19.

Bin's, der durch verliebtes Treiben

Ruhm erlangte in der Stadt;

Bin's, der durch den Blick auf Böses

Nie sein Aug' besudelt hat.

Treu bin ich, ertrage Tadel,

Und bin wohlgemuth dabei:

Denn nach meiner Satzung heisset

Menschen quälen – Ketzerei.

Zu dem alten Wirthe sprach ich:

»Wie gelangt zum Heile man?«

Und, den Becher fordernd, sprach er:

»Wenn man weislich schweigen kann.«

Wesshalb wandle ich beschauend

Auf der Erde Blumenland?

Deiner Wange Rosen pflücken

Will ich mit des Auges Hand.

Weinverehrend malt' auf Wasser

Desshalb nur mein Bild ich hin,

Weil das Bild der Selbstverehrung

Ich zu tilgen Willens bin.

Auf das Mitleid deiner Locke

Baue ich mit Zuversicht:

Wenn nicht sie mich angezogen,

Nützt mir alles Streben nicht.

Liebe zu der Schönen Wangen

Lerne von des Freundes Flaum,

Denn gar herrlich ist's zu kreisen

Rings um Schöner Wangensaum.

Hin zur Schenke will die Zügel

Lenken ich aus diesem Kreis:

Pflicht ist's, nicht auf den zu hören

Der da nicht zu handeln weiss.

Küsse nur des Liebling's Lippe

Und den Weinpocal, Hafis!

Denn der Gleissner Hand zu küssen

Wäre Sünde ganz gewiss.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 449-451.
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