78.

An ihre beiden Locken

Band Selma mir das Herz,

Und meine Seele klaget

Mir täglich ihren Schmerz.

Gott, lass mir Herzberaubten

Erbarmen angedeih'n,

Und bald, trotz meiner Feinde,

Mit ihr vereint mich sein!

Du Läugner der du sagest,

Ich liebe Selma nicht,

Du blicktest einer Luli

Wohl nie in's Angesicht!

Und wäre dir geworden

Ein Herz, das meinem glich',

In's Meer der Liebe tauchtest

Du sicher so wie ich.

Zu Füssen lege sühnend

Ich meine Seele dir,

Wenn, was nicht schicklich wäre,

Du je bemerkt an mir.

Den Kummer meines Herzens

Zu theilen sei dir Pflicht,

Denn, was dir möchte frommen,

Erblickest du sonst nicht.

O Bild, im düst'ren Grame

Der Leidenschaft für dich

Wandt' an den Herrn der Diener

Ich voll Vertrauen mich.

In deiner Lockenkrause

Verlor Hafis die Spur:

Im Schatten dunkler Nächte

Ist Gott ein Führer nur.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 225-227.
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