6.

Oft schon hab' ich's ausgesprochen,

Und nun sag' ich's abermal:

»Diese Bahn wandl' ich, Entherzter,

Nimmermehr aus eig'ner Wahl.«

Wie den Papagei am Spiegel

So behandelte man mich:

Nur was mich der ew'ge Meister

Sprechen hiess, das spreche ich.

Sei ich Dorn nun oder Rose,

Einen Gärtner gibt's fürwahr,

Und so wie er mich genähret

So gedeih' ich immerdar.

Freunde, schimpft auf mich Entherzten,

Auf mich Blöden nimmer doch!

Schon besitz' ich eine Perle,

Nur den Kenner such' ich noch.

Schmählich auf belappter Kutte

Ist der rosenfarbe Wein:

Schmäle nicht, denn sieh, ich wasche

Sie von Gleissnerfarben rein.

Wer verliebt ist, weint und lachet

Aus gar unterschied'nem Grund:

Wird es Nacht, so sing' ich Lieder,

Und des Morgens klagt mein Mund.

Zu mir sprach Hafis: »O rieche

Nicht zum Staub der Schenkenthür!«

Nimmer schmäle er; ich rieche

Nur chŏtēn'schen Moschus hier.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 221-223.
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