Judas Iscarioth hatte den wahren allein seligmachenden Glauben, aber die Werk stimmten mit dem Glauben nit zu.

[229] In dem ganzen bittern Leiden Jesu Christi wird man finden, daß der sanfmüthigste Herr und Heiland nur wider 2 Personen habe klagt, benanntlich wider den Iscarioth und den Malchum, wider diesen, als er ihm einen so harten Backenstreich versetzt,[229] sagte und klagte er, hab ich übel oder unrecht geredet, so beweiß du mirs, hab ich recht geredet, warum schlägst du mich? Wider den Judam, als er ihn so meineidig den Feinden übergeben, sagte und klagte er, Judas verräthest du des Menschensohn mit einem Kuß? Sonst haben allerlei Standspersonen den Herrn Jesum verfolgt, und ihm viel Uebels angethan: Könige, Fürsten, Hohepriester, Edelleut, Doktores, Soldaten, Knecht, Dienstmägd, Weiber, Männer haben übel verfahren mit unserm Herrn, gleichwohl aber sich gegen Niemand beklagt. Nit wird man lesen, nit wird man finden, haß er sich einmal hätte verlauten lassen, warum habts mich gegeiselt? warum habts mich mit Dörnern gekrönet? warum habts mich an das Kreuz genagelt? warum habts mich mit Gall und Essig getränkt? Nichts dergleichen hörete man von dem Mund dieses sanftmüthigsten Lamm Gottes, als alleinig der Kuß des Iscarioths und der Backenstreich des Malchi seynd ihm hart ankommen, ob diesen hat ihm das Herz wehe gethan, und zwar darum, weil sich der Iscarioth äusserlich noch gestellt als ein Discipul, als ein Christ, als ein Freund, als ein Nachfolger, und doch in der That selbst zeigte er das Widerspiel, er glaubte gleich andern Aposteln an Jesum Christum, er wirkte gleich andern Aposteln Mirakel und Wunderwerk, er zeigte, gleich andern Aposteln, daß er Christo nachfolge, aber er war nur in dem Namen ein Nachfolger, in der That aber ein Verfolger, desgleichen seynd alle, so da Christen genennet werden, und nit christlich leben. Etsi multi se nominent Christianos, nomen usurpant, non[230] omnes mercedem habent. Juda accepit osculum, sed auditiv Juda! osculo filium hominis tradis? hoc est, amoris pignore scelus imples, et pariter instrumento odia seris, et charitatis officio mortem irrogas?

Wer bist du? Antwort: ein katholischer Christ, bist du ein solcher, so knie nieder, schlag die Händ zusammen, erhebe deine Augen gen Himmel, und lege Gott dem Allmächtigen soviel Dank ab, als da seynd Gräsl in den Feldern, Blätter in den Wäldern, Strahlen in der Sonne, Tröpflein in dem Brunnen etc. Höre nit auf zu danken dem allergütigsten Gott um diese große Gnad, dieß ist ein Schatz über alle Schätz, den da so viel Millionen der Menschen nit gehabt haben, als welche Stein und Pein, Katzen und Ratzen, Luchs und Fuchs, sogar den Teufel vor einen Gott angebeten. Die Chaldäer haben als einen Gott verehret den Urchasdim, die Heveer den Tartack, die Babylonier den Suchot, die Chutäer den Nergal, die Ammoniter den Moloch, die Persier den Esch, die Philistäer den Dagon, die Ammorhäer den Chemosch, die Egyptier den Baalzephon, die Moabiter den Belphegor, die Sidonier den Astaroth, die Deutschen das Götzenbild Fortunä, die Sachsen den Flins, die Westphälinger den Mesborg, die Moscoviter den Perun etc. Wann dann du zu dieser Zeit hättest gelebt, so wärest du gleich andern in solchem Irrthum gelegen, den Teufel vor deinen Gott gehalten, und folgsam sein Himmelreich geerbet.

Ich wollte wünschen, daß du könntest mit dem heil. Benedikto in einem Augenblick sehen die ganze[231] runde Welt, so würdest du wahrnehmen, daß fast alles verblendt, und den wahren seligmachenden Gott nit recht erkennt, das Wenige, was mit dem rechten göttlichen Glauben erleucht, ist gegen demjenigen, so Götzen und Teufel anbeten, fast wie ein Scheer-Haufen gegen den großen Berg Olympo, wie ein Bach gegen das Meer, wie ein Lustgärtel gegen den großen Schwarzwald. Das heißt ja 8 Personen in der Arche, die übrige Welt alles zu Grund, das heißt ja ein kleines Hausgesind des Loth salvirt, die übrigen 5 großen Städt in Asche; das heißt zwei in das gelobte Land kommen, und die übrigen so viel hundert tausend heraus bleiben. Der größte Theil der Welt ist Afrika, in diesem stehen gleichsam noch andere kleine Welten, als da ist groß Mauritania, groß Cäsarea, groß Cyrene, groß Lybia, Mareotika und Aethiopia etc. In allen, bei allen, unter allen diesen so viel Millionen und Millionen der Menschen wirst du keinen, oder gar wenig finden, die die Knie biegen vor dem wahren Gott, so sie erschaffen, wohl aber vor Teufel und Götzenbilder. In der Landschaft Obdoria, bei dem Fluß Obbi, wird auf den heutigen Tag von vielen Ländern vor einen Gott gehalten eine steinerne Bildnuß, so ein uraltes schändliches und gefaltetes Weib repräsentirt, und bei den Moscovitern, so daselbst angränzen, Zelotababa genennet wird. Ein einziger Staat Marokko zählet 26000 große Behausungen, und darin über 100000 Familien, doch alle diese wissen nichts um den wahren Gott. In dem einzigen Königreich China werden in die fünfzig Millionen der Seelen gefunden, doch alle beraubt des[232] wahren Glaubens etc. Die Residenz-Stadt des Cham ist Quinzai, hält in ihrem Umkreis in die hundert welsche Meil, deren fünf eine deutsche machen, darin leben in die 10 Millionen der Seelen, aber alle Heiden, und folgsam Vasallen des Teufels. So mans recht will betrachten, so gehet nit ein Augenblick vorbei, daß nit der gerechte Gott in die 50 bis 60 tausend Seelen in den Abgrund der Hölle stürzet. In Soria haben die Leut, und erkennen die Leut keinen andern Gott, als einen schwarzen Hund, welcher bei der Tafel allemal das erste Ort hat. In dem Königreiche Samorino wird für einen Gott gehalten ein alter Büffel-Ochs, der ein silbernes Glöckel am Hals trägt, auch allenthalben seine freie Weid hat, ja sie schätzen sich absonderlich glückselig, wann dieser vierfüßige Gott ihre Aecker und Gärten betritt. In dem orientalischen Indien leben einige Völker, Brachmanner genannt, welche vor allen andern die Küh verehren, sogar waschen sie s. v. mit dero Wasser ihre Angesichter, und halten es so hoch, als wär dieser Syrup vom Himmel kommen. Wann sie nahend bei dem Tod seynd und bereits in die Züge greifen, sodann schätzen sie sich sonderlich glückselig, so sie einen Kühschweif in den Händen halten. Alle, alle, alle diese als Heiden, seynd Kinder des Verderbens, und ist wohl zu glauben, daß nit so viel Blätter in der ganzen Welt zur Frühlings-Zeit in einem Jahr auf den Bäumen stehen, als dergleichen Götzen-Anbeter schon in den höllischen Abgrund gestürzt worden.

Neben diesen ist in keine Zahl zu bringen die Menge derjenigen, so zwar in etwas den wahren Gott[233] erkennt, aber anbei durch andere Irrthum und Ketzerei verblendt worden. Wie viel Millionen, Millionen, Millionen seynd zu Grund gangen, und gehen noch zu Grund der Thebutianer, der Kleobianer der Dositheaner, der Gortheaner, der Simonianer, der Cerinthianer, der Meandrianer, der Saturnianer, der Basilidianer, der Karpokratianer, der Kerdonianer, der Valentinianer, der Sekundianer, der Kolorbosianer, der Tatianer, der Severianer, der Alogianer, der Quintilianer, der Theodotianer, der Porphirianer, der Novatianer, der Agrippianer, der Nöezianer, der Sabellianer, der Meletianer, der Arrianer, der Koluthianer, der Aerianer, der Kosmianer, der Assurianer, der Eunomianer, der Aetianer, der Luciferaner, der Massalianer, der Euphigianer, der Hermianer, der Vadianer, der Sabbatianer, der Pelagianer, der Cälestianer, der Nestorianer, der Euthichianer, der Dioscorianer, der Kamperianer, der Servetianer, der Zwinglianer, der Lutheraner etc. lauter Ketzer etc. O was Zahl fast ohne Zahl ist dem Satan ewig zu Theil worden, und noch zu Theil wird der Ebioniten, der Ptolemäiten, der Marciten, der Enkratiten, der Aschodrogiten, der Tesserescädekatiten, der Mentangismoniten, der Elchesaiten, der Hierarchiten, der Brachiten, der Proklianiten, der Antidikomorianiten, der Abeloniten, der Maroniten, der Tetraditen, der Kontobalditen, der Kanoniten, der Jakobiten, der Aphthartodociten, der Monophisiten, der Angeliten, der Hussiten, der Nikolaiten, der Thaboriten etc. lauter Ketzer etc.

O wie viel und viel, und Millionen viel seynd schon zum Teufel gefahren, und fahren nach der Marionisten,[234] der Lucianisten, der Bardehanisten, der Montanisten, der Tertullianisten, der Chataristen, der Apollinaristen, der Sophisten, der Donatisten, der Quintinisten, der Deisten, der Machometisten, der Parmenianisten, der Anabaptisten, der Machiavellisten, der Formalisten, der Anglopapisten, der Branisten, der Biblisten, der Kalvinisten, der Adiaphoristen, der Majoristen, der Autadiaphoristen, der Metamorphisten, der Tropisten, der Polygamisten, der Konfessionisten, der Buceristen, der Interimisten etc. lauter Ketzer etc., welche alle insgesamt wie jener apokalyptische Drach, das mit der Sonne bekleidte Weib, benanntlich die römische allein seligmachende Kirche, verfolget. Das erste hunderte Jahr die Ebioniten. Das andere hunderte Jahr die Marcionisten. Das dritte hunderte Jahr die Novatianer. Das vierte hunderte Jahr die Arrianer. Das fünfte hunderte Jahr die Pelagianer. Das sechste hunderte Jahr die Originisten. Das siebente hunderte Jahr die Severiten. Das achte hunderte Jahr die Fälicianer. Das neunte hunderte Jahr die Balbisten. Das zehnte hunderte Jahr die Anthropomorphisten. Das eilfte hunderte Jahr die Berengarianer. Das zwölfte hunderte Jahr die Kajaner. Das dreizehnte hunderte Jahr die Waldenser. Das vierzehnte hunderte Jahr die Wicleffiten. Das fünfzehnte hunderte Jahr die Hussiten, Adamiten, Zwinglianer, Lutheraner etc. Das sechszehnte hunderte Jahr allerlei Ketzerbrut, und unlängst die Molinisten, aber die Kirche, so auf den festen Felsen gegründet, hat alle diese anstoßenden Wellen sieghaft überwunden.

Wer bist du? Antwort: ich bin ein katholischer Christ; bist du ein solcher, so schlag vor Freuden deine Händ zusammen, laß vor Freuden die Augen in Thränen[235] schwimmen, laß vor Freuden das Herz aufhupfen, in Erwägung, daß der gütigste Gott aus so viel tausend Millionen Seelen, welche das wahre Licht nicht gehabt, noch haben, dich, ohne deine Verdienste, aus purer lauter Güte und Gnade zu dem wahren allein seligmachenden Glauben hat auserkoren. Dieser dein Glaub ist der rechte, weilen solchen anfangs nit große Majestäten, nit durchläuchtigste Fürsten und Herrn, nit hocherleuchte und ansehnliche schriftgelehrte Männer, sondern gemeine, arme und einfältige Fischer haben allenthalben ausgebreitet und der Welt kundbar gemacht, daß auch gekrönte Häupter solcher Lehr sich unterworfen, welches nit ohne sondere Allmacht Gottes hat können geschehen. Dieser dein Glaub ist der rechte, diesen hat Petrus gepredigt und gelehrt in Judäa, in Antiochia, in Italia. Paulus fast allenthalben, Andreas in Achaia, Jakobus in Spanien, Joannes in Griechenland, Philippus in Scythia, Bartholomäus in Lycaonia, Thomas in Parthia und Indien, Matthäus in Macedonia, Jakobus Alphäi zu Jerusalem, Judas Thadäus in Mesopotamia, Eucharius zu Trier, Maternus zu Köln, Arbogastus im Elsaß, Crescenz zu Mainz, Bonifazius in Schwaben, Amandus zu Worms, Udalrikus zu Augsburg, Wilibaldus zu Eichstädt, Otto zu Bamberg, Rupertus in Bayern, Corbinianus zu Freising, Maximilianus in Steyer und Kärnten, Cyrillus in Mähren, Severinus in Oesterreich, und haben doch durch sonderliche göttliche Beihilf also zusammen gestimmt diese großen heiligen Männer in ihrer Lehr, daß einer geredet und geprediget, was der andere. Dieser dein Glaub ist der[236] rechte, weilen ihn so viel auserwählte Diener Gottes mit großen Wunderwerken bestätiget. Damit der heil. Popo den Dänemarkern zeige, daß der christliche katholische Glaube der einig seligmachende seye, hat er ein Kleid mit Wachs und Pech überzogen angelegt, darmit im Feuer gestanden, bis alles dasselbige zu Aschen verbronnen, er aber unverletzt geblieben. Damit der heilige Severinus den Deutschen zeige, deren dazumal noch viel die Götzen angebetet, daß der christliche katholische Glaube der rechte seye, hat er durch eifriges Gebet so viel bei Gott gerichtet, daß alle Kerzen, so die Katholischen in Händen gehalten, urplötzlich seynd angezündet worden, der Ungläubigen aber ihre Kerzen gar nit. Damit der heilige Dominikus zeige den Albigensern, daß der christliche katholische Glaube allein der rechte seye, hat er mit Gutheißung des gesamten Volks beederseits Glaubens-Artikul auf das Papier gesetzt, selbige nachmals in einen angezündeten Scheiterhaufen geworfen, so seynd alsobalden der Ketzer ihre Lehrpunkte im Rauch aufgangen, der Katholischen aber dreimalen nacheinander aus dem Feuer ohne Verletzung in die Höhe geflogen.

Damit Joannes Trarersius, ein gelehrter Theolog, zeige, daß der christliche katholische Glaube der allein seligmachende seye, hat er mit stattlichen Schriften die Autorität des päpstlichen Stuhls defendirt, als er auch derenthalben angeklagt worden, hat er die drei Finger, wormit er besagte Schriften verfaßt, in die Höhe gehebt, sprechend, es reue ihn gar nit, daß er mit diesen des Papstes Gewalt habe bestätiget.

Da ihm nun das Leben von dem Scharfrichter genommen,[237] die Hand aber ins Feuer geworfen worden, ist zwar alles zu Aschen gangen, außer der drei Finger, mit denen man die Feder hält, diese konnten auf keine Weise vom Feuer verzehret werden.

Damit Gott zeige, daß der christliche katholische Glaube der allein seligmachende seye, also hat sich zugetragen, daß in der großen Tartarei in der Hauptstadt Baldach. Alchalifus, welcher bei ihnen soviel als bei uns der Papst, allen daselbst befindenden Christen anbefohlen, weilen er in ihrem Evangelio gelesen, daß wer nur einen Glauben habe, wie ein Senfkörnlein, könne einen großen Berg von einem Ort zum andern überschaffen, daß sie entweder solches Wunder sollen wirken, und zwar innerhalb 15 Tagen, oder aber alle den sarazenischen Glauben annehmen. Das kleine arme Christenhäuflein wurde hierüber nit ein wenig bestürzt, weil sie aber durch eifriges Gebet die Sach Gott dem Herrn bestens anbefohlen, als ist ein Engel dem Bischof oder ihrem geistlichen Vorsteher erschienen, ihm anbefohlen, daß er einem einäugigen Schuster oder Schuhmacher solle befehlen, das Miracul mit dem Berg zu wirken. Wie nun erstbesagter armer christlicher Handwerksmann eine ziemliche Zeit in dem andächtigen Gebet verharret, so ist geschehen, daß der große und der Stadt nahe angränzende Berg von freien Stucken sein voriges Ort verlassen, und sich anderwärts wohin begeben, worvon geschehen, daß sehr viel Sarazener den christlichen Namen angenommen.

Daß dieses der rechte und allein seligmachende Glaube seye, haben es bishero die großen Wunderwerke von Anfang der aufgerichten katholischen Kirche[238] bekräftiget. Große Wunder in dem ersten Säculo, oder ersten hunderten Jahr, da nemlich die heiligen Apostel sogar mit ihrem Schatten den Kranken die Gesundheit und den Todten das Leben ertheilt. Große Wunder in dem andern Säculo, wie die christlichen Soldaten, unter dem Kriegsheer Marci Aurelii, den wie Glockenspeis erharten Himmel erweichet, daß er einen gewünschten Regen gespendirt, in die Feind aber lauter Donnerkeul geworfen hat. Große Wunder in dem dritten Säculo, wie Gregorius Thaumaturgus mit einem Wort einen großen Berg von seinem alten Platz hinweggeschafft. Große Wunder im vierten Säculo, wie Antonius, Hilarion, Nicolaus, Martinus, als heilige Männer, sehr viel Todte zum Leben erweckt. Große Wunder, im fünften Säculo, welche da gewirkt haben die Reliquien St. Stephani, wovon sehr stattlich geschrieben der heil. Vater Augustinus. Große Wunder durch alle andere Säcula bis auf diese unsere Zeiten, welche gewirkt haben so viel hl. Diener und Dienerinnen Gottes, deren bloße Namen ein ganzes großes Buch nit faßt.

Eine seltsame Geschicht von einer Meerkatz wird glaubwürdig erzählt von Cornelio Hazard in seinen mogorischen Kirchen-Historien, und zwar folgenden Lauts: Ein Bürger zu Bengala hatte eine dermassen schlaue und arglistige Meerkatz, daß das gemeine Heidenvolk in ihr etwas Göttliches verborgen zu seyn vermeinte. Dieses Thier wurde dem König höchst gepriesen, und nachmals beigebracht; der König zog den Ring von seinem Finger, und verbarg denselben in Abwesenheit der Meerkatz in die Schooß eines Kinds,[239] so unter 11 andern allda spielte: hernach ließ er die Katz herein bringen, und fragte, wer seinen Ring hätte? Das arge Thier lief ungesäumt zu dem Kind, nahm den Ring, wo er verborgen lag, und reichte selben dem König. Das folgende aber ist noch seltsamer. Der König befahl seinen Brachmännern die Namen der zwölf Gesetzgeber, als Moses, Machomet etc. und letztlich auch Christi, jeden auf einen Zettel schriftlich aufzusetzen, diese Zettel warf er in ein Säcklein zusammen, und mengte sie wohl untereinander. Demnach gebot er der Meerkatz allein desjenigen Namen, dessen Gesetz das beste und heilsamste wäre, heraus zu ziehen. Das listige Thier griff gleich am ersten nach dem Namen Christi, und wies ihn öffentlich allen, die zugegen waren. Dem König fiel ein Argwohn ein, als liege ein Betrug unter der Decken, solchen dann abzulehnen, gebot er die obbenennte Namen abermal, jedoch mit den Buchstaben, so allein zu Hof gebräuchig, zu schreiben, und befahl der Meerkatze noch einmal zu rathen, sie ergriff wiederum den obbenannten Namen Christi. Einer aus dem Adel gedachte der vermeinten Arglist mit Gegenlist zu begegnen, warf die Namen zum drittenmal in das Säcklein, Christi ausgenommen, den er heimlich bei sich verborgen hielt, und befahl dem Thier, das vorige zu thun. Sie warf eine Zeitlang die Namen untereinander, wollte aber keinen herausnehmen; als ihr nun der König mit scharfen Worten drohete, ergrimmet sie, zerriß alle Zettel in Stücken, fiel obbenennten Edelmann an und zog den Namen Christus[240] aus seiner Hand, darinnen er verborgen lag. Selymus mit seinem ganzen Hofstaat über 3000 Menschen, so zugegen waren, entsetzten sich billig mit Verwunderung ob einer so ungewöhnlichen Sach. Es ist gar nit zu zweifeln, daß Gott nit solches habe absonderlich geordnet, zumalen ihm alle Geschöpf den Gehorsam leisten, damit hierdurch der christliche Glaube desto mehr bestätiget wurde.

Dein Glaub ist der rechte, ist der allein seligmachende, weil nit allein so viel heil. Doktores mit der Feder denselbigen geschützet, nit allein so viel Proheten denselben vorgedeutet, nit allein so viel heil. Beichtiger mit großen Mirakuln denselben bestätigt, sondern so viel heil. Martyrer, deren in die eilf Millionen gezählt werden, mit ihrem Blut denselben unterschrieben. Es ist kein Stand nit, welcher nit um des christlichen Glaubens willen gern und urbietig alle Pein und Marter, und endlich den Tod ausgestanden. Willst Soldaten? in Armenia seynd allein 10000 um dieses Glaubens willen gekreuziget worden. Willst Medicos? der heil Panthaleon ist um Christi willen gemartert worden. Willst Rathsherren? neben andern ist Apollonius. Willst Edelleut? neben andern ist Mauritius. Willst Fürsten? neben andern ist Gallikanus. Willst Herzoge? neben andern ist Hermenegildus. Willst königliche Prinzessinnen? neben andern ist Dimpna, eine Tochter des Königs in Irland. Willst Könige? neben andern ist Olaus in Norwegen. Willst Kaiserinnen? eine solche ist Serena, Diokletiani Frau Gemahlin. Willst Bischöf? deren ist fast keine Zahl. Willst römische Päpst? deren[241] seynd sieben und zwanzig, wwelche alle um Christi Glaubens willen die bittersten Tod ausgestanden. Was ist zarter als Kinder? und dannoch Anno 1576 ein spanischer Knab mit 12 Jahrern hat ihm nach und nach Händ und Füß, Nase und Ohren, ja den ganzen Leib zu kleinen Stücken lassen zerfetzen, als daß er dem Glauben Christi hätte abgesagt. Zu Arimä in Japonia ein Knab mit 11 Jahren, ist um Christi willen ganz frohlocken zum Tod gangen, und sich lassen lebendig verbrennen. Andere Kinder mit 4 und 5 und 6 und 7 und 8 und 9 Jahren haben sich nit gescheut, um Christi willen zu sterben, ja freiwillig und ungezwungen in das Feuer geloffen, und in dem Lob des süßesten Namens Jesu zu Asche verbrennet worden. Was ist gebrechlicher als das betagte Alter? und dannoch unter dem Diokletiano der heil. Priester Dorotheus mit 77 Jahren, und dannoch der heil. Soldat Lusignius mit 110 Jahren, und dannoch der heil. Bischof Simeon zu Jerusalem, ein Sohn Kleophä, mit 120 Jahren unter dem Tyrannen Trajano seynd ganz freudenvoll zum Tod gangen. Was ist schwächer als das weibliche Geschlecht? und gleichwohl zu Nikomedia die heil Basilissa. mit 9 Jahren, und gleichwohl zu Emeritä in Spanien die heil. Eulalia mit 12 Jahren, und gleichwohl 11000 Jungfrauen in der Ursulä-Gesellschaft haben urbietig den schmerzlichen Tod ausgestanden um Christi willen. Wann dieß Blut nit genug, einem manchen verstockten Herzen diesen unsern allein seligmachenden Glauben einzurathen, so bewege ihn die schneeweiße Milch, welche da anstatt des Bluts gefloßen, aus Paulo[242] dem Apostel zu Rom, aus Achatio zu Mileti, aus Blasio zu Sebaste, aus Bonifacio, Eupsichio, Aemiliano, Sekundinna, Martina, Katharina und vielen andern Martyrern etc. Wann dieß nit genug ist, so laß er sich doch von solchen überreden, die ohne Zunge geredet haben, dem heil. Eusebio, dem heil. Bischof und Martyrer Leodegario, dem heil. Florentino, dem heil. Hilario, dem heil. Placido, dem heil. Permenio, dem heil. Quirino, dem heil. Potito, der heil. Christina, lauter heiligen Martyrern seynd die Zungen wurz aus dem Rachen gerissen worden, und doch ohne dieselbigen haben sie Gott gelobet, Gott gebenedeiet, und den allein seligmachenden Glauben Jesu Christi geprediget.

Wer bist du? Antwort: Ich bin ein katholischer Christ, bist du ein solcher, so höre nit auf Gott zu danken Tag und Nacht, früh und spat, um diese großmächtige Gnad, dann wisse wohl, daß dieser Glaub eine Grundfest seye aller Tugenden, eine Wurzel der Unsterblichkeit, ein Anfang und ein Ausgang des Heils, ein Schatz der Verdienste, eine Schul der evangelischen Wahrheit, ein Schild der katholischen Kirche, ein Riegel unsers Lebens, ein Glanz unsers Verstands, ein Sieg unsers Streits, ein Triumph aller Sekten, eine Pein der Tyrannen, ein Brunn der Wunderwerk, eine Spende der Gnaden, eine Geisel der Teufel, eine Pforte der Vollkommenheit, eine Straße der Seligkeit. Aber wisse beinebens, daß der Glaub bei den Erwachsenen muß nothwendig auch haben die Gesellschaft der guten Werk, sonst ist der[243] Glaub ohne gute Werk kein Glaub, sondern ein Raub, dann er dir mehr nimmt als gibt.

Allezeit hat sich unser lieber Herr, da er auf Erden wandelte, sanftmüthig und gütig erzeigt, ausser damalen, wie er den Feigenbaum in Mitte des Felds vermaledeit. Auch ein Block könnte hierinfalls dieses Baumes einen Advokaten abgeben, und wäre gewiß kein hölzernes Argument, wann er sagen thäte, warum Herr? warum machest du ein so saures Gesicht gegen den süßen Feigenbaum, und verfährst so hart mit diesem Schwager des Zuckers? entweder ist er schuldig oder nit schuldig, ist er nit schuldig, wessenthalben züchtigst du ihn mit so erschrecklicher Malediktion? ist er aber schuldig? warum strafest du ihn und nit andere auch? dann auf diesem Feld stehen auch andere Bäume, Aepfel-, Birn-, Zwetschgen-Bäume, die gleichmäßig keine Frucht tragen, massen es zur Frühlingszeit. Diese Excusa hatte auch der arme Feigenkramer. Non enim erat tempus sicorum. Gewiß ist es, daß hierinfalls ein andere Geheimnuß und Bedeutung verborgen, gestalten der vernunftlose Baum nit fähig einer Malediktion. Der hl. Chrysostomus spricht, man soll wohl in Acht nehmen, was der Feigenbaum für Blätter habe, da wird man sehen, daß ein Feigenblatt fünf abgetheilte Eck oder Ausschuß habe, und also nit ungleich einer Menschenhand, wegen der 5 Finger. Indem nun dieser grüne Gesell so viel Händ dahergezeiget, aber nirgends keine Frucht, hat der Herr einen billigen Zorn über ihn gefaßt, zumal er ein Sinnbild eines Menschen, der zwar den rechten Glauben hat, aber beinebens keine Frucht der[244] guten Werke. Der Glaub ohne die guten Werke ist todt und aller Verdienste beraubt, ist auch ganz allein nit genug zur Seligkeit, dann am jüngsten Tag wird der göttliche Richter viele verdammte Christen anreden: gehet hin ins ewige Feuer, nit, weil ihr nit geglaubt, sondern ich bin hungerig gewesen, und ihr habt mich nit gespeiset, ich bin nackend gewesen, und ihr habt mich nit bekleidet etc. Woraus sattsam abzunehmen, daß der Glaub ohne die guten Werk nichts helfe.

Eine wunderliche Geschichte wird in göttlicher Schrift registrirt, daß nämlich die Galatiter mit den Euphrateern unweit des Fluß Jordans eine blutige Feldschlacht gehabt, worinnen die Letzteren das Letzte gezogen, und folgsam den Hasentanz genommen. Weil nun die Galatiter als galante Ritter dem flüchtigen Feind wollten den Paß verstellen, also haben sie sich geruckt in aller Eil an den engen Weg, wo besagte Euphrateer mußten nothhalber durchpassiren. Weil aber die finstere Nacht dazumal eingefallen, und man nit konnte erkennen, wer Freund oder Feind, zumal sehr viel Galatiter auch dahin marschirten, also hat die starke Schildwache allezeit geschrieen, wer da? gut Freund, sagt ein jeder, bist du gut Freund, so sag: Shiboleth. Nun ist zu wissen, daß die Euphrateer solches Wort weit anderst wegen ihrer besondern Sprach ausgesprochen, als die Galatiter, wie man dann auch einen Krainer von einem Deutschen kann unterscheiden, wann man ihm auferlegt, sie sollen aussprechen das Wörtlein Himmel, sodann wird der Deutsche rauh aussprechen: Himmel, der Krainer aber wird nit anderst sagen als Immel.[245]

Gleichergestalten war es dazumal mit dem Wort Shiboleth. Wann auch einer kommen, und dieses Wort manierlich und subtil ausgesprochen, sodann hats geheißen, passire, denn man kennte ihn schon, daß er ein Galatiter seye. Hat sich aber einer gefunden, der dieses Wort rauh ausgesagt, der ist alsobald niedergehauen worden. Das meiste aber ist hierin zu beobachten, daß gedachtes Wort auf Galatiterisch ausgesprochen heißt: eine volle Kornähre, auf Euphrateisch aber eine leere Kornähre.

Willst du nun frei durchpassiren in das obere Vaterland, willst du dem Schwert der göttlichen Gerechtigkeit entfliehen, willst vor Gott erscheinen als ein Galatiter, oder galanter Christ, so ist vonnöthen, daß du aufziehest mit einer vollen Kornähre, das ist, mit dem rechten allein seliginachenden Glauben, wobei auch seynd die Früchte der guten Werke. Ein Glaube ohne diese ist eine leere Kornähre, ein Glaube ohne diese ist eine elisäische Hacke ohne Stiel, ein Glaube ohne diese ist der thörichten Jungfrauen Lampen ohne Oel, ein Glaube ohne diese ist eine Rachel ohne Kinder, ein Glaube ohne diese ist ein Samson ohne Haarlocken, ein Glaube ohne diese ist eine Josephische Cistern ohne Wasser. Ein Glaube ohne diese ist ein Lazarus ohne Leben. Ein Glaube ohne diese ist ein Cainisches Opfer ohne Wohlgefallen. Einen Glauben ohne gute Werk hat Judas Iscarioth gehabt, und findet man noch unzählbare seines Gleichen.

Unter dem König Senacherib hat in einer Nacht ein Engel aus göttlichem Befehl ein Kriegsheer von 185000 Mann zu Grund gerichtet, daß nit einer[246] von so großer Anzahl übergeblieben. Wie nun der Tag angebrochen, so ist ein Aviso über die andere kommen zu dem hebräischen Volk, so auch in Waffen daselbst gestanden, daß nämlich die Assyrier als ihre Feind mit der ganzen Armee in völliger Schlachtordnung stehen, ja die nächsten Schildwachen haben Bericht gegeben, daß nit allein die ganze Armee in Battalia stehe, sondern anbei so still wie ein Mäusel, daß man nit wisse, was sie hierdurch wollen suchen. Die Hebräer waren nit wenig kleinmüthig, massen ein jeder ihm geforchten, es möchte heut seinen Balg gelten, ruckten gleichwohl aber näher an den Feind, konnten sich doch nit gnugsam verwundern, daß aus so großer Armee nit ein Mensch sich rühre, nit ein Pferd sich bewege, nit eine Trompete erschalle. Endlich ein ganzer Trupp der besten Soldaten aus den Israeliten wagten sich an den Feind, sahen zwar, daß derselbe stehe in bester Kriegsordnung, und bestehe in fester bewaffneter Mannschaft; gleichwohl uneracht dieß fallen sie mit unerschrocknem Heldenmuth den Feind an, mit bloßem Degen und Lanzen: Siehe aber Wunder! auf den bloßen Stoß der Lanzen seynd diese als lauter Asche zu Boden gefallen, sie scheinten, als wären sie die bravsten Soldaten, als hätten sie das natürliche Leben, sobald man sie aber nur mit dem Finger angerührt, so ist alles zu Boden gefallen, und hat man wahrgenommen, daß unter dem Harnisch nichts als Pulver und Asche.

O wieviel, wieviel seynd Christen anzutreffen! die zwar, dem äußerlichen Schein nach, werden angesehen vor Soldaten Christi, die unter dem Standart[247] des Kreuzes militiren, sie werden Christen genennet, sie bekennen, daß sie Christen seyen, sie wollen nit anders als katholische Christen titulirt werden, aber leider seynd sie beschaffen wie die Soldaten unter dem Kriegs-Heer Senacherib. dem Schein nach, dem Namen nach seynd sie Christen, aber inwendig unter dem glänzenden Harnisch des Glaubens seynd sie todt, ohne Werk und Wirkung.

Du ein Christ? Christus hat allen Reichthum veracht, in freiwilliger Armuth gelebet, auch geprediget, daß eher ein Kameel durch ein Nadelloch gehe, als ein Reicher in Himmel, du aber hangest dich an das Interesse, wie der Fisch Polipus an die Steine, und bist lieber goldselig, als gottselig.

Du ein Christ? Christus hat alle Kleiderpracht dergestalten verworfen, daß er selbst nichts anderst getragen, als ein schlechtes Kleid von Woll, ja seinen Unterrock hat ihm gestrickt die seligste Mutter Maria, da er im fünften Jahr gewesen, welcher allzeit mit ihm hernach gewachsen, und nach Aussag Masselli die Farb verändert, wie es die Festtäg erfordert. Du aber verhüllest deinen Madensack mit lauter Sammet und Seiden, und müssen fast alle Seiden-Würm zu deiner Kothbutte kontribuiren.

Du ein Christ? Christus ist also mäßig gewesen in Speis und Trank, daß er niemalen ein Fleisch genossen, ausser des Osterlamms, dir aber ist ein jeder Fasttag ein Lasttag, ja dein Bauch muß immerzu also angefüllt seyn, wie die großen Krüg zu Kana Galiläa, usque ad Summum.

Du ein Christ? Christus hat die ganze Zeit,[248] da er auf Erden wandelte, nichts anderst gethan, als dem Nächsten geholfen, alle seine Thaten waren Gutthaten, du aber bist dem reichen Prasser so gleich, wie ein Stockfisch dem Lamperdon, es mag dem Lazaro vor der Thür gehen, wie ihm wolle.

Du ein Christ? Christus hat nit allein seinen Feinden verziehen, sondern sogar die ihm angethauen Uebelthaten mit Gutthaten erwiedert, wie es sattsam bei dem Malcho zu sehen war, ja er hat noch vor seinem bittern Tod auf dem Kreuz für seine Feinde gebeten. Du aber kannst die allergeringste Unbild nit verkochen, und muß auf alle erdenkliche Weise die Rach gesucht werden.

Du ein Christ? Christus hat sich dergestalten gedemüthiget, daß er auch sich vor den Aposteln niedergeworfen, und dero Füß gewaschen, du aber willst immerzu in der Höhe schwimmen, wie das Pantoffel-Holz, und ist dir nichts mehr zuwider, als das Nieder, und ist die Alteza ein altes Wesen bei dir.

Du ein Christ? Christus hat mehr gelitten als alle Kreaturen auf Erden, und hat sein Leiden schon den Anfang genommen in dem gebenedeiten Leib seiner Mutter, massen er alle Freitag schon diejenigen Schmerzen gelitten, die er ausgestanden an dem bittern Kreuzstamm, und du bist so heiklich, daß dir auch ein subtiler Stachel eine Pein dünkt, die Lanze Longini zu seyn.

Du ein Christ? Christus hat schon mit sechs Jahren die halbe Nacht im eifrigen Gebet zugebracht, und diese heilige Gewohnheit gehalten bis in seinen bittern Tod, du aber glaubest, du habest schon ein[249] großes Loch in den Himmel gebissen, wenn du alle Tag ein halbes Dutzend Vaterunser in Gesellschaft allerlei Gedanken in die Luft blasest.

Du ein Christ? Christus hat alle Ehr geflohen, sogar wie ihn das Volk wegen des großen gewirkten Wunderwerks wollte zu einem König erwählen, hat er sich alsobalden aus dem Weg gemacht. Wie sie ober seiner auf dem Kreuz den Titul geschrieben: Jesus ein König der Juden, da hat er den Kopf geneigt, als wollte er gar nichts wissen um diese Ehr, du aber hast keine größere Sucht an dir, als die Ehrsucht, wanns möglich wäre, so thätest du mit den Storchen auf dem hohen Thurm kompetiren. So reißen sich die Lappen um die Kappen.

Du ein Christ? Christus war je und allemal ein Liebhaber des Friedens, dessentwegen er hat wollen geboren werden zur Zeit, da ein allgemeiner Friede auf der ganzen Welt gewesen, ja die ersten Muteten, und anstatt das Eya pupeya haben die Engel gesungen: Ehr sey Gott in der Höhe, und den Menschen Fried auf Erden. Du aber zählest lieber zwei als eines, bist öfter zu Penzing als Friedberg, hast mehr Krüg als Kandel, bist öfter ein Hadrian als ein Friederich.

Du ein Christ? Christus ist die Reinigkeit selber gewesen, dahero er nit anderst, als aus einer reinesten Jungfrau hat wollen geboren werden, ja ihm seynd von seinen so häufigen Feinden allerlei Laster, doch mit Unwarheit, vorgeworfen worden, sogar haben sie ihn einen Zauberer und Teufelskünstler geheißen, so hat er dennoch nit zugelassen, daß in Materia der Keuschheit das mindeste ungereimte Wort[250] wäre gehört worden. Du aber böcklest dergestalten, daß auch aller Hexen ordinari Klepper nit ärger stinkt, und so man dir die Planeten lesen sollte, so müßte man von der Venus anfangen.

Du ein Christ? Du bist ein Christ, wie die Büchsen in der Apotheke, auf welchen zwar auswendig ein schöner mit Gold geschriebener Titul, inwendig aber gar oft nichts zu finden, als ein geschimmelter Brocken von einer verdorbenen Hollersalzen. Du bist ein Christ, wie die Sessel bei großen Herren, so von außen mit Sammet und Gold überzogen, von innen aber nichts als ein stinkendes Roßhaar. Du bist ein Christ, wie ein schöner Wald, so wegen seiner äußerlichen schönen Grüne fast alle Augen an sich ziehet, inwendig aber hält er in seiner Schooß nichts anderst als Bestien und andere schädliche Thier. Du bist ein Christ mit dem äußerlichen Namen, nit aber in der That.

Du ein Christ? Christus hat niemal was anders geredet, als die Wahrheit, wessenthalben er auch also bei den Rabbinern verfolgt worden: Du aber steckest so voller s.v. Lügen, daß, wenn eine jede ein Ziegelstein wäre, man gar wohl ein höheres Gebäu könnte führen, als da gewest der Thurm zu Babylon, ohneracht derselbe 5174 Schritt hoch gewesen, und von dem Remrod erbauet worden.

Du ein Christ? Christus hat die drei und dreißig Jahr auf Erden nit einmal gelacht, den geringsten Gespaß, wie man pflegt zu reden, nit gehabt, du aber zählest den ganzen Tag keine Stund fast, darin du nit das Gemüth, forderst aber den Leib mit Freuden[251] speisest, und nach Ergötzlichkeiten schnappest, wie der Hund am Ostertag nach dem Beine.

Du ein Christ? Christus hat in einer so starken Versuchung in der Wüste den Satan so oft ritterlich überwunden, du aber ladest den Teufel durch vielfältiges Fluchen und Schwören selbst zu dir, und passiren wenig Wort aus deinem Mund, die nit ein Teufels-Patent bei sich tragen.

Du ein Christ? aus deinen Worten erkenne ich dich nit als einen Christen, aus deinen Werken siehe ich dich nit als einen Christen, aus deinem Wandel urtheile ich dich nit als einen Christen, aus deinem Aufzug spüre ich dich nit als einen Christen, denn ein Christ solle Christo nachfolgen. Aber wie folgest du? wo folgest du? wann folgest du? in wem folgest du? wie lang folgest du? So man die Sach recht und reif erwäget, so findet sich, daß du dem Namen nach ein Christgläubiger, den Werken nach ein Mistgläubiger sollst genennet werden.

Du kommst mir vor wie jener, von dem der hl. Vincentius Ferrerius schreibt, dieser wollte kurzum spitzfindig seyn, denn er suchte und versuchte alles, wie er doch möchte eine gespitzte Bischof-Kappe finden, die gespitzte Inful war ihm gar kein Spieß in Augen, massen er sich allezeit darnach gespitzt, wie ihm dann seine Anverwandten dießfalls nit wenig an die Hand gangen, zumalen sie selbst gern sahen, daß solche Ehr ihrem Haus möchte widerfahren. Nachdem er endlich nit ohne große Beschwerniß seinen Zweck erreicht, und zu solchem End nach Rom verreist, daselbst zu einem Bischof geweiht zu werden, da ist er, wie pflegt[252] zu geschehen, von dem ordinirenden befragt worden, ob er wolle Bischof werden? Was dann, sagte er, das hab ich schon viel Jahr gesucht. Er wurde weiters gefragt: Vis reddere rationem etc. Willst du auch am jüngsten Tag Rechenschaft geben Christo der Seelen willen, welche dir werden anvertraut? Questo no! sagt er, das nit, da will ich nit hin, das laß ich wohl bleiben, da wäre ich ein Doctor etc. Indem er dann gesehen, daß er derenthalben einen so erschrecklichen Schwur sollte ablegen, hat er freiwillig die bischöfliche Würde resignirt, und also leer im Namen Gottes wieder nach Haus gekehrt, die seinigen Befreundten waren dessenthalben sehr unbegnügt, und wandten vor, daß er sie so viel gekostet, warum er dann nit diese geistliche Dignität habe angenommen? Ich, gab er zur Antwort, ich glaubte bei mir, daß ein Bischof weiter nichts anders zu thun habe, als Hühner und Kapaunen zu essen, aber zu Rom hab ich eine andere Lection vernommen.

Viel Christen seynd der albern Meinung, als seye es schon genug, wenn sie getauft seyn, wenn sie Christen genennet werden, wenn sie mit dem Mund Christum bekennen, im übrigen seye ihnen erlaubt, im Rausch und Bausch zu leben, nach Lust und Gust trachten, in Fraß und Gespaß das Leben zubringen, gedenken aber nit an die Lection, regnum caelorum vim patitur, das Himmelreich leidet eine Gewalt. Wehe aber solchen Christen, die nur den Namen Christi tragen, und nit die Werk Christi, wehe solchen Christen! die da haben die Stimm eines Jakobs, die Händ aber eines Esaus, wehe solchen Christen! welche[253] da glauben, daß der gerechte Gott werde richten die Lebendigen und die Todten, und doch also leben, als müßten sie nit einmal Rechenschaft geben von allen ihren Gedanken, Worten und Werken. Wehe solchen Christen! die da glauben, daß eine Hölle sey, und ewige Verdammnuß sey, und doch sich nit scheuen, alle Tage dieselbigen Sünden zu begehen, so das ewige Feuer verdienen. Wehe solchen Christen! die da glauben ein ewiges Leben, und doch sich jener Werk nit befleißen, welche Gott mit dem ewigen Leben belohnet. Wehe denen Christen! so da glauben, daß das heil. Evangelium eine Regul seye unsers Wandels, anbei aber sich nit anderst verhalten, als hätten sie auf den Alkoran geschworen. Wehe solchen Christen! welche alle Gebote Gottes wissen, und doch im wenigsten dieselben halten. Wehe solchen Christen! welche zwar Christo nachfolgen, aber mit dem Petro sobald hernach ihn verläugnet, a longe, von weitem, ja so weit, daß einer sie mit einem Wiesbaumlangen Perspektiv nit kann erblicken. Wehe solchen Christen! dann sie von Gott mehr verhaßt seynd, als Juden, Türken und Heiden. Dahero auch zu Zeiten des Kaisers Friderici die Sarazener selbst bekennt, nachdem die Christen alle aus dem heiligen Land vertrieben worden, daß sie solches heiliges Land mit ihren eigenen Waffen nit erobert, sondern der höchste Gott habe nit mehr gedulden können die abscheulichen Laster der Christen zu Jerusalem, und also lieber das heilige Land ihnen vergönnet, die doch nit in Christum glauben, als den Christen selber, welche nur den bloßen Namen tragen. Es ist die Aussag des hl. Nili, daß aus 10000 Katholischen nur einer selig[254] werde. Der Joannes Chrysostomus hat in der volkreichen Stadt Antiochia geprediget, und rund heraus gesagt, er glaube nit, daß aus den hundert tausend erwachsenen Leuten, so dazumalen in gedachter Stadt sich befunden, hundert selig werden, und gleichwohl haben zur selben Zeit die Christen unvergleichlich frömmer gelebt, als anjetzo. O wieviel Million und Millionen der Christen sitzen und schwitzen in dem Abgrund der Hölle, welche weit glückseliger gewest wären, so sie in der blinden Heidenschaft hätten gelebt, und niemalen Gott erkennt, als daß sie zu dem wahren seligmachenden Glauben Christi gelangt, und beinebens aber christliche Werk nit geübet haben, massen solche weit schwerere Pein in der Verdammnuß ausstehen, als diejenigen, so das wahre Licht des Glaubens nit gehabt.

Macarius, der heilige und wunderthätige Einsiedler, dem die Löwen in der Wüste wie die Hunde aufgewartet, den sogar ein grausamer Drach mit menschlicher Stimm angeredet, dieser Macarius hat auf eine Zeit einen ausgedorrten Todtenkopf in der Wüste angetroffen, und denselben in dem Namen Gottes befragt, wem er zugehöre? ich, sagte der Todte, bin gewest ein Götzenpriester unter den Heiden. Nachdem solcher weiters gezwungen worden, zu bekennen, ob er dann noch einige unter ihm in der Höll habe? worauf er mehrmal geantwortet, daß unter seiner noch tiefer in der Höll die Juden seyen, die allertiefesten aber in diesem feurigen Abgrund seyen die bösen Christen, so die Gutthat der Erlösung Christi erkennt, aber gegen dieselbige wegen ihres sündigen[255] Wandels so undankbar sich erzeigt. Wehe und aber wehe dem Judä Iscariothen und allen seinen Nachfolgern, bei denen der wahre Glaube ohne die guten Werke, vielmehr ein klaub ist gewest, der ihm die Gnad Gottes, und folgsam das ewige Heil benommen hat.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 5, S. 229-256.
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