46.

Voll von Schmerz ist meine Brust:

Gebt, ach, was sie heile mir!

Einsamkeit entseelt mein Herz:

Wär', o Gott, ein Trauter hier!

Hofft vom schnellen Himmelsrad

Irgend wer der Ruhe Glück?

Schenke, bring' ein Glas; ich will

Ruhen einen Augenblick.

Auf! Dem Türken Sāmărkānd's

Weihe ich mein Herz fortan,

Denn es bringt sein sanfter Wind

Düfte mir vom Mūlĭān.

Einem Klugen sagt' ich einst:

»Sieh, so ist es hier bestellt!«

Lachend sprach er: »Schwierig ist's:

Wirr und seltsam ist die Welt.«

Hab' im Brunnen der Geduld

Für das Licht Tschĭgīl's gebrannt;

Doch der Schah der Türken schläft:

Ist denn kein Rŭstēm zur Hand?

Misslich auf der Liebe Pfad

Ist die Ruh' und Sicherheit:

Darum blute jedes Herz

Das zu heilen sucht dein Leid.

Kein Verwöhnter schlägt die Bahn

Zu dem Gau der Zecher ein:

Wer d'rauf wandelt muss verbrannt,

Darf nicht roh und schmerzlos sein.

Trifft man auf der ird'schen Welt

Doch nicht Einen Menschen an!

Eine neue Welt thut Noth,

Und ein neuer Adam dann.

Stolze Liebe kümmert's nicht,

Weint Hafis auch noch so sehr:

Dieser Sündfluth, ach, erscheint

Nur als Thau das Siebenmeer.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 137-139.
Lizenz:
Kategorien: