Judas der Erz-Schelm verheirathet sich mit seiner leiblichen Mutter.

[284] Nachdem Judas seinen jedoch unbekannten Vater Ruben um das Leben gebracht, hat die hinterlassene Wittib Ciboria solchen unvermuthen Todfall auf keine Weis' wollen verschmerzen, ihr selbst nicht allein die Haar' neben ungeheurigen Heulen ausgerauft, sondern auch bei Gericht um die billige Abstrafung dieses Todschlägers mit großem Ungestümme angehalten. Pilato als damaligen Landpfleger war nicht gar wohl um das Herz, und tragte hierüber nit geringe Sorg', wie er doch dieser Hacke möchte einen Stiel finden. Denn die Klag' der Ciboriä konnte er nit anders, als billigen ohne sondern[284] Nachtheil der Justiz und Gerechtigkeit; den Judam aber, als einen sehr angenehmen Hofmann, zur Straf' ziehen, wollte ihm auch hart fallen. Pilatus ersinnet endlich ein anderes Mittel, zu stillen die Rach' und den Zorn Ciboria, und trägt ihr mit sanfter Manier vor, wie daß es nunmehr eine geschehene Sach' sey mit dem Tod' ihres Manns; sie solle dessenthalben nit ganz verzagen, es seyn noch viel wackere junge Gesellen vorhanden, welche ihr ein Stuck Brod und standesmäßige Unterhaltung können beischaffen, und weilen ihr Gott genommen, so solle sie wieder nehmen. Und – wie wäre es Frau, sagt er, wann euch der Judas selbsten gefallen wollt? Bei solcher Vorwendung hat die Klag' ein End', und Ihr einen jungen wackeren Menschen zu einem Mann! Holla! solches G'läut hat bald das trübe Wetter vertrieben und sich gleich der Sonnenschein gezeigt. Ciboria williget in die Heirath und ist solche innerhalb wenig Tagen ohne weiters Bedenken oder Verathschlagen beederseits vollzogen worden. Ciboria bekam also mit dem Mann einen Sohn und mit dem Sohn einen Mann; Judas exhielt an dem Weib eine Mutter und an der Mutter ein Weib.

So geht's, so geschieht's, wann man also blind, ohne einige reife Erwägung, ohne ferners Nachforschen, ohne bedachtsames Nachdenken, ohne weitern Berathschlag, ja ohne Gott und Gottes Segen dahin heirathet, keinen andern Zweck suchet, als etwann eine viehische[285] Wohllust, ein glattes Gesicht, oder auch einen gespickten Beutel und reiches Vermögen. So geschieht's und so geht's, wann er nit fragt, wie sie beschaffen, und sie nit nachforscht, wie er genaturt. O unglückseliger Ehestand!


Willst du heirathen, so besinn' dich fein,

Sonst bekommst Essig anstatt des Wein.


Etliche vergaffen sich an der schönen Gestalt, und erwägen nicht, daß solche wie Glas und Gras gebrechlich, folgen nach jenen geilen Mistfinken, welche in dem Sündfluß Gott gebadet hat: Videntes filii Dei filias hominum, quod essent pulchrae, etc.. Viel anders hat gethan der Patriarch Abraham. Dieser schickte einst seinen Haus-Verwalter Eliezer in Mesopotamien, daß er in selbigem Land' seinem Sohn eine Braut erkiese. Das ist fürwahr eine harte Commission. Der fromme Hauspfleger reist in nomine Domini pro Domina. Was gedunkt euch aber, was vor Gedanken er unterwegs gehabt habe? etwann: ich will sehen, daß ich eine bekomm', die viel tausend Gulden reich; wann sie schon nit holdselig, so sie nur goldselig ist? ich will Achtung geben, daß ich eine finde,[286] die wohl besteht im Kasten, wann sie schon nit gar casta ist; ich will Fleiß anwenden, daß ich eine antreff', die steif Batzen hat, wann sie schon ein wenig paza ist; ich will sehen, daß ich eine bekomm, die schön von Augen und keine gläserne Wammes-Knöpf, schön von Stirn und kein wurmsüchtiger Furnier-Laden, schön von der Nasen und keine hochangesehene Rotzfrau, schön von Maul und keinen staubigen Mühlbeutl, schön von Zähnen und kein leeres Messer-Gesteck, schön von Statur und kein buckeltes Taschenmesser? oder ich will sehen, daß ich eine Braut bekomme von einem alten Haus, dessen Ahnherr schon längst das Bergwerk oder Zehet eingenommen von dem Weingarten, welchen Noe gebaut? etc. Keinen dergleichen Gedanken hat der treue Eliezer gehabt. Er ist gangen weder auf Schönheit und Wohlgestalt, weder auf hohen Stamm und Aemter, sondern allein hat er nach Tugend getracht, die ganze Sach' Gott befohlen mit dem Zusatz: Herr, diejenige soll seyn, wird seyn, muß seyn eine Braut meines jungen Herrn Isaak, welche wird seyn tugendsam, welche auf Lieb und Höflichkeit mir und den Kameelen wird zu trinken geben. Das ist recht und gut.

Im Heirathen muß man Gemüther, nicht Güter suchen, im Heirathen muß man Mores und nicht Muros[287] anschauen, im Heirathen muß man die Tugend, nicht die Tuchet betrachten, im Heirathen muß man gute Gebährden und nicht gute Geburten erwägen! Das heißt alsdann: nubat in Domino wie der heil. Paulus sagt »in Gottes Namen« heirathen. Nit übel hat jener geredt:


Bin ich ein Mönch, so werd ich hart gestrigelt,

Bin ich ein Soldat, so werd ich oft geprügelt,

Bin ich ein Bauer, so thut man mich schinden,

Bin ich ein Dieb, so thut man mich binden,

Bin ich ein Doktor, so muß ich studiren,

Bin ich ein Narr, so thut man mich vexiren,

Bin ich reich, so leb' ich in Sorgen,

Bin ich arm, so will man mir nichts borgen,

Bin ich jung, so hab' ich viel Hitz,

Bin ich alt, so sing' ich bald schmitz,

Bin ich hoch, so leide ich viel Mucken,

Bin ich nieder, so thut man mich drucken,

Bin ich ledig, so hab' ich keine Freuden,

Bin ich verheirath', so muß ich viel leiden.


Das mehreste Leiden aber in dem Ehestand kommt ursprünglich daher, weilen man ganz unbedachtsame Heirathen eingehet. Wie dann der gelehrte Jesuit Stengelius bezeugt, daß zu seiner Zeit einer Vormittag in den Schulen einen Schilling bekommen, Nachmittag[288] zur Heilung seiner Schmerzen habe er ein Weib genommen. Ein schönes Pflaster! Ein mancher bei einem Viertl Wein wird mit einer bekannt und verliebt sich gleich in dieses pollirte Raben-Aas, daß in einer halben Stund' die Bekanntschaft und Verwandtschaft sich vergleichen, auch die Ehe versprechen, ehender sie einander recht kennen. Ich halt jenen Gesellen, von welchem das hl. Evangelium registriret, für einen Thoren und alberen Menschen, ja gar für einen Hader-Narren, welcher zu dem stattlichen Abendmahl höflich eingeladen worden, jedoch nit erschienen, mit vorgewendter Entschuldigung, daß er derenthalben nit könne erscheinen und aufwarten, weilen er ein Dorf gekauft und also vonnöthen habe, hinaus zu gehen und dasselbige zu besichtigen. Du Narr, du sollst es vorhero besichtiget haben, ehe du den Kauf eingangen! Also soll man wohl vorhero alles umständig erwägen, alles mit dem Winkel-Maß ausmessen, alles reiflich erkundigen, Sitten, Gebährden, Neigungen, Beschaffenheit, Herkommens, Vermögen und forderist Tugend und Untugend betrachten, erforschen, entörtern, ehe man den Handstreich wagt, den Willen verkauft, die Freiheit bindet und sich verehelicht!

Das Heirathen kommt mir vor wie das Fischen. Ein mancher fischt, fischt und fangt, hat das Glück, fangt einen stattlichen Hausen, bekommt eine gute Hauserinn und Hauswirthinn, wie bei Salomone beschrieben wird: die die Weg' ihres Haus' in Acht nimmt, et panem otiosa non comedit, und isset ihr Brod nit im Müssiggaug. Ein anderer der fischt, fischt und fangt, hat das Glück, fangt[289] einen trefflichen Karpfen, zieht einen guten Rogen, bekommt eine Reiche. Ein anderer der fischt, fischt und fangt, hat das Glück, fangt einen Weiß-Fisch, aber lauter Gräten, bekommt eine Weiße und Schöne, aber ohne Mittel, omnia gratis. Ein mancher fischt, fischt und fangt, hat ein schlechtes Glück, fangt einen Aal, die siehet der Schlange gleich, wessenthalben sie also genennt wird Anguilla, bekommt eine böse Megaeram, die zornig und giftig wie eine Schlang'. Ein anderer fischt, fischt und fangt, was? einen Tück (est certa species piscium in Danubio) bekommt einen tückischen Büffel, welche kein karthäuserisch, sondern kahlmäuserisch Stillschweigen hat, ein deutscher Mufti.

Das Heirathen kommt mir vor wie das Heben im Glückshafen: Eine manche die hebt heraus einen Zettel mit Nummer 20, das ist ein schöner silberner[290] Schreibzeug, bekommt einen Sekretari, der die Feder in der Hand und die Flügel am Wammes tragt. Eine andere die hebt, hebt heraus einen Zettel mit Nummer 16, bekommt einen helfenbeinenen Kämpel, ertappt einen solchen, der sie alle Tag' grob abkämpelt, bei dem sie anstatt des Kapital Kapitel einnimmt. Eine andere die hebt, hebt heraus einen Zettel mit Nummer 21, ertappt nichts als einen Badschwamm, bekommt einen solchen versoffenen Gesellen, der alleweil will saufen wie ein Schwamm. Eine andere die hebt, hebt heraus einen Zettel mit Nummer 9, ertappt nichts als einen Pasch Würfel, bekommt einen Spiellumpen zu einem Mann, der bei der Schellen-Sau wenig Speck ersparet. Da heißt es allerseits:


O hätte ich das gewußt!


Ein mancher verblend't sich und verbrennt sich nur an der schönen Gestalt, da doch das gemeine Sprichwort uns erinnert: die Schönheit vergeht, die Tugend besteht! Ja wann die schöne Gestalt der Men schen beschaffen wäre, wie der Israeliter ihre Kleider dazumalen wie sie vom Moses aus Egypten geführt worden, wären solche Gesichter-Krämer noch in etwas zu entschuldigen; denn vierzig ganzer Jahr' durch ein sonders Wunderwerk haben die Israeliter von ihren Kleidern nit einen Faden zerrissen oder versehrt: non sunt attrita vestimenta eorum. Aber mit der[291] schönen Gestalt hat es weit andere Eigenschaft: denn man bleibt nit alleweil zu Schönau, man kommt auch nach Braunau, man bleibt nit immer zu Glatz in Schlesien, man kommt auch nach Zwiefalt in Schwaben. Freilich wohl seynd schön die goldenen Haarlocken, aber nit dauerhaft: mit der Zeit thut auch der Kopf mausen, wie eine alte Brut Henn'. Freilich wohl seynd schön die schwarzen Augen, aber nit beständig: mit der Zeit werden sie rinnend und roth, wie die cyprianischen Tauben haben. Freylich wohl seynd schön die rothen Wangen, aber nit beständig: mit der Zeit werden sie einfallen, wie ein ausgepfiffener Dudelsack. Freilich wohl ist schön eine weiße und gleichsam alabasterne Nase, aber nit beständig: mit der Zeit wird ein alter Kalender daraus, worinnen stets feuchtes Wetter anzutreffen. Freilich wohl ist schön ein korallener Mund, aber nit beständig: mit der Zeit siehet er auch aus, wie eine gerupfte Blaumeise. Freilich wohl seynd schön die silberweißen Zähn', aber nit beständig: mit der Zeit werden auch gestumpfte Pallisaden daraus. Freilich wohl ist angenehm die schöne Gestalt, aber nit beständig: sie geht mit der Zeit auch zu Trümmern, wie die alabasterne Büchse der Magdalena. Aber die Tugend besteht, die Schönheit vergeht. Ein mancher aber vermaulafft sich nur an der schönen Gestalt, verliebt sich an die Schalen und weiß nicht wie der Kern, vernarrt sich in die Scheid und weiß nit wie der Degen, verliert sich an der Haut und weiß nit wie die Braut, bekommt eine herrliche, aber keine ehrliche. Ein solches schönes Weib ist wie die Apotheker-Pillulen, auswendig vergold't, schön, einwendig pfui di. Ein schönes[292] Weib ohne Tugend ist wie ein Buch schön eingebunden aber einwendig ein leeres Register. Ein schönes Weib ohne Tugend ist halt ein goldener Becher und ein saurer Landshuter-Wein darin. Ein schönes Weib ohne Tugend ist halt ein gefirneißtes Toback-Büchsl. Ein mancher bekommt eine solche schöne, die aber untugendlich, eine freundliche, aber mit Gefahr, daß sie nicht ihrem Mann das türkische Wappen auf den Kopf setze; sie macht ihm ein lateinisches V auf die Stirn' und sie buchstabirt das Et Caetera; sie macht ihn, den höflichen Mann, zu einem Kirchen-Thurm-Knopf, worauf ein Hahn steht. Zu Brundrut ist ein solches Kind geboren, welches seines Vaters Namen ganz natürlich hinter den Ohren von Mutterleib gebracht: wann das allezeit geschehe, wäre man cher Schleppsack behutsamer. Ein solcher ist ja ein elender Tropf, der an seinem Weib hat, was Servius Sulpitius an seiner Posthumia, Aulus Gabinius an seiner Lollia, M. Grassus an seiner Tertullia, Cn. Pompejus an seiner Mutia, welche alle nit ehelos, sondern ehrlos ihre Treu vergessen. Ein solcher verachter, verlachter Tropf, verhöhnter, gekrönter Actäon schämt[293] sich nit wenig, kümmert sich nit wenig, seufzet nit selten:


O hätte ich das gewußt!


Du mein sauberer Corneli, hättest nit also sollen gäch darein platzen, dich fein vorhero wohl erkundigen, dich nicht gleich in die Schönheit verlieben, wie der Esau in das Linsenkoch, nicht gleich nach der Schönheit tappen, wie die Eva um den Apfel, hättest du zuvor von fern und nahend weißlich nachgeforscht, wie diese beschaffen sey, ob sie dich nur wegen deiner guten Mittel nehme, übrigenfalls in einen andern veramorirt, so wärest anjetzo nicht so spöttlich mit einer Hirsch. Parocken versehen. Darum:


Willst du heirathen, so besinn dich fein,

Sonst kommt dir Essig anstatt des Wein.


Eine manche arme Haut bekommt einen Mann, und widerfährt ihr, was den grätzerischen Landkutschern widerfahren, welche allemal zu Wien bei dem wilden Mann einkehren in der Kärnerstraße, also wird das Wirthshaus genennt. Sie bekommt einen Mann, einen solchen groben Gsellen, der beschaffen wie St. Gallus-Tag im Bauern-Kalender, dort ist ein Bär gemalen. Dieser Bengel ist weit anders als ein Engel; dann der Engel das Jahr einmal oder zweimal mit dem Stecken über den Schwemm-Teich kommen zu Jerusalem, aber dieser Rilpes kommt fast alle Tag mit Prügeln. Wohl recht heißt ein Mann auf wälsch Marito, auf Französisch [294] Mari auf spanisch Marido de Muger, auf polnisch Zoneck, auf ungarisch Feriur, auf lateinisch Maritus, welches Wort etwann herstammet von dem Wörtl Mare, so ein bitteres Meer heißet. Freilich wohl ist einer solchen armen Haut das Heirathen versalzen, wann er ihr immerzu die Ultra-marin-Farb' in das Gesicht streicht und sich noch des Faustrechts haltet. Wie es jener ergangen:

Diese war eine Wittib, und träumte ihr von nichts mehrers, als vom Heirathen. Wessentwegen sie zu dem Herrn Pfarrer zu Rath gangen, welcher ihr dann als bescheider und bescheidner Mann noch eingerathen, noch abgerathen, sondern die Sach ihrem freien Willen überlassen. Ihr meistes Vorbringen ist gewest wegen des Knechts, der da sehr hübsch, jung und freundlich. Zu dem hatte sie all' ihr Absehen und eine große Neigung. Damit dann der Herr Pfarrer dieses Weibs los wurde, gab er ihr nachfolgenden Rathschlag: wie daß sie sich nach dem Glockenschall, so man wird in die Kirche läuten, könne richten; dafern die Glocke sollen gutheißen ihr Vorhaben, so soll sie im Namen Gottes heirathen. Die erwartet kaum den nächsten Sonntag. Und als man mit zwei Glocken zu dem Kirchendienst gelitten, so kam ihr vor, als gaben die Glocken keinen andern Hall und Schall, als diesen: Nimm' den Knecht, nimm' den Knecht! Worüber sie dann mit ihrem Knecht sich verheirathet. Aber[295] bald hernach erfahren, daß sie aus einer Frau eine Magd worden; massen dieser grobe Knoll fast täglich ihr Fünffinger-Kraut aufs Maul gelegt, ja es war alle Tag' bei ihm Donnerstag, allwo es auch öfters eingeschlagen; man sah ihr's gar wohl im Gesicht an, daß sie ihrem Mann gar fast an die Hand gehe, welches ihr dann nit wenig Seufzer aus dem Herzen erpreßt, auch solches kläglich dem Herrn Pfarrer vorgebracht und vorgeropft, wie daß er ihr einen so üblen Rath hätte ertheilt. Welcher aber sehr witzig geantwortet: daß sie nit hätte sollen dem Gelaut' der zwei Glocken folgen, sondern hätte warten sollen, bis man zusammen mit drei Glocken hatte geläut', nachmals wäre kein anderer Schall zu vernehmen gewest, als dieser: Nimm nit den Knecht, nimm nit den Knecht! Wie oft wäre aus ihr zu hören:


O hätte ich das Ding gewußt!


Du meine große Närrinn hast die Sach' gar zu unbesonnen angefangen, indem du nur allein erwägt hast das rothe Fleschmaul. Sollt dir nit eingebildet haben, daß sich Kapaunen-Fleisch und Kuh-Fleisch in einem Hafen nit gleich sieden? soll dir nit eingefallen seyn, daß sich der alte Kalender mit dem neuen nicht vergleiche? hättest du nicht sollen denken, daß Neuenmarkt und Altenmarkt in Bayern weit von einander? daß ihr alte kalte Spital-Waar euch nur so gern in die neue Kram mischet? Ihr wißt wohl, daß Seneca[296] kein angenehmer Autor für einen jungen Buben, der noch mit der Nasen auf den Wammes-Ermel schreibt. Ihr könnt' euch einbilden und müßt euch vorbilden, daß ein solcher nur das Eure, nicht aber euch lieb habe!


Willst du heirathen, so besinn' dich fein,

Sonst kommt dir Essig anstatt des Wein!


Mancher bekommt ein Weib, die einen Manns-Namen hat, nemlich Swighardus, auf deutsch schweig hart! – Am heiligen Pfingsttag hat ein jeder Apostel zwei Zungen gehabt, eine war im Mund, die andere ober dem Haupt, benanntlich der heil. Geist in Gestalt einer feurigen Zungen. Aber dieses vernünftige Murmel-Thier hat an einer Zunge zu viel. Andere Mühlen haben bisweilen einen Feiertag, absonderlich im Winter, wann der Bach gefroren, oder im Sommer, wann das Wasser nicht die Wassersucht, sondern die Schwindsucht bekommet; aber das Mühlrad in ihrem Lauf geht immerzu, ihre Katzen-Musik hat fast nie keine Pausam, sie hätte gut zu einem Stund-Ausrufer taugt, dann sie hätt's nie verschlafen. Deßwegen kein Wunder, daß man nachmals mit solchen Weibern umgehet, wie mit der Stuben-Thür: wann solche garretzt und kirret, so schmiert man's, alsdann schweigt der Thür-Angel still.

Dergleichen Thür-Geschwöll hatte einer in Niederland, welcher aber ihr wegen des steten Zankens öfters[297] den Rucken nit mit dem Besen (sie war ohne das bös genug) sondern Besenstiel wacker abgekehrt, der gänzlichen Meinung, der Stiel mache still. Solcher Holzmarkt wollte dem unbändigen Weib gar nit gefallen. Suchte demnach bei andern Nachbarinnen einen Rathschlag, wie sie doch möchte so vielfältige Kopfstück', welche sie von ihrem Mann empfangen, mit gleicher Münz bezahlen, die dann sehr ernstlich zu Rath gangen und endlich also geschlossen: Sechs aus ihnen wollen sich bekleiden, wie die hl. Jungfrauen im Himmel und beinebens mit guten Prügeln wohl bewaffnet in der Kammer sich verbergen, nachgehends auf dero Anrufung erscheinen und diesen knoperten Gesellen wohl mit Holz-Birn' traktiren. – Der Handel nimmt eine gute Anstalt, und da solcher nach Haus kommen, fangt sie ihn gleich an zu blasen, doch nicht so lieblich, wie die Thurner zu Ingolstadt, und weilen sie ihm die Schmachwort sub ritu duplici abgelesen, als konnte er nit anders, als sein hölzernes Recept suchen,[298] dieses Gall-Fieber seines Weibs zu curiren. Auf den ersten Streich ruft sie alsbald gegen Himmel: die Heiligen wollen ihr beispringen! und kaum daß sie geschrien: helft mir! so seynd sechs Heilige, meine Patroninnen, alsobald die verkleid'te Heillosen zu der Kammerthür heraus gewischt und unverzagt darein geschlagen, daß dem Mann der Buckel gestaubt, und dergestalten abgeknittelt, daß ihm schier alle Beiner zu Kruspeln worden. Nachdem nun eine nach der anderen wieder verschwunden, so fällt er noch seinem Weib zu Füssen, sprechend: Sey dir tausendmal dankt, mein Weib, Gott vergelt' dir's, mein Schatz, daß es also noch abgeloffen! Wann du die hl. Ursula mit ihrer Gesellschaft hättest angerufen, sie hätten mich zu todt geprüglet! – Ich verkauf diese Waar' für keine Wahrheit, gleichwohl aber klagt mancher Mann, daß er einen steten Krieg mit seinem Weib führe, und glaube eher ein Armistitium zwischen Hund und Katzen, als zwischen ihnen. Die Köpf' sehen zusammen, wie des Kaisers seine Adler. Deßwegen sey auch kein Segen Gottes im Haus, massen bekannt, daß Gott in die Welt kommen und auf die Erd' herunter gestiegen, toto orbe in pace composito: Da die ganze Welt im Frieden war. Wie oft heißt es denn:


O hätte ich das gewußt!
[299]

Du unbesonnener Gispel, du sollst in dem Fall nachgefolgt haben dem Mosi, welcher nit gleich den geraden Weg ohne weiters Bedenken dem gelobten Land zugeruckt, sondern bevor etliche dahin gesandt, seines Erachtens gescheite Männer, welche alles daselbst wohl sollen ausspähen und betrachten. Du hättest sollen handlen wie der berühmte Kriegsfürst Josue, der nicht gleich mit der Armee und ganzem Kriegsheer vor die Stadt Jericho kommen, selbe zu belageren, sondern er hat vorhero zwei wackere Männer dahin geschickt, welche alles und jedes gar genau sollen besichtigen und verkundschaften. Ja du hättest sollen vor allem Gott den Allmächtigen betrachten, welcher dem Adam als erstem Weltpfleger kein Weib wollte geben ohne vorgehendes Bedenken und reifer Erwägung aller Umständ'. Es ist nit gut, daß der Mensch allein sey: lasset uns ihm eine Gehilfinn machen, die ihm gleich sey! Also hättest du auch zuvor alles wohl beim Licht sollen beschauen, so wärest du nicht also hinter das Licht geführet worden, nicht gleich in einem Tag, innerhalb wenig Stunden den Kauf machen, welchem nachmals ein so langer Reukauf folget! Dann


Willst du heirathen, so besinn' dich fein,

Sonst kommt dir Essig anstatt des Wein!


Wie oft bekommt ein Weib einen Mann, der dem Himmel gleich ist, verstehe alle Tag sternvoll, der immerzu singt:


Ich weiß mir einen guten Gspann,

Der liegt dort unt' im Keller,[300]

Er hat ein hölzernes Röckel an,

Er heißt der Muskateller.


Was leidet nicht eine solche arme Julia bei einem solchen Oktober! Den ersten Tag hat Gott der Allmächtige das Licht erschaffen, den andern das Firmament, den dritten die Erd' sammt allen Kräutern und Pflanzen, den vierten Sonn, Mond und Stern, den fünften Tag hat Gott der Herr die Fisch und Vögel aus dem Wasser erschaffen: producant aquae; Gott sprach: Die Wasser bringen kriechen de Thier' herfür, die eine lebendige Seel haben, und das Geflügel auf Erden unter dem Firmament des Himmels. So seynd dann das erstemal die Vögel aus dem Wasser kommen? ja; jetzt aber hat es sich alles umkehrt: der Zeiten kommen die ärgsten Vögel, ja die schlimmsten Galgenvögel aus dem Wein, allermassen die Trunkenheit eine Wurzel alles Uebels.

Der heilige und große Kirchenlehrer Ambrosius schreibt und beschreibt, wie die Vollsaufer beschaffen seynd. Incerti illi visus, instabilis gressus, umbras saepè transiliunt sicut foveas, nutat his cum facie terra, subitò errigi et inclinari videntur et quasi vertantur, timentes in faciem ruunt, et solum manibus apprehendunt; welches auf deutsch so viel ist: Ein voller Mann der sieht[301] aus so wild, wie eine abgebrannte Glas-Hütte, seine Haar' seynd ihm zerrütt', wie ein alter Roß-Kotzen er hat eine Nase, die ist roth wie ein Feiertag im Bauren-Kalender, er hat ein Maul, das ist so schmutzig wie ein alter Faim-Löffel, er hat ein Paar Backen, die brennen wie ein preußisch Leder, er geht mit den Füssen so gerad, wie die Donau zu Dillingen, er haspelt mit den Häxen, als wollte er von unten auf das Weber-Handwerk lernen, er gröpetzt und singt solche Magen-Triller, daß man aus diesem Tisch-Glöckel leicht kann abnehmen, man werde bald für die Säu' anrichten. Pfuy, du Sau-Narr! heißt das nit das Ebenbild Gottes, welches der Allerhöchste so künstlich verfertiget, in den Koth werfen? und neben allem diesen, was Uebel entspringt? was Uebel? das hat Herodes erfahren; was Uebel? das hat erfahren Holofernes; was Uebel? das hat erfahren Loth; was Uebel? das hat erfahren der Kaiser Zeno, der König Alexander Magnus, der Fürst Udo, etc. und viel tausend adere[302] mehr; was großes Uebel? das erfährt manche arme Tröpfinn, welche einen solchen Weinfalter geheirathet, der von einem Wirthshaus in das andere fliegt.

Alt ist die Historie, bekannt ist die Geschicht', ausgeschrien ist die Begebenheit, welche sich mit dem guten Alt-Vater Noe zugetragen. Bötius war der erste, der die Schuh gemacht, Paulinus war der erste, der die Glocken erfunden, Berchtholdus Niger war der erste, der das Geschütz erdenkt, Palamedes war der erste, so die Wirfel aufgebracht, Noe war der erste, so sich im Wein vollgetrunken. Was ist ihm aber dessenthalben geschehen? Nudatus in tabernaculo suo: spöttlich ist er entblößt worden. Diese Entblößung ist herkommen von der Trunkenheit. Aber sag' her, wie kommt's auch, daß mancher an Mitteln entblößt wird? Die Sau zieht den Zapfen, der Beutel wird eitel, Weib und Kinder sehen aus wie die Arbeit bei dem Bein-Drechsler, Haus, Kammer und Zimmer seynd aufgeputzt, wie die Altär' am Charfreitag, der zuvor so wohl gestanden, ist anjetzo aller Mittel entblößt. Jene Knaben, welche den Propheten Elisäum gespöttlet, seynd von denen Bären zerrissen worden. Mein lieber Meister Matthe und Barthelme, mein lieber Meister Gregori und Honori, mein lieber Mann Jeremias und Zacharias, wie geht es dir und den deinigen so schlecht?[303] Ich glaub' allem Ansehen nach, deine Wirthschaft thue überaus stark mausen, du mußt einen frommen Wandel führen, daß deine Kinder alle Baarfüßer-Ordens werden, es hat keines keine Schuh anzulegen und druckt's doch der Schuh allenthalben; deine Kleider seynd nach der alten Modi gemacht, doch mit dem Unterschied, daß jene zerschnitten, die deinigen aber zerrissen! Wer hat dich also zugericht? ich wollt' es wohl errathen, wann du es mir nit willst vor ungut aufnehmen. Gleich wie die Bären jene Kinder zerrissen, welche den Elisäum für einen Kahlkopf ausgeschändet, also haben dich auch die Thier' und Bären zugericht, der schwarze Bär in der Vorstadt, der guldene Bär in der Herrn-Gasse, der blaue Bär in der Gmeinstraßen; will sagen die Wirthshäuser mit diesen Schilden haben dir also geschadet! Darum kannst du mit andern, und andere, mit dir singen:


Dives eram dudum, fecerunt me tria nudum,

Alea, vina, venus, tribus his sum factus egenus:


»Vor diesem hatt' ich alles g'nug,

Brav Geld und gute Mittel;

Jetzt heb' ich's Maul, zum Wasser-Krug

Und trag' ein' zerriss'nen Küttel.«
[304]

Willst wissen, was die Ursach gwest,

Das sag' ich dir ohne Scheu:

Mich haben nur drei W entblößt,

Weib, Wirfel und Wein darbei.


Dessentwegen hat einmal ein Bettler von einem Hausherrn ein Allmosen begehrt, welches dazumal gleich auf dem Bett lag und dem armen Mann die Antwort geben: er wollt' ihm von Herzen gern etwas mittheilen, aber könne nit aufstehen wegen gar zu großer Kopf-Schmerzen. Aus was Ursach? fragte der Bettler. Dem er geantwort: wie daß er sich gestern überweint. O! wann das ist, mein Herr, so trinkt Euch, heut' wieder voll, es hilft! Ja, sagt der Herr, morgen werde ich mehrmalen die Schmerzen empfinden. Ey! widersetzt der Bettler, morgen müßt Ihr Euch mehrmalen vollsaufen. Auf solche Weis' aber kann ich auch übermorgen dem Kopfweh nit entgehen. Possen, sagt der Bettler, übermorgen müßt Ihr Euch abermalen einen dicken Rauch antrinken. Was wird aber endlich daraus werden? sagt und fragt der Hausherr. Deme der Bettler: Ja, Ihr werdet halt ein solcher armer Narr und Bettler werden, wie ich bin; dann ich war vor diesem auch bei guten Mitteln, aber die öftere Vollheit hat mich also leer gemacht: Operarius[305] ebriosus non locupletabitur. Wann nun ein Weib einen solchen Wein-Egel und Wein-Igel bekommt, wie oft verursacht ihr der Wein das Weinen. Wie oft heißt es:


O hätte ich das gewußt!


Aber du, meine bethörte Haut, hast dir diesen Nagel selbsten gespitzt in den du getreten, du hast dir diesen Zwiebel selbst züglet, der dir so oft das Wasser aus den Augen locket, du hast dir dieses Feuer selbst gelegt, welches anjetzo alles das deinige in die Asche gelegt. Du hast weder Gott, nach den Nächsten, auch sogar deine eigenen Eltern nit befragt, sondern dahin geheirathet, als wären dir die Schwalben über die Augen kommen wie dem Tobiä. Hättest fein weislich nachgefragt, ob diesem nit allzeit träumte wie dem Mundschenken des Königs Pharaonis von dem Rebensaft; hättest du nachgeforscht, ob dieser nit öfter in der Bibliothek als Bibliothek, so wärest du also hinter die Wahrheit kommen. Aber der blinde Bub ohne Schuh gab dir keine Ruhe! Jetzt ist es geschehen, ein andersmal[306] bedenk's wohl, und nicht gleich obenhin, wie die Hund' aus dem Fluß Nilo trinken!


Willst du heirathen, so besinn dich fein,

Sonst kommt dir Essig anstatt des Wein.


Zwischen den Eheleuten soll es hergehen und eine Beschaffenheit haben, wie bei der allerheiligsten Dreifaltigkeit, denn daselbsten werden drei Personen gezählt und doch nur ein Gott. Also wann schon der Ehestand in zwei Personen bestehet, so soll doch gleichsam nur ein Herz seyn und ein Gemüth, ja die größte Einigkeit unter ihnen seyn. Der Ehestand ist dießfalls wie ein Granat-Apfel: diese schöne Frucht tragt über sich eine Kron', so lang der Apfel ganz verbleibt; sobald er aber sich zerspalt', so ist die Kron' hin. Also wie lang die zwei vereinigt seyn, so lang haben sie gleichsam eine guldene Kron', führen ein gutes Regiment; sobald sich aber ein Zwiespalt ereignet, so ist alles hin. – Wohl ist zu erwägen, daß die Engel den Loth sammt Weib und Kinder aus der sündigen Stadt Sodoma geführet haben, jedoch nur den Loth angeredet: er soll nit umschauen: Noli respicere post tergum! Weilen nun solches Gebot auch das Weib getroffen, warum daß die Engel nicht sagen: Nolite respicere post tergum: Schauet nit hinter Euch? Da antwortete der gelehrte Silveira: Wie daß die lieben Engel der Meinung gewest seyn, als wären diese zwei Eheleut' so vereinigt, als seynd sie gleichsam nur eins.

Freilich wohl soll eine solche lob- und liebreiche, Einigkeit seyn, aber leider! erfährt man öfter das Widerspiel, und zertrennt solche nit selten die schmerzliche [307] Eifersucht: Wie in Spanien die Stadt Gerunda vom Karolo, König in Sizilien, und Philippo, König in Frankreich erobert worden, wollten die Franzosen das Grab des hl. Narcissi berauben, seynd aber von diesem ihren gottlosen Vorhaben abgetrieben worden durch eine unzählbare Menge der Mucken, welche wunderbarlicher Weis' aus dem Grab des. hl. Narcissi heraus geflogen. Dieser kleine Feind mit seinen kaum sichtbaren Stilett hat eine große Anzahl der Franzosen erlegt, die übrigen alle spöttlich in die Flucht gejagt, also daß annoch bei den Herrn Spaniern das Sprichwort lauft: die Franzosen fürchten sich von denen spanischen Mucken. Den hl. Narcissum haben die Mucken defendirt; aber ein mancher Narr hat Mucken und macht ihm Mucken, die ihn nur offendiren, und solche Mucken seynd das mehreste wegen der Eifersucht. Da soll sie alleweil hinter den Ofen hocken wie ein bayrischer Gogelhopf; sie soll sich das Jahr nur einmal sehen lassen vor andern, wie ein Palm-Esel; sie soll nichts reden, als hätte sie auf die Karthäuser-Regel Profession gemacht. Alle Schritt' und Tritt' kommen ihm verdächtig vor: Wann sie nur einmal seufzet, so wünscht er schon, der Seufzer hätte Schellen oder Glöckel an wie die Schweizer-Kühe,[308] damit er wüßt', wo er hingehe; er aber lad't niemand ins Haus, er leid't niemand im Haus, er macht sich tausend Mucken, etc.

Ein solcher ist gewest Ludovikus Severus, Herzog in Bayren, welcher ohne allen Grund seine Frau Gemahlinn Mariam als eine habe Prinzessin von dem Stamm-Haus der Fürsten in Brabant, in einen gottlosen Verdacht gezogen wegen eines Schreiben zu Ruchonem den Grafen; also zwar, daß er aus Uebergewalt der Eifersucht in einen Zorn, von dem Zorn in eine Furie, von der Furie in einen fünffachen Todtschlag gerathen: dann er nicht allein vier andere, seines bethörten Wahns nach, beschuldigte Personen hingerichtet, sondern auch seine hochfürstliche Gemahlinn von des Henkers Händen, ob sie schon die Unschuld selbsten war, tyrannisch enthaupten lassen zu Donauwörth. Die folgende Nacht ist er dergestalten, theils vom eignen Gewissen, theils auch durch den Geist der Maria, seiner Gemahlinn, also geplaget und beängstiget worden, daß er als ein junger Fürst mit 26 Jahren schlafen gangen, aber zu Morgens als ein sechzigjähriger Tätt'l ganz eisgrau aufgestanden. Welcher nachmals zu einer Buß, so ihm Pabst Alexander der Vierte auferlegt, das stattliche Cistercienser-Kloster Fürstenfeld zwischen Augsburg und München erbaut und mit großen Renten versehen. Da sieht man, was nit solche eifersüchtige Mucken für eine Gewalt haben.

Dergleichen Mucken hat auch gehabt jener Rhein-Graf, welcher aus üblem Verdacht einen edlen Ritter[309] enthaupten lassen, und nachgehends den Kopf seiner Frauen als einer vermeinten Ehebrecherinn ein ganzes Jahr hindurch an den Hals gehenkt. Welchem nachmals der hl. Ulrich, Bischof zu Augsburg, wunderbarlich befohlen: er solle die Wahrheit offenbaren, worauf die schon verfaulte Zung' diese klaren Wort', so von vierzig anderen Beiwesenden verstanden worden, öffentlich gesprochen: »Ego cum hac foemina non peccavi: Ich hab mit diesem Weib nit gesündiget!« – Nit viel anders hat sich verhalten jener reiche Burger, mit Namen Christophorus Bongartner, Anno 1528 zu Basel im Schweizerland, welcher über allermassen geeifert mit seinem Weib, und da er einst ein seidenes Band an seinem Diener ersehen, welches er glaubte, als seye es sein gewesen und das Weib dieses dem Diener gespendiret. Dieses hat seine Mucken, dergestalten vermehrt, daß er sein schwangeres Weib ermordet, sein kleines Töchterl erwürget und nachdem er einen Brief verfertiget an den Senat daselbsten, hat er sich von dem obersten Gaden seines Hauses auf die steinige Gasse herunter gestürzt und den Hals gebrochen. Das seynd die saubern Früchte der Eifersucht, solche Brunsten erwecket der Satan durch die winzigsten Funken, weilen er nichts anders sucht, als die Einigkeit im Ehestand zu zerstören, welche allweg soll verbleiben wie der Unterrock Christi des Herrn, der da ohne Rath, sondern ein ganz vereinigtes Kleid. Solchem[310] wollte Gottes Sohn nicht zulassen, daß er zertheilt oder zertrennt werde.

Von dergleichen Mucken seynd sehr viel Weiber auch nit befreit, ja diese kommen mir vor, wie die Frösch' im Sommer: Die grünhosende Lackendrescher verbringen ja eine verdrießliche Musik die mehreste Zeit, wann sie auf einem mosigen Gestad' eines Fischweihers oder Teichs ihre Pfund-Gosche aufsperren, daß fast der Kopf nit sicher ist, daß er nicht zum Maul hinaus falle; sie machen solche Triller in ihrem Gesang, daß gegen ihnen ein kropfeter Pinzger ein lieblicher Amphion im Singen scheint zu seyn, und so viel man den Text ihres liederlichen Lieds versteht, so quacketzen sie nichts anders als: gib Acht, gib Acht, gib Acht! Der eifersüchtige Weiber-Gedanken redet nichts anders, als eben diese Frösch-Sprach: gib Acht! Wann der Mann nur aus dem Haus geht, so heißt es: gib Acht, wo er den Weg hinnimmt! wann er einer anderen einen guten Morgen gibt, so glaubt sie, es sey[311] schon der Abend seiner Treu' vorhanden, da heißt es: gib Acht, wie er sie nit anlacht! wann er bei einem hochzeitlichen Ehren- Tanz zweimal mit einer tanzt, so heißt es schon: gib Acht, ob er ihr nit die Händ' druckt; Ich hab' selbst eine gekennt, welche der andern mit einem scharfen Taschenmesser das Angesicht kreuzweis zerschnitten, um weilen sie ihren Mann mit dem Ellenbogen scherzweis gestoßen. Gib Acht, gib Acht! Eine andere ist gewest, welche einen sehr gottesfürchtigen Ehemann gehabt; gleichwohl mit ihm dermassen geeifert, daß bei ihr fast nichts anzutreffen war, als das stete: gib Acht! Unter anderm hat sie Acht geben, daß er alle Tag so eifrig nur an einem Ort des Beth-Büchleins gelesen, welches sie veranlaßt hat zu sehen, was es doch für ein Gebet seye Und siehe! da nimmt sie wahr, daß die Blätter ganz schmutzig wo die Buß-Psalmen des Davids stunden. Gleich hierauf schöpft sie den Argwohn, weilen David einen Ehebruch begangen, habe er diese Buß-Psalmen gebetet, und weilen dergleichen Andacht bei ihrem Mann, so sey auch ein gleicher Verdacht bei ihm; welche Eifersucht dergestalten sie gequälet, daß sie ihr endlich selbsten den Tod angethan. Bei einem solchen, bei einer solchen seufzt man öfter:


O hätte ich das Ding gewußt!


Ihr aber hättet es wohl wissen sollten! Denn unter andern Drangsalen, welche in dem Ehestand ein schleichen, ist auch die mißtrauende Lieb und unruhige Eifersucht nicht die geringste, welche der gerechte Gott bisweilen derentwegen zulasset, damit die Freud' des Ehestands und wohllüstige Lieb' in etwas gemäßiget[312] bleibe. Mehrestens aber rühren solche Trübsalen (tribulationem tamen carnis habebunt EJUSMODI und solche W in der E daher, weilen man den Stand gar zu gäh und unbesonnen antritt, auch den allmächtigen Gott dessentwegen nit um Rath gefragt, welcher ohne Zweifel auf eifriges Anersuchen und inbrünstiges Gebet das Gemüth erleuchten thut. Darum spricht der weise Salomon: Domus et divitiae dantur à Parentibus, à Domino autem proprie uxor prudens: Haus und Reichthum wird von den Eltern gegeben, aber ein vernünftiges Weib kommt eigentlich von Gott dem Herrn. Wer dann ein gutes frommes Weib verlangt zu bekommen, der muß sich nit um eine alte, zahnlose Kupplerinn umsehen, welche mit ihrem Husten-G'werb solche Heirath zusamm' bändlet, sondern er muß mit aufgehebten Händen denjenigen eifrig ersuchen, welcher den hl. Ehestand eingestellt in dem Lust-Garten des Paradeis. Ein rechtes Weib, sagt einmal einer, muß lauter und haben, erstlich einen rothen Mund, hübsch gesund, gehorsam zu aller Stund, Gold und Geld nach dem Pfund, die nit bellt wie ein Hund, die einem Mann alles Gutes vergund, die nicht wird ungeduldig, so man's auch schund, die fein[313] hurtig und rund, daß man keine bessere fund. Auf solche Weis' wollt es der Phantast gar geküchlet haben.

Aber wahr ist es doch: der ein gutes Weib wünscht zu haben, die in allen ihm ein Wohlgefallen leisten solle, der such's von Gott, à Domino! Wo aber der Ehestand unglückselig ausschlägt, versichert euch, daß euer einige Schuld solchen bittern Wermuth gepflanzet habe; dann entweders seyd ihr zusammen kommen, sicut equus et mulus, quibus non est intellectus: »Wie Roß und Maulthier, die keinen Verstand haben,« oder ihr habt dieses hl. Sakrament nit im Stand der göttlichen Gnaden empfangen, oder euer Ziel und geziemendes End war nit dasjenige, welches Gott und ihm die Kirche vorgeschrieben, oder ihr heirathet in eine nahe Verwandtschaft ohne große Noth wie Judas der Erz-Schelm, etc.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 1, S. 284-314.
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