3.

Der verlorne Joseph kehret

– Traure nicht – nach Kanaan:

Bald füllt sich des Grames Zelle

– Traure nicht – mit Rosen an.

Tröste dich, bald wird es besser,

Herz, das stets nur Gram empfand,

Denn es kömmt dies Haupt, das wirre.

– Tröste dich – noch zu Verstand.

Wenn der Lenz des Lebens wieder

Thronet auf dem grünen Feld,

Spannst du über's Haupt, o Sprosser,

– Traure nicht – ein Rosenzelt.

Hoffe stets, wenn auch dein Scharfsinn

Das Verborg'ne nicht entdeckt:

Hinter'm Vorhang gibt es Spiele,

– Traure nicht – gar tief versteckt.

Hat des Himmels Dreh'n zwei Tage

Unserm Wunsche nicht willfahrt,

– Traure nicht – denn was sich drehet

Ist veränderlicher Art.

Wenn aus Sehnsucht nach der Kába

Du der Wüste Sand betrittst,

– Traure nicht – wenn auch durch Dorne

Du Verletzungen erlittst.

Herz, scheint durch den Strom des Übels

Dir des Lebens Bau zerstört,

– Traure nicht – am Ruder sitzet

Nöe, der die Fluth beschwört.

Ist der Weg auch sehr gefährlich

Und das Ziel nicht abzuseh'n,

– Traure nicht – denn jede Strasse

Muss denn doch zu Ende geh'n.[9]

Wenn mich des Geliebten Trennung

Und der Nebenbuhler kränkt,

– Traure nicht – Gott weiss dies Alles,

Er, der alles fügt und lenkt.

Weilst, Hafis, im Armuthswinkel

Du allein bei finst'rer Nacht.

– Traure nicht – so lang du betest

Und der Koran bei dir wacht.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 7-11.
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