Duft!

»Von Hafis« – so sprachst du – »wehet

Stets ein Gleissnerduft uns an.«

Deine Sinne muss man loben:

Fein ist dein Geruchsorgan!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 123-125.
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