Unser Herr und Heiland, nach empfangenem verrätherischen Kuß, ermahnet alsobald den gewissenlosen Iskarioth zur heilsamen Pönitenz.

[172] Judas, verrathest du den Sohn des Menschen mit einem Kuß? sagt unser lieber Herr. O gütigster Jesu, wie magst du doch dieses Erzschelmen Namen in deinen göttlichen Mund nehmen? Aus allen vier Evangelisten weiß man nit, wie der reiche Prasser geheißen hat, des armen und elenden Bettlers Namen, so vor seiner Thür ganz verlassen gelegen, ist genugsam bekannt, und ist solcher Lazarus genennet worden, aber des vornehmen und reichen Vogels Namen ist noch bishero verborgen, etwan hat er geheißen Samuel von Freßhofen und Saufenthal? das weiß man nit. Etwan hat er geheißen Zacharias von Kandelberg und Flascheneck? das weiß man nit. Etwan hat er geheißen Daniel von Schlemmershausen und Luderaw? das weiß man nit, und ist vermutlich, daß dazumal die anjetzo im Schwung gehenden Prädikate noch nit im Brauch gewesen; hab er nun geheißen wie er wolle, wenigst haben dessen Namen die vier Evangelisten nit gesetzt in ihre heiligen Schriften, und glaublich derentwegen, weil sie dafür gehalten, daß ein solcher unbarmherziger reicher Schelm nit werth seye,[172] daß sein Name sollte bekannt seyn, oder daß ehrliche Leute denselben sollten aussprechen. Und du, o süsser Heiland und du o sanfmüthiger Jesu! Du würdigest dich noch, den verruchten Verräther mit seinem Namen anzureden, Judas verrathest du etc. warum dies? o mildester Heiland! warum dies? darum, darum antwortet der heil. Cyrillus Patriarch zu Jerusalem, das Wort Judas wird verdollmetscht Confessio, Bekenntnuß oder Beicht, und dessenthalben hat der Herr diesen Böswicht seines eignen Namens erinnert, als rathe er ihm, er solle alsobald solche erschreckliche Sünd und Missethat bekennen und beichten, Reu und Leid darüber schöpfen, so seye er auch bereit, ihm die ganze Lasterthat nachzulassen und zu verzeihen. Aber Judas hatte dermalen keine Lust hiezu, dann der Teufel ihm auf der Zunge gesessen.

Vier führen von Gott, vier führen zum Teufel, vier führen vom Himmel, vier führen in die Hölle, vier führen von der Gnad, vier führen in die Ungnad, vier führen von der Schönheit, vier führen zu der Ungestalt, und zwar zu der größten, diese vier seynd folgende vier Buchstaben Unser Herr ermahnet den Iskarioth zur heilsamen Pönitenz . Die Sünd ist diejenige, welche den Menschen, so nach dem Ebenbild Gottes erschaffen, häßlich macht, schändlich macht, rußig macht, schmutzig macht, abscheulich macht, dahero mag ich diese vier nit leiden, sondern ein einziges Strichl in diesem Numero oder Zahl auslöschen, sodann wird ein Kreuz daraus, wodurch ich dir sündigen Menschen will zu verstehen geben, daß du die Sünd, welches Wort mit 4 Buchstaben geschrieben wird, sollest und wollest verlassen, und zum Kreuz kriechen.[173]

Weil die Sünd aber so wild und abscheulich macht, nihil enim peccato sordidus, nihil immundius etc. spricht der heilige Chrysostomus, so rathe ich dem Sünder, daß er ins Bad gehe, und allen Wust und Unflath abwasche; dieß Bad ist nichts anderst, als eine rechtschaffene Beicht, wodurch der Sünder von dem Pater, wie vom Bader, gereiniget wird.

Allem Beschreiben nach ist der verlorne Sohn ein liederliches Bürschl gewesen, vivendo luxuriose, nachdem er seine Erbsportion durch inständiges Anhalten und viel Zanken heraus gepreßt, hat er seinen muthwilligen Neigungen den völligen Zaum gelassen, da ist in seinem Kalender nichts anderst gewesen, als Vollmond, da ist in seiner Woche kein anderer Tag gewesen, als dies Veneris, da ist in seiner Bibliotheck kein anders Buch gewesen, als der Frisius, da ist in seiner Suppe kein anders Brod gewesen, als gewürflet, und folgsam diese drei W.W.W. Weib, Würfel, Wein, brachten ihn um das sein, dann gar oft ein Käthar nit so schädlich als ein Kätherl; wie ihm nun sein verschwenderisch Leben die sammeten und seidenen Kleider ausgezogen, und ihn von Fußauf mit Elend- Leder bekeidet, da ist er in solche Armuth gerathen, daß er von Filogran dergestalten zerrissene Hemd und Hosen angetragen, daß auch neun Katzen nit eine Maus darinnen könnten fangen; weilen nun aus Frißland der gerade Weg in Hungariam, also hat ihn endlich wegen verdistillirten Geldmitteln die Noth also überfallen, daß er mußte einen Sauhirten abgeben, in welcher Charge er nit allein wegen der[174] damaligen großen Theurung die nothwendigen Lebens-Mittel nit gehabt, sondern auch so weit mit ihm kommen, daß er bei den Säuen in die Kost gangen, ja er beklagte sich noch, daß ihm diese gerüßlete Convictores nit genugsam Treber ließen zukommen, tam cito fit porcus. qui modo procus erat. Wie ihm nun das Wasser in das Maul geronnen, da betrachtet er erst, was er gethan, und resolvirt sich ohne langen Verschub zu seinem lieben Vater nach Haus zu kehren. Wie nun dieser Schlampius nit weit vom Haus, und etwan den lieben Vater unter dem Fenster erblicket, da hat er seine Stimm erhebet, überlaut aufgeschrien: Pater peccavi etc. Vater ich hab gesündiget etc. Worauf ihn alsobald der Vater umhalset, und ihm auf seinen Mund einen Kuß geben. Pfui Teufel, das hätt ich nit gethan, der Kerl hat kurz zuvor mit den Säuen gefressen, es hangen ihm die Treber noch am Bart, pfui! und ihm einen Kuß geben? es grauste mir, daß der Magen wie ein Müllerbeutel thäte stauben, pfui! Wahr ist es, daß dieser Gesell ein liederlicher Mistfink worden, daß billig einem jeden an ihm hätte sollen grausen, aber sobald er seine Mißhandlung bekennet, sobald er offenherzig gesagt, er habe gesündiget, so hat es dem Vater nimmermehr gegraust, ja er hat ihn völlig wieder zu Gnaden aufgenommen.

Ein Abscheuen vor den Augen Gottes ist der Sünder, ein Gräuel allen Engeln und himmlischen Inwohnern ist ein Sünder, häßlicher als aller Wust und Ruß ist der Sünder, verfeindt mit allen Geschöpfen im Himmel und auf Erden ist der Sünder,[175] über und über, um und um ist an seiner Seel nichts als tausend pfui, tausend und tausend pfui. Aber mein Adamskind laß gleichwohl derenthalben den Muth nit fallen, gehe ins Bad, die Badstube ist der Beichtstuhl, sag mit dem verlornen Sohn: Pater peccavi, beicht mit voller Reu und Leid deine Verbrechen; da wirst du ober dieser Badstube geschrieben lesen: »Buß nimmt weg den Ruß,« gesegne dir Gott das Bad; o wie schön bist du worden, mit allen Freuden gibt dir Gott auf den Mund, mit dem du deine Sünd bekennet hast, ein Kuß, da würdest du sehen, und spüren, und finden, und erfahren, daß dir der Beichtvater zugleich ein Pater und Bader gewest.

Du hast es schon oft gehört und gelesen; aber was schadet es, höre es noch einmal und lese es noch einmal, was da Thomas Kantipratanus schreibt von einem, welcher sich bei der Nacht von der Seite seines Eheweibs hinweg geschrauft und anderwärts einen Ehebruch begangen; nachdem solcher von dem begangenen Laster wieder zurückgekehrt und bei dem klarleuchtenden Mondschein zum Fenster hineingestiegen, ist ob dessen Angesicht, weil es kohlschwarz und einem häßlichen Teufel ganz gleichte, dergestalten seine Frau erschrocken, daß sie alsobalden mit einem ungeheuren Geschrei sich aus dem Bett in die Flucht begeben, wovon alle, sowohl Knecht als Menscher, erwacht und eilfertig zugeloffen, haben sich aber auch gleichergestalten ob der wilden Larve ihres Herrn entsetzt, und begonnte ein Jeder der Erste bei der Hausthür zu seyn. Dieser vermessene und gottvergessene Gesell ist[176] allgemach in sich selbsten gangen, aus Ein und Angebung des nagenden Gewissens leicht eracht, daß solche häßliche Gestalt von der begangenen Missethat herrühre, dahero in aller Frühe nach dem Beichtstuhl getracht, wohl wissend, daß die Beicht ein Bad, der Pater ein Bader seye, mittels deren er solchen Ruß könne abwaschen, kaum aber daß er einen Fuß aus dem Haus gesetzt, und gleich dazumalen das Vieh ausgetrieben worden, so seynd nit allein die Hirten vor Seiner hinweg geloffen, sondern auch Ochsen und Küh mit großem Brüllen, Schaf und Schwein mit sondern Geschrei diese schwarze Teufels-Larve geflohen. Als er vor die Kirche gelangt, und dazumal der Pfarrherr auf und ab daselbst spazieren gegangen, zugleich sein Brevier gebetet, hat sich dieser vor seiner abscheulichen Gestalt also entsetzt, daß er das Brevier aus den Händen fallen lassen, sich eilends in die Kirche salvirt, und ohne Verweilung die Thür hinter seiner verriegelt, weil aber dieser so inständig angehalten um die heilige Beicht, und anbei die Ungestalt seines Gesichts dem unlängst begangenen Laster zugeschrieben, also hat ihn der Seelsorger endlich hinein gelassen, seine Beicht nit ohne häufige Zäher des Büßenden angehört, und nach ertheilter heilsamen Ermahnung und Buß absolvirt und losgesprochen, nach vollendeter Beicht ist das Angesicht alles Wustes entlediget worden, so schön und wohlgestalt, als wären die Engel selbsten Bader-Jungen gewesen, die ihn also sauber gereiniget, und also rein gesaubert. Wer will zweiflen, daß die Beicht ein Bad seye?

Wie Joannes der Täufer bei dem Fluß Jordan[177] mit so großem Eifer die Buß geprediget, und derentwegen von allen Orten eine große Anzahl der Menschen zu ihm geloffen, hat er einmal mit heller Stimm aufgeschrien: potens est Deus etc. zeigt zugleich auf 12 große Steiner, die der Josue zur ewigen Gedächtnuß hat aufrichten lassen, potens est Deus etc. Gott kann aus diesen Steinern Kinder Abrahams erwecken. Warum, o heiliger Bußprediger, sollen gleich diese Steiner das Privilegium haben, und vor allen andern die tauglichsten seyn? Es ist unter diesen kein kostbarer Marmor aus Indien, es ist unter diesen kein theurer Achat aus Persien, es ist unter diesen Steinern kein Edelgestein, und dannoch seynd diese bei dir in so großem Ansehen, daß sie tauglich erkennet worden zu lebendigen und frommen Kindern Abraham. Wisse mein Leser, daß der große Kriegsfürst Josue zum Denkzeichen, weilen er mit denen zwölf Geschlechtern Israel ohne Benetzung eines Fuß durch den Fluß Jordan passiret, habe befohlen, daß 12 Stein, welche bei den Füßen der Priester, so die Arche hindurch getragen, gelegen, sollen zur ewigen Gedächtnuß aufgerichtet werden; und diese 12 Stein waren diejenigen, die Joannes der Täufer also hervorgestrichen, daß sie tauglich seyen in lebendige Kinder Abrahams, das ist, in auserwählte fromme Diener Gottes, zu verwandlen. Potens est Deus, de lapidibus istis etc.

Was dazumalen Joannes Baptista geprediget, das ist schon viel tausend und tausenmal im Werk selbsten vollzogen worden; wie oft und oft seynd Steiner gelegen bei den Füßen der Priester? wie oft,[178] will ich sagen, harte und schwere Sünder bei den Füßen der Priester und Beichtväter, nachdem sie mit gebührender Reu und Leid ihre Verbrechen gebeicht, seynd sie gleichwohl nicht allein Kinder Abrahä, sondern gar Kinder Gottes worden. Die Beicht ist eine köstliche Tinktur, so auch das plumpe Blei in Gold verwandelt. Die Beicht ist ein Mistbettel, woraus die edelsten Blumen wachsen. Die Beicht ist eine Feile oder Raspel, so auch das rostige Eisen glänzend macht. Die Beicht ist eine Sonn, so auch die wildesten Kothlacken austrocknet. Die Beicht ist ein Stemp- oder Schnitzeisen, so auch aus einem groben Holz eine schöne Bildnuß macht. Die Beicht ist ein Kalch, so auch die russtigste Kuchel überweißet. Die Beicht ist ein Medritat, so auch das schädlichste Gift austreibet. Die Beicht ist ein Besen, so auch das ungeraumste Zimmer auskehret. Die Beicht ist endlich ein Bad, der Pater ein Bader, durch diese wird aller Wust und Unflath von der Seele gewaschen. Confessio et pulchritudo etc.

Ein wunderliches Bad ist die heilige Tauf, und wunderlich ihre Wirkung. Tirindates, ein König in Armenien ist von göttlicher Gerechtigkeit zur billigen Straf in eine Sau verkehrt worden, das war eine Sauische Majestät, anstatt des Königlichen Purpur, waren die häufigen Sauborsten zu sehen, daß also die Schuster vor allen andern zur Audienz seynd gelassen worden. Sobald aber dieser gerüßlete Monarch von dem heiligen Gregorio Thavmaturgo getauft worden, hat er wieder die vorige schöne Gestalt bekommen.[179]

Ein wunderliches Bad ist die heilige Tauf, und wunderlich ihre Wirkung. Alle Juden und Hebräer zur ewigen Straf von Gott, haben einen gewissen üblen Gestank, daß sie meistens nach Bocks-Ambra schmecken, absonderlich merkt man solches an ihnen in der heiligen Fasten, vorderist in der Charwoche. Sobald sie aber nach christlichem Brauch getauft worden, so weichet augenscheinlich solcher Gestank von ihnen.

Ein wunderliches Bad ist die heilige Tauf, und wunderlich ihre Wirkung. Wie des großen Tartarischen Königs Kassani Frau Gemahlin Kinds-Mutter worden, hat sie ein solches schwarzes, wildes, garstiges Abentheuer geboren, daß der ganze Hof derenthalben sie eines Ehebruchs beschuldiget, und dessentwegen zum Tod verurtheilt, nachdem sie aber mit einhelliger Erlaubnuß auf christliche Weis diese ihre schändliche Geburt hat getauft, ist solche augenblicklich in den schönsten und holdseligsten Prinzen verkehrt worden.

Ein wunderliches Bad ist die heilige Tauf, aber ein gleiches Bad ist die Beicht, welche ebenfalls aus säuischen Leuten saubere macht, aus garstigen schöne macht, aus schwarzen weiße macht, weiß wie der Schnee, schön wie ein Engel, sauber wie das Gold. Ein Bad in dem David ganz gülden worden, in dem der offne Sünder im Tempel ganz sauber worden, in dem der rechte Schächer Dismas ganz schön worden. Ein Bad, welches dem Menschen ist zugericht zur Reinigung seiner Seel, zur Wiederkehr der göttlichen Gnad, zur Gewißheit seines Heils, zur Ruhe[180] seines Gewissens, zur Aufnehmung seiner Tugenden, zum Pfand seiner Seligkeit.

Ein Priester in Deutschland thäte alle Tag die heilige Meß verrichten, unangesehen er sehr schwere, und dem priesterlichen Stand gar unziemende Laster an sich hätte. Einsmals da er eben dieses höchste Geheimnuß des Altars verrichtet, und bereits das Brod der Engel wollte genießen, so ist ihm die heiligste Hostie aus den Händen verschwunden, deßgleichen auch das allerheiligste Blut aus dem Kelch, wessenthalben er das andermal angefangen zu celebrirn, auch endlich das Drittenmal, aber jederzeit dasselbe erfahren, was ihm zum Erstenmal begegnet, dahero, aus Antrieb des beleidigten Gewissens, sich zu seinem Bischof begeben, ihm mit herzlicher Neu und häufigen Zähern seine Sünden gebeichtet, nachdem er endlich eine ziemlich harte und lange Buß verricht, und wiederum zu dem Altar des Herrn getreten, da hat sich dieses große Wunder ereignet, daß, wie er das höchste Gut unter der Gestalt des Brods wollte genießen, durch eine unsichtbare Hand alle drei vorhero verschwundenen Hostien vor seiner niedergelegt worden, auch, was vorhero dreimal aus dem Kelch sich verloren, ist wunderbarlich wiederum ersetzt worden, daß also der Kelch mit der Gestalt des Weins ganz eben voll vor seiner gestanden, woraus der gute Priester konnte abnehmen die große Wirkung der heiligen Beicht, kraft dero ihm seine großen Sündenmackel gleichwie durch ein heilsames Bad seynd abgewaschen worden.

Joannes der Evangelist hat öfters, wie von ihm schreibet Joan. Diakonus, ein schändliches Wetter in[181] ein schönes verkehrt. Das thut auch die Beicht, indem sie ein trübes und finsteres Gewissen in ein schönes und helles verwandelt.

Joannes ein Eremit in Scythia hat einen ausgedörrten Baum wiederum grünend gemacht. Das thut auch die Beicht, indem durch sie die in göttlichen Gnaden verdorrte Seel wieder anfanget zu floriren und wachsen.

Joannes Gualbertus hat einen großen und schweren Baum, den kaum vier Paar Ochsen konnten erziehen, fast wie eine Feder so ring gemacht. Das thut auch die Beicht, weil sie das mit Sünde beschwerte Gewissen also gering gemacht, daß die Meisten nach verrichter Beicht selbst bekennen, es seye ihnen noch so leicht als zuvor.

Joannes remensischer Abt hat mit heißen Thränen ganze eiserne Band und Ketten aufgelöst und zertrümmert. Das thut auch die Beicht, als welche die harten Band, womit die arme Seele als eine Sklavin der Hölle angefesselt, gänzlich auflöset, so durch das Wort Absolvo verstanden wird.

Joannes Bonus hat mehrmal das Wasser in den besten Wein verwandelt. Das thut auch die Beicht, indem sie das mit Kothlacken trübe Gewissen in den edelsten Gesundtrunk der Seelen verkehret.

Joannes Eleemosynarius hat in begebender Noth das Blei und Zinn in das feinste Silber verwandelt. Das thut auch die Beicht, welche das schwarze Gewissen in die weiße Unschuld verändert.

Joannes a St. Fakundo hat einen tobten und bereits schon gebratenen Vogel wieder lebendig gemacht.[182] Das thut auch die Beicht, welche die Seele, so vorhero eine auserwählte Täubin Gottes war, anima mea, columba mea. Durch die Todtsünd schon abgewürgter, und schon auf die höllische Glut gewidmeten Brater, wieder zum Leben und zwar zum ewigen bringet.

Joannes Navarretus hat wunderbarlicher Weis die ausgelöschten Kerzen wieder angezündet. Das thut auch die Beicht, als welche die in göttlicher Liebe ganz erloschene Seele wieder anzündet und inbrünstig macht.

Joannes Parmensis hat mit dem blosen Speichel einen abgeschnittenen Finger wieder völlig und gänzlich geheilt. Das thut auch die Beicht, welche mündliche Bekanntnuß vor dem Priester die so hart verwundete Seele und Gewissen wieder vollkommentlich heilet.

Joannes der Täufer hat die Leut in dem Fluß Jordan bis an den Hals in das Wasser geführt, wie die griechischen Lehrer ausgeben, und bevor er dieselbigen getauft, mußten sie, ihre Sünden bekennen, obschon diese Beicht dazumal kein Sakrament war, zumal solche zur selbigen Zeit noch nit eingestellt worden, so war doch sie schon eine Figur und Ebenbild der jetzigen rechten Beicht, welche auch ein Jordan, ein Wasser, ja ein Bad ist, worin die Seele gereiniget wird. Demnach, o Sünder! ins Bad, willst rein werden? ins Bad, willst gesund werden? ins Bad, willst schön werden? ins Bad, willst heil werden und heilig werden? ins Bad, der Pater ist der Bader, da wirst du bald finden, bald lesen, bald merken, was ober der[183] Badstube geschrieben ist: »Buß nimmt weg den Ruß, Beicht macht das Gewissen leicht, die Reu macht die Seele frei, eine bekennte That ist das beste Bad.«

Wie das allererste Mal Moses von dem Berg herabgestiegen, und in den Händen getragen die Tafeln, worauf durch göttliche Hände die zehn Gebote geschrieben waren, da hat er wahrgenommen, daß sein untergebenes Volk dem Allmächtigen den Rücken gezeigt, und ein guldenes Kalb für ihren Gott angebetet, welches ihn dann zu einem billigen Zorn bewegt, also zwar, daß er, Moses, obberührte Tafeln auf die Erde geworfen und zerbrochen. Ein andersmal steigt dieser israelitische Führer wieder auf den Berg, und trägt von dannen ganz neue Tafeln der zehn Gebote herab, hatte aber ein so glänzendes Angesicht, daß er mußte dasselbige verhüllen, dann sonst konnte ihn das Volk nit anschauen. Wie kommt aber dies? das erstemal hat der heilige Mann länger geredet mit Gott, als das anderemal, und dannoch das erstemal hat er kein strahlendes Angesicht mit sich getragen, wohl aber das anderemal, was ist die Ursach? diese, diese, diese, merks wohl, o sündiger Mensch! diese, diese. Nachdem Moses die zehn Gebote gebrochen, selbige ganz wieder in den Händen getragen, hat er ein so glänzendes Angesicht bekommen, welches er vor dem Verbrechen nit hatte. Also, o sündiges Adamskind, laß deinen Muth nit fallen, wann du schon mit vielen Sünden behaftet bist, wann du schon alle zehn Gebot gebrochen hast, so kannst du dannoch ein glänzendes Angesicht bekommen, kannst dannoch heilig werden, dafern du nur durch eine reuevolle Beicht dich[184] mit Gott versöhnest und seine heiligen Satzungen wieder in die Hände nimmst. So kräftig ist dieses Bad.

Auf solche Weis hat Gott das Bad gesegnet einem vornehmen burgundischen Herrn, welcher seiner großen Laster halber an allen Leibeskräften dergestalten abgenommen, daß er einem schon längst begrabenen Todtenkörper nit ungleich war; sobald er aber in dieses Bad gangen, und seine begangenen vielfältigen Sünden gebeicht, so hat der Beichtvater, als ein sehr heiliger Mann, wahrgenommen, daß diesem seinem Beichtkind sieben wilde und abscheuliche Kroten aus dem Maul gekrochen, und solcher sowohl im Angesicht als an dem Leib ganz schön, frisch, jung und wohlgestalt worden.

Gott hat das Bad gesegnet jenem Jüngling, welcher wegen unzulässiger Wollust sich sogar dem bösen Feind verschrieben, nachdem er aber zu Loreto in Welschland seine Sünden gebeicht, und solche, im besagten heiligen Haus herzlich beweinet, hat er die schriftliche Verpfändung in seinen Händen gefunden.

Gott hat das Bad gesegnet dem seligen Petro Pektrinario, welcher mit häufigen Bußthränen alle seine begangenen Sünden gebeichtet, nachdem er aber solche auf das Papier geschrieben abgelesen, seynd selbige dergestalten verschwunden, daß er nichts anderst als einen schneeweißen Bogen Papier in den Händen gefunden.

Gott hat das Bad gesegnet einer vermessenen jungen Tochter, welche in so abscheuliche Laster gerathen, daß sie eine Blutschand begangen mit ihrem eignen leiblichen Vater, und nachmals diesen wie zu[185] gleich ihre eigene Mutter ums Leben gebracht, nachdem aber besagter gottloser Schleppsack durch eine eifrige Predigt bewegt worden, daß sie mit vielen Zähren ihre Missethaten gebeicht, und solche dergestalten herzlich bereuet, daß sie auch hievon gestorben, nach dessen Tod eine Stimm vom Himmel erschallet, daß man für sie nit solle beten, sondern sie seye in einem solchen Stand, daß sie andern mit ihrem Gebet könne helfen.

Gott hat das Bad gesegnet einem gottlosen Menschen, welcher sowohl Lands als Stands halber ein Irländer war, nachdem solcher dreißig ganze Jahr dem Teufel gedient, auch von ihm in der Hand gezeichnet worden, ist er endlich durch bewegliche Einrathung zwei reisender Religiosen zurück gangen, einem aus diesen alle seine Sünden gebeichtet, welches Bad ihm so wohl angeschlagen, daß nit allein besagtes Zeichen in der Hand verschwunden, sondern er sogar von dem Satan nit mehr ist erkannt worden, welcher dann ihn befragt, ob er nit einen gesehen, in solcher und solcher Gestalt, in solchem und solchem Aufzug? und solcher seye sein Diener, wie nun erstbemeldtes Beichtkind bekennet, er seye derselbige, hat ihm der Teufel zornig geantwortet, daß dem nit also, er lüge in Hals hinein etc.

Viel Wunder und Wunder hat Gott der Herr mit den Fischen gewirkt. In der Wüste hat der Heiland einmal 5000 Mann, Weiber und Kinder gar nit gezählt, mit 7 Brod und 2 Fischen gesättiget, daß also ein jeder Fische genug gegessen, und noch viel übergeblieben, wie dann zu Hall in Tyrol ein[186] halber Fisch von denselbigen gezeigt wird in dem königlichen Frauenstift daselbst, in Gold sehr kostbar eingefaßt.

Wie der heilige Cuthbertus mit seiner Frau Mutter auf dem Meer gefahren, und ihm ungefähr das Betbuch auch in das Wasser entfallen, da hat solches alsobald ein großer Fisch geschluckt, als sie aber zum Gestad gelandet, ist besagter Fisch unverhofft erschienen, und das entfallene Buch an das Ufer hinausgeworfen.

Dem heiligen Anton von Padua haben die Fisch mit empor gehebten Köpfen zugehört, wie er geprediget, und hierdurch die halsstarrigen Leute, welche seine heilige Lehre verachtet, zu Schanden gemacht.

Der heilige Eremit Konradus ist einstmal von etlichen muthwilligen Speivögeln zum Mittagsmahl eingeladen worden, und wie sie ihm nit ohne häufiges Gelächter ein schweinenes Bratl vorgesetzt, hat er alsobald solches in einen Fisch verwandelt, auch zum Schimpf dieser Fatzbrüder die Gräten ihnen auf die Teller gelegt.

Wie der heilige Hadrianus samt andern vier, um Christi Ehr und Lehr willen, in das tiefe Meer versenkt worden, seynd nit lang hernach 5 große Delphin erschienen, die solche hl. Leiber an das Gestad getragen.

Der heilige Fridianus hat einmal von einem sehr reichen Bauer etliche Gulden zu leihen begehrt, damit er sein vorhabendes Kirchengebäu zur Vollkommenheit möchte bringen; als ihm aber der ungeschliffene Bengel solchs abgeschlagen, so hat es sich begeben, daß[187] besagtem groben Gesellen, als er im Schiff gefahren, der Beutel samt dem Geld ins Wasser gefallen, und nit lang hernach die Fischer einen Fisch gefangen, und ihn dem hl. Fridiano verehret, welcher in dessen Eingeweid das verlangte Geld gefunden.

Viele andere Wunder mehr haben sich mit den Fischen zugetragen, so Kürze halber dermal umgangen werden, sondern alleinig fordert allhier gegenwärtige Materie etwas zu melden, von demjenigen Fisch, in welchem der hl. Petrus das Geld gefunden, womit er den verlangten Tribut für sich und Christo dem Herrn bezahlt hat. Zu Kapharnaum in dem galiläischen Land seynd die königlichen Beamten und Kameralisten über den Peter kommen, ihn nit ein wenig angeschnarcht, warum er und sein Herr nit auch den gebührenden Tribut ablege? Weil nun dazumal der Prokurator des apostolischen Kollegii nit beihanden war, welcher die kleine Geldkassa bei sich hatte, so wußte schier der gute Petrus nit, wo er sich soll hinwenden. Endlich gebietet ihm unser Herr, er soll den geraden Weg zum Meere gehen, und dem ersten Fisch, den er werde mit der Angel herausziehen, in das Maul greifen, daraus das erheischte Geld heben, die Gesellen zu contentiren. Petrus folgt, und gehet, und fischt, und fangt, und zieht, und findet und zahlt. Lucius Faunus samt andern vermeint, es seye dieses Geld ein halber Thaler gewesen. Auf den heutigen Tag findet man noch solche Fisch im Meer, welche insgemein die Peterfisch genennt werden, und sieht man auf dem Kopf dieser Fischart die Zeichen der fünf, Finger, mit denen Petrus den Fisch gehalten. In[188] Summa Petrus bezahlt, was er schuldig ist, mit Geld, so er im Maul des Fisches gefunden.

Du, ich, und er, er, ich und du, ihr, wir und die, die wir und ihr haben Schulden genug, darum heißt es in dem täglichen Vater unser: vergieb uns unsere Schulden, dimitte nobis debita nostra etc. Wir alle gesamte Adamskinder seynd lauter Schuldenmacher, oft mehr Schulden als Haar am Kopf, oft mehr Schulden als Bissen im Kropf, oft mehr Schulden als Erbes im Topf, manchem kleckte kaum der halbe Schwarzwald, lauter Rabisch daraus zu machen, worauf seine Schulden möchten aufgeschnitten werden. Vom siebenten Jahr her unsers Alters bis in das siebenzehnte, bis in das sieben und dreißigste, bis in das sieben und fünfzigste, bis in das siebenzigste, machen wir fast alle Tag, fast alle Stund, fast alle Augenblick Schulden über Schulden; woher nehmen und bezahlen? wo suchen und bezahlen? wo finden und bezahlen? Wann die Religiosen einen guten Jüngling gemäß seines Berufs in ein Kloster nehmen, da heißt es: die Elements-Pfaffen haben den Knaben gefischt, muß also kurzum dieser Studiosus ein Fisch seyn, dem doch das Wasser gar nicht schmecken will, ein Fisch, der doch oft weniger schwimmen kann, als ein Wetzstein, ein Fisch, der doch mehr im Buch als im Bach sich aufhält. Aber laß gehen, nit allein er ist ein Fisch, sondern auch alle Menschen seynd Fisch und zwar gute rechte Petersfisch. Jetzt weißt du, wie du sollst und kannst deine Schulden zahlen, Herr mein Fisch, thus Maul, auf, ich sags noch einmal, das Maul auf, du bist gleichwohl kein Maulaff. Thus Maul sein wohl auf, da wirst du Geld und Mittel finden, womit du deinem[189] Gott und Heiland den so großen Schuldenrest kannst bezahlen, das Maul auf im Beichtstuhl, wann du nit willst bei unserm Herrn zwischen zwei Stühlen niedersitzen, das Maul auf im Beichtstuhl, heraus mit den Groschen oder großen Sünden, heraus mit den Batzen oder batzeten Missethaten, erzähle deine Verbrechen dem Beichtvater, da wirst du gleich erfahren, daß dein Erzählen ein Zahlen ist; da wirst du finden, daß der Beichtvater durch die Absolution nicht allein das Kreuz über dich macht, sondern auch ein Kreuz durch deine Schulden macht; da wirst du selbsten bekennen, daß die Beicht ein Bad, wodurch, ohne hartes Zwagen der Mensch gewaschen und gereiniget wird.

Wann du schon mit dem Kain blutige Todtschläg begangen hast und in der Anzahl tausend. Wann du schon mit dem David schändlichen Ehebruch begangen hast und in der Anzahl zweitausend. Wann du schon mit dem Ammon sündhafte Blutschand begangen hast und in der Anzahl dreitausend. Wann du schon mit dem Sennacherib schwere Gottslästerungen ausgegossen hast, und in der Anzahl viertausend. Wann du schon mit dem Holoferne dich hast vollgesoffen und in der Anzahl fünftausendmal. Wann du schon mit dem Achan verbotene Diebsstuck begangen hast, und in der Anzahl sechstausend, wann du schon Gott bist mit dem Jona rebellisch gewest und in der Anzahl siebentausendmal. Wann du schon mit Zaubereien dich mit dem Saul versündiget, und in der Anzahl achttausendmal. Wann du schon mit dem Absalon bist stolz und hoffärtig gewest, und in der Anzahl neuntausendmal. Wann du schon mit den Hebräern dem wahren Gott hast den Rucken gezeigt und abgötterisch worden, und in der Anzahl zehntausendmal.[190] Wann du schon die allerheiligste Hostie des Altars in eine stinkende Kothlacke geworfen, und selbige noch mit Füßen getreten, wie gethan haben zwei Brüder zu Erfurt An. 1250. Wann du schon das höchste Gut des Altars aus Zorn mit Pfriemen und Ahlen bis auf das Blut verwundet hast, wie die Juden gethan haben zu Deggendorf in Bayern. Wann du schon diesen deinen Erlöser unter der Gestalt des Brods hast auf dem glühenden Rost gebraten, wie gethan hat ein Hebräer zu Paris An. 1290. Wann du schon hast dieses Brod der Engel den Hunden vorgeworfen, wie gethan haben die ketzerischen Donatisten An. 362. Wann du schon hast alle Gebote gewissenlos gebrochen, die Gebote der Natur, die Gebote der Kirche, die Gebote Gottes, und so viel Sünden auf dir, als Sandkörnlein am Ufer des Meers, so bist zu zwar in einem harten und übeln Stand, an dir, in dir, um dir, bei dir ist nichts als Wust und Unflath, du bist garstiger als der Teufel selbst, aber laß dich dannoch nit schrecken, nur mit dir ins Bad, ins Bad mit dir, ein Bad ist die Beicht der Pater ist ein Bader, der wird dir etwan, wann er undiscret ist, auch den Kopf zwagen; aber Geduld, es stehet eine kleine Zeit, da fallen dir die Ketten und Band hinweg wie dem Peter. Da wird der bittere Kraut-Topf deines Gewissens ganz süß, wie zu Elisäi Zeiten, da fallen die Mauren, so dich von Gott abgesondert, zu Boden nieder, wie zu Josue Zeiten um die Stadt Jericho, da wird der Stein, so dir auf dem Herzen gelegen, hinweg gewälzt, wie bei dem Grab Christi. Da wirst du vom Aussatz gereiniget,[191] wie der Naam Syrus. Da bekommest du ein neues Kleid und saubern Aufzug, wie der zurückkehrende verlorne Sohn, da wirst du wiederum aus der tiefen Grube gezogen wie der Jeremias. Da werden wieder deine Wunden geheilt, wie jenem, der unter die Mörder gerathen und vom Samaritan versorgt worden. Da tragt dich der gute Hirt als ein verlornes Schäflein wiederum auf seinen Achseln zu der Heerd. Da wird dein Nam wiederum in das Protokoll der Lebendigen gezeichnet. Da bekommst du wiederum ein Ladschreiben, daß du mit den fünf weisen Jungfrauen zur himmlischen Hochzeit bist eingeladen. Endlich durch dieses Bad wirst du wieder so rein, so sauber, so schön, daß du vor Gott, vor den Engeln und vor allen Auserwählten erscheinen darfst. Nulla tam gravis est culpa, quae per confessionem non habeat veniam.

Ich muß dir noch einen Stein in den Garten werfen, mein lieber Leser, dann in dem Königreich Böhmen ist ein Ort, welches Stein genannt wird, und wegen eines Gnadenbilds der Mutter Gottes schon über die dreihundert Jahr sehr berühmt. In dem größten Kriegslauf haben die Inwohner aus gottseliger Sorgfältigkeit besagtes Gnadenbild wollen in die Stadt Neuß salviren, aber die Pferd wurden durch unsichtbare Gewalt aufgehalten, daß sie auf keine Weise zum Hinwegführen konnten gebracht werden. Unter andern denkwürdigsten Dingen allda wird gesagt, und von gar vielen bestätiget, daß selbige wohlgefärbte Bildnuß ganz erbleiche, wann ein großer Sünder in die Kirche hineintritt, so bald aber solcher seine Sünden[192] mit rechter Reu und Leid durch eine vollkommene Beicht bei dem Priester abgelegt, sodann verkehr sich augenblicklich wiederum ersterwähntes Gnadenbild, und zeige mehrmalen ihre vorigen Rosenwangen in dem Angesicht, woraus dann leicht zu schließen, wie heilsam dieses Bad seye.

Die vornehme Stadt Jerusalem, als sie noch im besten Stand war, hatte unterschiedliche Thor oder Pforten, unter andern war eine, die wurde genennt Porta Sterquilinii, das Mistthor, solcher Name ist dieser Pforte derentwegen geschöpft worden, weilen man durch dieses Thor allen Mist und Unflath allein ausführte, seynd also den ganzen Tag bei diesem Thor keine andern Leut fast anzutreffen gewesen, als lauter Stallmistici, welche auf Karren, auf Wagen, auf Rädeltruhen solche verfaulte Waaren und Roß-Interesse ausgeführt. Kein schändlicher Mist, kein abscheulicher Unflath ist nie gewest, ist noch nit und wird nie seyn, als die Sünd, darum dem heil. Philippo Nerio gar nit vor übel zu haben, daß er öfters, wann er bei einem Sünder vorbei gangen, die Nase zugehalten, und wann er das sich nit im steten Fasten und Abbruch hätte geübet, so wäre meistens ihm ob solchem Gestank auch der Magen rebellisch worden. Dieser Mist muß durch kein anders Thor ausgeführet werden, als durch das Mistthor, durch den Mund des Menschen, wann man doch will, daß die Stadt, verstehe die Seel, solle gesäubert werden. Heraus mit dem Unflath im Beichtstuhl, heraus mit dem Saumist du Geiler, heraus mit dem Roßmist du Hoffärtiger, heraus mit dem Schafmist[193] du Woll, oder Wollüstiger, heraus mit dem Kühmist du nit Gras, sondern Großabschneider und Ehrendieb, heraus mit dem Gänsmist du Vollsaufer, heraus mit dem Hundskoth du Neider, heraus mit allem Unflath. Weil der geduldige Job auf dem Misthaufen gesessen, ist es ein Zeichen, daß er fleißige Dienstboten gehabt, welche den Mist zu rechter Zeit aus dem Stall gebracht. Der Sünder darf deßwegen nit die Zeit anschauen, nit den Kalender um Rath fragen, wann es gut seye, den Mist auszuführen, sondern er solle keinen Augenblick warten, damit nur die Residenz-Stadt Gottes, seine Seel, geputzt und gereiniget werde. Ins Bad, ins Bad, ins Bad, und nit zu spat, nit zu spat, nit zu spat.

Ein rechtes Bad, wovon ein Nutzen soll geschöpft werden, muß nit schleuderisch und nur obenhin zugerichtet seyn, sondern mit allem Fleiß alles, was dazu nothwendig ist, beigeschafft werden. Ein kühles Bad wird wenig Schmutz wegnehmen, eine kühle und unbedachtsame Beicht wird die Seel nit viel säubern.

Wie hat nit Gott der Herr dem Altvater Noe so genau die Arche, dieses große Schiff, angeben? Hörst du es Noe, sagte Gott, du mußt erstlich die Arche aus leichtem und geringem Holz machen, dergleichen genug zu finden auf dem Berg Libano, du mußt auch fein gute Wohnungen darein machen, sowohl inwendig als auswendig mit Pech wohl überstreichen, 300 Ellen soll die Arche lang seyn, 50 Ellen weit, und 30 Ellen hoch, sodann mußt du übersich ein Fenster ma chen, und selbiges Ellen hoch, die Thür ofterwähnter Arche mach auf der Seite, 3 Gaden[194] oder Boden mußt du auch machen, damit gleichwohl die Menschen und Esel nit ganz beisammen wohnen. Noe wollte in allweg den Willen Gottes vollziehen, fangt an zu arbeiten, er, seine Söhne, und wie Origines davor hält, auch andere Zimmerleut, unangesehen solche Gesellen des Noe Aussag vor einen Traum gehalten, aber um den Lohn war ihnen die Arbeit nit zuwider. An dieser Arche haben sie hundert ganze Jahr gearbeitet, das ist eine ehrliche Zeit, es scheinet, als wären dazumal die Zimmerleut schon faul gewesen. In hundert Jahren läßt sich viel bauen! Dann wann solches Schiff schon ziemlich groß gewesen, zumalen hundert und fünfzigerlei Art der gehenden Thier, fünf und zwanzigerlei der Kriechenden, hundert und fünfzigerlei der Vögel, samt 8 Personen, benanntlich Noe, Beterema sein Weib, Sem, Kam und Japhet samt dero Weiber, darinnen losiret, so hätt es dannoch in weit kürzerer Zeit können verfertiget werden. Es gibt aber dessen die Ursach ein Neotherikus, sprechend, daß sie darum so viel Jahr daran gebauet, weil sie alles auf das allerfleißigste und genaueste gemacht, dann es wollte sich gar nit schicken, daß dasjenige, worin das ganze menschliche Geschlecht sollte vom Untergang salvirt werden, sollte nur schleuderisch und obenhin verfertiget seyn.

Das soll sich ein Jeder wohl merken, daß dasselbe, wodurch der Mensch dem Untergang, und zwar dem ewigen, entgehen kann, nit soll schleuderisch gemacht seyn, was ist aber dieses anders, als die Beicht, durch welche der Sünder salvirt wird? diese, diese muß nit unbedachtsam, nit obenhin seyn, sondern geschehen[195] mit einem inniglichen Examen und genauer Nachforschung des Gewissens, sonsten ist solches Bad mehr Schad als Nutz. Weißt du was das Ding ist? sein Kleid ist Schneckenart, im Wasser steht sein Haus, geht schwarz ins warme Bad, kommt roth wieder heraus? Dieses ist ein Krebs, und wäre zu wünschen, du hättest eines Theils seine Natur, gut wäre es, heilsam wäre es, wann du mit den Krebsen wohl zurückgingest, zurück mit deinen Gedanken, zurück mit deiner Gedächtnuß, zurück mit deinem Nachsinnen, und folgsam das Gewissen wohl und recht erfahren thätest. Das Weiblein im Evangelio, so den Groschen verloren, hat nit nur obenher das Haus auskehrt, sondern gar ein Licht angezündet, mit dem Besen die Stube, die Kammer, das Vorhaus, alle Winkel auskehrt, unter dem Tisch, unter den Bäuken, unter dem Kasten gesucht, da und dort, hin und her, auf und ab, rechts und links, hinten und vornen, um und um, mit dem Besen gefahren, und gesucht, und endlich gefunden. Wer eine rechtschaffene Beicht will verrichten, der muß das Gewissen nit nur obenher erforschen, sondern wohl und wohl auskehren, in solchem Zimmer findet sich immerzu ein Koth, in solchem Garten findet man fast alleweil ein Unkraut, in solchem Buch stehen immerzu einige Fehler, nur wohl gesucht, befleiße dich, daß dein Gewissen beschaffen seye, wie der offne Rachen jenes Löwen, den der starke Samson getödtet, in diesem war ein Examen, Examen apum. Nur wohl auskehrt, und befrag dich selbsten, wie einmal Joannes bei dem Fluß Jordan von den abgesandten Juden befragt worden: tu quis es? wer bist du? such[196] recht, wann du schon mit Petro keinem ein Ohr abgeschnitten, vielleicht aber hast du diesem und jenem die Ehr abgeschnitten. Such recht, wann du schon mit den 5 thorrechten Jungfrauen nit hast das Oel verschütt, etwan aber hast du unzuläßige Schmiralien eingenommen. Wann du schon mit dem Jakob keinem den Spitz gezeigt hast, vielleicht hast du einen solchen Spitz gehabt, daß er einer Vollheit so gleich gesehen, wie die Wölfinn dem Wolfen. Such recht nach, wann du schon mit den Tobiaischen Schwalben keinen besudelt, etwan hast du deinen Nächsten um ein Merkliches beschmitzet. Such recht, wann du schon mit dem Jona nit bist in dem Fisch gelegen, vielleicht aber bist du oft mit faulen Fischen umgangen. Such recht, wann du schon mit dem Samson in dem Philistäischen Tempel nit hast die Saule umgeworfen, etwan hast du öfters aber gelogen, daß sich hätten mögen die Balken biegen. Such recht, wann du mit den bösen Feinden schon bist nit gefahren in die Schwein der Gerasener, vielleicht aber hast du dich gleichwohl aufgehalten in säuischen und unflätigen Gedanken. Such recht nach, wann du schon nit gebissen wie die Schlangen das hebräische Volk, etwan bist du dannoch bissig gewest und voller Gift und Zorn. Such recht, wann du schon nit das Fieber hast gehabt mit der Schwieger Petri, so hast du etwan gleichwohl eine unzuläßige hitzige Krankheit gehabt von Kupido. Such recht nach, ist dein Gewissen ein Kasten, was gilt es, du wirst in einem Schublädl ein Schelmenstuck finden. Ist dein Gewissen ein Kaufmanns-Gewölb, was gilt es, du[197] wirst eine schlimme Waar darinnen finden. Ist dein Gewissen ein Kalender, was gilt es, du wirst ein trübes Wetter darinnen finden. Ist dein Gewissen ein Jahrmarkt, was gilt es, du wirst Dieb darinnen antreffen. Ist dein Gewissen eine Stadt, was gilt es, du wirst einen Sauwinkel darinnen finden. Ist dein Gewissen eine Schatztruhe, was gilt es, du wirst falsche Münz darinnen haben.

Der Schwemmteich zu Jerusalem hatte diese wunderliche Wirkung, daß, wann es der Engel zur gewissen Zeit bewegt hat, der erste, so sich hineingelassen, aller seiner Bresten und Krankheiten entlediget worden. Dahero eine große Menge der Kranken bei dem Schwemmteich unter den fünf Schupfeu immerzu gesehen worden. Der Engel, so besagten Schwemmreich bewegt, soll gewest seyn der Raphael, welcher aber nit nur obenher mit einem Stab das Wasser bewegt, sondern von Grund aus, daß also der Letten in der Höhe geschwommen. Willst du, daß deiner armen Seele soll das Bad, verstehe die Beicht, wohl, anschlagen, und sie an allen Zuständen soll curirt werden, so ist vonnöthen, das Gewissen nit nur obenhin zu bewegen, sondern vom Grund aus alles aufzuwühlen, daß aller Letten und kothige Verbrechen in der Höhe schwimme, und gar nit verborgen bleibe.

Es kommt und dringt Einer in den Beichtstuhl, tupft mit dem Nagel des Daumens an die Stirne, Mund und Brust, als wollt er Flöh tödten, der Pater fragt, wann hast gebeicht? Ha, sagt dieser, Veitl heiß ich. Wann hast gebeicht? fragt er, ich hab beicht, laß sehen, ich hab beicht, gleich nach dem Rubenschelen,[198] gut jetzt weiß ichs scilicet. Was hast von derselbigen Zeit an gesündiget? Am Freitag hat mich der Häckerling gestoßen, es ist mir leid, ich hab einmal den linken Schuh am rechten Fuß gelegt, es ist mir leid. Ich hab einen Laib Brod angeschnitten, und das Kreuz darüber zu machen vergessen, es ist mir leid. Ich hab den Lämmlfeind bei verbotener Zeit einen Wolf geheißen, es ist mir leid. Ich hab ein Brod im Maul gehabt, wie ich mir die Nase geschneuzt, es ist mir leid. Ich hab das Messer beim Tisch auf den Rücken ge legt, es ist mir leid. Ich hab das Feuer auf dem Heerd ausgelöscht, und nit zugleich die armen Seelen getröst, es ist mir leid. Jetzt weiß ich nichts mehr, Herr Pater, gebt mir eure Absolution. Hast du du dann, sagt der Beichtvater, nie gescholten? Das kann, sagt er, nit rath seyn. Hast du dich nit vollgesoffen? Ja, es kann nit rath seyn. Hast du am Sonntag und Feiertag keinen Gottesdienst und heilige Meß ausgelassen? Ja, das kann nit rath seyn. Hast du nie dem Nächsten übel nachgeredet? Ja, das kann nit rath seyn. Hast du nit dies und dies gethan? Herr Pater habt schon genug gefragt, für heut ist schon dies genug, bleibt auf ein andermal wieder etwas, es fällt mir nit alles ein. Du elende Einfalt, erstlich hast du einige Sachen entdeckt, die in sich selbst keine Sünden, nachmals hast du die andern bekannt, und doch mit keiner Zahl noch Umständ, drittens bist du in den Beichtstuhl hereingetreten, ohne einige vorhergehende Gewissens-Erforschung und Zurücksinnen. Dies Bad wird dir den Schmutz nit nehmen, weil es gar zu kühl.[199]

Weißt du dann nit, daß die Badleute gemeiniglich einen Spiegel und Kämml mit sich ins Bad nehmen oder sich vorher wohl im Spiegel ersehen, damit sie wissen nachmals, wo sie sich zum meisten sollen abwaschen, dieser Spiegel ist der Beichtstuhl, darinnen sollest du dich ganz genau betrachten und beobachten, fein durchgehen die 10 Gebote Gottes, durchsuchen die Gebote der Kirche, durchgrübeln die 7 Todsünden, wie nit weniger die fremden Sünden etc. solche alle wohl ausweiden, besser oder so gut als der jüngere Tobias seinen Fisch in Gegenwart des Erzengels Raphael und ganz bedachtsam nachsinnen, welches Gebot du gebogen oder gar gebrochen.

Joannes Bonifacius schreibt von einem Sodali, welcher einst vor der Beicht mit allem möglichen Fleiß das Gewissen erforschet, auf daß er möchte alles, was er bös gedenkt, bös geredet, bös gewirket, oder was er Gutes unterlassen, auf das Genaueste in der Beicht entdecken. Endlich war er mit diesem nit befriediget, sondern hat noch inständig die Mutter Gottes ersucht, damit sie ihn diesfalls erleuchten wolle, auf daß er gar nichts in der Beicht auslasse. In diesem währenden Gebet fällt von Oben herab ein Zettel von einem schneeweißen Papier, worauf mit wenigen Zeilen einige seiner Sünden, an die er nit gedacht, gezeichnet gewesen, was aber nit wenig zu verwundern, weder der Herr Pfarrherr, weder sein eigner Vater, weder sein Mitkamerad verstunden diese Schrift, sondern er ganz allein.

Nach dem Exempel dieses frommen Sodalis laß auch nichts erwinden an dem Fleiß, dein Gewissen zu[200] erforschen, es wäre gut und rathsam, daß du beschaffen wärest wie jene 4 Wunderthier, welche Joannes gesehen in seiner Offenbarung, diese Thier hatten nit allein vorne Augen, sondern auch auf dem Rücken, plena oculis ante et retro, gut wäre es, wann du auch zurück könntest sehen, wo du gewest, wie du gewest, was du gehandelt, wie du bishero beschaffen. Endlich nach angewendtem allen Fleiß, bitte den allmächtigen Gott, bitte seine übergebenedeite Mutter und Jungfrau, bitte deinen eignen Schutz-Engel um ein einiges Licht, damit du alles, was bishero sündhaft in dir gewesen, mögest finden und ergründen, wann dir schon nit erwähntes Merkmal, wie besagtem Jüngling, widerfährt, so würdest du dannoch mehr erleucht seyn, als sonsten, demnach ohne fernern Skrupel, was dir wissentlich also eingefallen, trage es mit gebührender Reu und Leid dem Beichtvater vor in dieser geheimen Gerichts-Stube, sodann zweifle nit, daß dir nit Gott werde das Bad gesegnet haben.


Allerlei beichten, aber wenig recht.


Joannes kommt in Beichtstuhl, Bona dies, sagt er, Herr Pater, seynd Euer Ehrwürden noch wohl auf? Resp. Ja, gut, es erfreuet mich, mir ist es eine Weil nit zum Besten gangen, jetzt aber erhol ich mich allgemach; daß ich aber zu meiner Beicht komme, so klage ich mich folgender Gestalten an:

Erstlich hab ich mich nie vollgetrunken, der Wein ist heuer gar zu theuer.

Zum anderten hab ich Sonntag und Feiertag[201] keine heil. Meß ausgelassen, hab ich doch, Gott sey Lob, die Kirche vor der Nase.

Drittens hab ich nie gescholten, habs auch nie im Brauch gehabt, ich laß es gleichwohl den Fuhrleuten über.

Viertens habe ich den Leuten weiter die Ehr nit abgeschnitten, ich laß einen Jeden seyn, wer er ist, und kehre vor meiner Thür.

Fünftens bin ich gar nit hoffärtig gewest, mein Gott, die Leut kennen mich schon, ich möchte Federn tragen oder nit.

Sechstens hab ich nichts entfremdet, mit Wissen wohl nichts, bin gleich mit dem zufrieden, was mir Gott hat geben, ob ich zwar nichts hab zum Fenster hinauszuwerfen.

Zum Siebenten hab ich auch mein Gebet verricht, so viel die Zeit hat zugelassen, wie ein Cartheuser kann unser eins auch nicht alleweil in der Kirche stecken.

Sonsten weiß ich weiter nichts; es ist mir von Herzen leid, will mich auch hinfüran bessern, bitt um eine Buß und heilige Absolution.

O mein lieber Joannes, die Beicht ist nit recht, du bist wohl kein Joannes in der Wüste, wohl aber, deiner Aussag nach, ein Joannes in der Sauberkeit, du beichtest nur, was du Guts gethan, und nit, was du Böses gestift, auf solche Weise bist du so sauber, daß du gar des Badens nit vonnöthen. Paulus ist schon im dritten Himmel gewest und hat sich gleichwohl nit so heilig gemacht wie du. Der offene Sünder im Tempel zu Jerusalem hat anders gebeicht, indem[202] er auf seine Brust geschlagen, sprechend: peccavi, er habe gesündiget. Der Schächer am Kreuz Dismas wäre mit einer solchen Beicht, wie du allhier gemacht hast, den geraden Weg zum Teufel gefahren, darum hat er die Sach verständiger angriffen, fein rund heraus bekannt, er seye ein Schelm über alle gewesen und seiner Laster halber wohl hundert Galgen verdienet. Mein Joannes, du kommst mir vor, wie die Johannis-Käferl, die scheinen und schimmern bei der Nacht, als wären sie die schönsten Lichtel, unterdessen aber seynd sie nichts anders, als verwerfliche Würmel. Durch deine gleißnerische Beicht willst du gleichsam dir einen Schein auf den Kopf nageln und kurzum ein Heiliger seyn, indem du doch gleich andern gebrechlichen Menschen auch Mängel und Gebrechen genug an dir hast. Dein Absehen ist etwan dahin gerichtet, damit du bei deinem Beichtvater im guten Konzept stehest; aber glaub du mir, in dieser Kanzlei ist der Teufel ein Konzipist, welcher auch einen so großen Grausen an der Demuth hat, daß er auf ewig nit will gestehen, er habe gesündiget. Es ist wohl zu glauben, wann Kain den Brudermord hätte bekannt, wie ihn dessenthalben der Allmächtige befragt, daß er von Gott hätte Pardon erhalten wegen seiner so groben Missethat; aber das unverschämte Nescio, indem er sich ganz unschuldig gestellt, hat den gerechten Gott zur billigen Nach und Straf veranlasset. Wie viel Seelen sitzen und schwitzen, heulen und verweilen ewig in dem Rachen der Hölle, weil sie den Rachen nit haben aufgemacht, und daraus den Unflath durch eine mündliche Beicht herausgeführt. Mein Joannes, wann[203] du willst bei Gott durch die Beicht justificatus seyn, so mußt du in der Beicht just; wann du willst in der Beicht absolut seyn, so mußt du in derselben resolut seyn; wann du willst durch die Beicht heilig werden, so mußt du dich nit heilig stellen, wann du willst durch die Beicht gerecht werden, so mußt du die Beicht recht verrichten, recht beichten aber ist mit demüthigen und nit gleißnerischen Herzen alle seine Sünden bekennen.

Jakobus kommt in Beichtstuhl, schneizet mit großem Getös die Nase, als sollte der Wust aus der Nase und nit durch das Maul ausgeführt werden, streicht mit der Hand den Bart, als wäre dieser Kehrwisch zu diesem Auskehren auch vonnöthen, stoßt mit dem Kopf an das Gitter, als wolle er auf Bocksart in der Kirche Sturm laufen, endlich fangt er an, folgender Gestalten zu reden:

Herr Pater, wies halt geht, wann die Dienstboten sogar des Bocks seynd, so kann sich unser einer des Scheltens nit enthalten.

Herr Pater, wies halt geht, die ganze Woche ist unser einer gefrettet und strapezirt, am Sonntag gehe ich halt auch ins Wirthshaus, und sauf mir einen Rausch an, es muß einer mit den Nachbauren halten, will er dermalen in der Welt fortkommen.

Herr Pater, wies halt geht, wann ich unter die jungen Bursch komme, so schaue ich mir halt auch um eine Hals-Uhr, wie kann es anderst seyn, ich hab ein altes Weib, und sie als eine Wittib geheirath.

Herr Pater, wies halt geht, wann man übel von den Leuten redet, so schütte ich halt auch meinen Brei dazu, es läßt sich nit anderst thun, es gibt eine Red in die andere.[204]

Herr Pater, wies halt geht, wann ich kann einen übervortheln im Verkaufen, so spare ichs nit, hingegen büß ich auch oft ein, das ich an Schuldnern verlieren thu, muß also eines das andere übertragen.

Herr Pater, wies halt geht, zuweilen am Sonntag höre ich nur eine halbe Meß, unser einer hat viel zu verrichten, die Geistlichen haben leicht zu beten, sie werden darum bezahlt, unser einer muß es anderst suchen.

Herr Pater, wies halt geht, ich hab mich mit meinem Nächsten verfeindet, deßwegen ich mit ihm schon ein halbes Jahr nit geredet, er hat mir aber wohl so übel gethan, ich bin nit linder als ein Kieselstein, und gibt doch dieser Feuer, wann man ihn schlägt.

Herr Pater, wies halt geht, ich hab in meinem Dienst zuweilen eine Untreu begangen, wie kanns aber anderst seyn, die Besoldung ist nit groß, Kinder hab ich, das Weib will sauber aufziehen, schaffe ich ihr das nit, nach der Contento, so macht sie mich gar zu einem O.

Herr Pater, wies halt geht, wann zuweilen ein unnützer und unzüchtiger Diskurs und Gespräch ist, so wirf ich auch meine Schnitz darein, mein Gott, ich bin ohnedieß oft eine lange Zeit melancholisch, man muß den Bogen nit allzeit gespannt halten.

Herr Pater, wies halt geht, den Fasttag hab ich nit gehalten, es seynd bei der Nacht Leute bei mir gewesen, wann ich nit hätte mitgehalten, so wären sie der Meinung gewesen, als thäte ich es ihnen nit vergönnen.[205]

Diese, und alle meine Sünden sind mir leid, hab demnach einen guten Vorsatz mich zu bessern.

O mein Jakob, du bist weit kein spänischer Apostel, aber deine Beicht kommt mir dannoch spänisch vor. Den heil. Jakobum pflegt man sonsten mit einem kleinem ledernen Mänterle zu malen, aber du trägst einen Mantel bis auf die Füß hinunter, dann du alle deine Sünden und Unvollkommenheiten willst vermänteln. Du bist wohl ein rechtes Adamskind, dann sobald dieser das göttliche Gebot übertreten und das unzuläßige Obst gessen, da hat er gleich die Entschuldigung an die Hand genommen und vorgeschützt, als wäre sein Weib daran schuldig, das heißt aber nit redlich gebeicht. In der Beicht muß man keine Entschuldigung beibringen, sondern die Bosheit der Werke, der Worte, der Gedanken vortragen, wie es in sich selbsten ist.

Wie der König David wider alles Gewissen die Ehe gebrochen und noch darüber den Uriam unschuldig um das Leben gebracht, endlich aber in sich selbsten gangen und seine Sünde bereuet, da hat er sich nit entschuldiget; er hätt auch können sagen: Herr ich bin auch ein Mensch wie andere; wann sich die Betsabea nit hätte gebadet, wann meine Kammer-Lakeien nit wären solche Böswichter gewesen und mir dieselbe Madame nach Hof geführt, da wäre ich nimmermehr so grob gestolpert, ich hab es ihnen zwar befohlen, sie sollen sehen, wie sie mit guter Manier die Frau zu mir führten, allein wann sie wären gescheid gewesen, so hätten sie die Sach auf eine andere Weise vermitteln sollen und endlich hätte diese Frau so geschwind nit[206] eingewilliget, so wäre ich etwan auch abgestanden von meinem üblen Ansuchen etc. Viel, gar viel Beichtkinder der entschuldigen sich also zur Vermäntlung ihrer Bosheit. Aber David hat nichts, gar nichts dergleichen vorgewendet, sondern rund heraus bekannt: peccavi, er habe gesündiget, die Ehe gebrochen, den Todtschlag begangen, nichts dabei verblümlet, nichts verdeckt, nichts vermäntelt, nichts vertuschet, nichts verborgen, nichts entschuldiget. So muß eine rechte Beicht seyn.

Aber gar viele Leute seynd beschaffen wie der Hohepriester Aaron, dieser, in Abwesenheit des Moses seines Bruders, so dazumalen bei Gott auf dem Berg in einem Gespräch war, hat sich von dem überlistigen Volk überreden lassen, daß er aus dem zusammen gesammelten Gold ein Kalb verfertiget, welches die Phantasten für einen Gott angebetet; wann, es gleichwohl ein Ochs wäre gewesen, hätte er ein besseres Ansehen gehabt. Wie der Mann Gottes Moses solche verdammliche Abgötterei mit scharfen Worten vorgerupft, da war Aaron gleich gefaßt mit einer Entschuldigung, wie daß ihm das Volk keine Ruhe gelassen, er habe auch mit allem Fleiß hiezu begehrt die Ohren-Behäng und Arm-Bänder der Weiber, dann er hätte geglaubt, diese thäten so ungern die Ohren-Gehäng, als die Ohren hergeben. Item, so habe er das Gold ins Feuer geworfen, sodann seye ein Kalb herauskommen, welches ohne Zweifel durch Zauberei der Egyptier geschehen, zumalen solche Leute unter ihnen etc. Ei du gottlose Entschuldigung! Oleaster sagt, daß er einen rechten Model habe gemacht,[207] worin er dieses Kalb gegossen. Sieh, sieh, jetzt muß das Feuer daran schuldig seyn.

Eine Beicht, sie seye aus menschlicher Gebrechlichkeit zu diesem Fall kommen, allein es seye ihr so hoch nit aufzunehmen, dann sie eine so hitzige Natur habe, zudem seye er ihr solang nachgestrichen, daß sie ihr endlich nit mehr hab helfen können. So muß die hitzige Natur daran schuldig seyn, ja wohl schuldig! wie das Feuer bei dem Aaron. Ein anderer bekennt, ja, er habe sich auch schändlich vergriffen in der Unzucht, es hab ihn aber der böse Feind dergestalten stark versucht, daß auch ein Joseph, bei Gestalt der Sachen, den Mantel nit hätte hinten gelassen. So muß der Teufel daran schuldig seyn. Ja wohl Teufel, wie das Feuer bei dem Aaron, dein eigner Will, der, der, der ist schuldig.

Es wird von einem gemeinen Bauren-Mensch erzählet, daß selbige einmal aus ihrem eignen Haus gangen, und sich nach einem gewissen Schloß begeben, willens, daselbst um gebührenden Lohn zu dienen. Unterwegs begegnet ihr der böse Feind, in der Gestalt eines reisenden Menschen, fragt das gemeine, jedoch wohlgestaltete Bauern-Mägdl, wohin es gehe? nachdem solche geantwortet, daß sie bei der nächst entlegenen Herrschaft begehre in Dienst einzustehen. Bei Leib nit, setzt hinwieder der vermascherete Teufel, es wird dich reuen mein Mensch! Diese, ungeachtet solcher Abmahnung, gehet nach besagtem Schloß, allwo sie aber nit lang hernach zum Fall kommen, und großen Leibs worden; als solches zu den Ohren der Herrschaft gelangt, war gleich der Befehl, man soll den[208] Schleppsack hinweg schaffen. Als sie dann wieder auf dem Weg nach Haus begriffen, begegnete ihr mehrmalen der Satan, jedoch in einer andern Gestalt eines Reisenden, wohin, wohin meine Tochter? fragte er, nach Haus, sagte sie, wo gewest? wo gewest? da in diesem Schloß, war die Antwort, setzte noch hinzu, es habs wohl der Teufel dahin geführt, der Teufel hab ihr dahin gerathen, dann sie seye durch einen leichtfertigen Kerl verführt worden, etc. Worauf dieser verstellte Satan ihr eine Maultasche versetzte, daß sie sich um und um gedrehet, mit beigefügten Worten, du lügst in Hals hinein, du unverschämter Schleppsack, ich bin der Teufel, und hab dir zu dieser und dieser Zeit, eben an diesem Ort, widerrathen, du sollest obbenanntes Schloß meiden, also ist dein eigner böser Wille, und nit ich, zu beschuldigen.

Was ist gemeiners bei den Leuten, als die Entschuldigung? allenthalben hört man diese wilden Muteten. Der Teufel hat mich daher geführt, der Teufel hat mich verblendt, der Teufel hat mich zu dieser Gesellschaft gebracht, der Teufel hat mich mit diesem Gesind bekannt gemacht, der arme Teufel muß in allem die Schuld tragen, da unterdessen seine Versuchungen und Anreizungen nichts, gar nichts können wirken, und auskochen, wann nit dein eigner böser Wille ein- und zustimmt. Klage demnach in der Beicht dich allein an, lege die Schuld allein auf dich, schreibe das Verbrechen deiner eignen Bosheit zu, entschuldige dich nit mit der Natur, mit der Gelegenheit, mit dem Gestirn und Planeten, unter denen du geboren, mit den Eltern oder Vorstehern, die dich erzogen, mit der Gebrechlichkeit[209] des Leibs, mit den Nachstellungen des bösen Feinds etc. sondern sag mit dem David, mit dem offnen Sünder: peccavi, fein rund heraus ohne Excusa deine Sünden.

Ich hab es nie gelesen, du wirst es auch nit lesen, ein anderer wird es ebenfalls nit lesen, daß Magdalena sich hätte entschuldiget. Eine andere hätt etwan gesagt, Herr, ich hab zwar einen liederlichen Wandel geführt, aber wie hat es anderst seyn können, ein junges Blut, eine frische Dama war ich, an Gütern und Mitteln hatte ich keinen Abgang, meine Eltern hab ich nit zu fürchten gehabt, dann sie waren schon todt, die Gesellschaften der Kavaliere waren öfters auf meiner Herrschaft zu Magdalis, die schöne Gestalt, und mein wohlgeschaffner Leib, haben auch das Seinige gethan, die liebe Freiheit, so ohne das eine Verführerein der Jugend, ist fast zum Meisten daran schuldig gewesen etc. Eine andere hätte also ihre Missethaten beschöniget, aber Magdalena hat gar keine dergleichen Entschuldigung vorgeruckt, sondern öffentlich, mit nassen Augen, mit gebognen Knien, mit zerknirschtem Herzen bekennet, sie habe gesündiget. Den Mantel, womit dergleichen Beichtkinder ihre Fehler verdecken in der Beicht, den hat der Teufel zugeschnitten, den hat er gemacht, den hat er gefüttert, den flickt er noch alle Tag, Stund und Augenblick.

Im alten Testament mußten, auf Befehl Gottes, die Leute, so den Aussatz hatten, sich stellen vor dem Priester, aber wie? sie mußten sich stellen mit ganz zerrissenen Kleidern, mit blosem Haupt etc. Dies[210] war eine Figur und Vorbild unserer Beicht, dieses Sakrament der Buße, gehe hin Sünder, gehe hin Sünderinn, was ist anderst deine Sündenlast, als ein wilder Aussatz der Seele, gehe hin, zeig dich dem Priester im Beichtstuhl, aber fein mit zerrissenen Kleidern, damit er deinen elenden Zustand wohl sehe, nimm nur keinen Mantel mit dir, thue auf keine Weis deine begangenen Verbrechen entschuldigen und bemanteln, fein blos, wie die Sache in sich selbsten ist, in animam suam peccat, qui se excusat, repellens proinde a se indulgentiae medicinam, et sic vitam sibi proprio ore intercludens. Das ist bitter genug geredet von dem honigfließenden Abt Bernard. Der sich entschuldiget, sündiget in seine eigene Seele, schiebt von sich die Medizin der Verzeihung und bringt sich selbst um das Leben.

Barbara tritt am heiligen Ostertag in Beichtstuhl, macht ihre gewöhnlichen Zeremonien, nach solchen, aber fängt sie an ganz wohlberedt, ohne einigen Arrest der Zunge, zu reden, oder besser geredet, zu schwätzen.

Pater, ich habe Stiefkinder, die seynd so unerzogen, ich wollte lieber Ameisen hüten, als sie, die Fratzen, haben halt eine Mutter gehabt, die hat keine Brillen gebraucht, sondern hat alles durch die Finger gesehen, jetzt wachsen sie auf, und ist nichts an ihnen zu sehen, als lauter Ungebärden.

Pater! meine Dienstboten thun so gar kein gut, es kommt nit bald ein Mensch von mir, der die Kleider vorn nit zu kurz werden. Der Teixel[211] hüte es, ich nit, es müßt einer mehr Wacht haben, als zu Breisach im Elsaß. Vor diesem soll ein junges Mägdlein also gelöffelt haben, ich glaub der Pfarrherr hätte es mit Glocken ausläuten lassen.

Pater! ich hab Innleute, die raufen und schlagen den ganzen Tag, ich gedenk oft bei mir selbst, bei den Narren muß das ganze Jahr Charfreitag seyn, weil man immerzu die Pumpermette hört. Mit Berchtolsgadner Waare gings noch hin, aber mit Stuhlfüßen fechten, das ist zu grob.

Ich weiß nit, wie es mein Nachbaur kann verantworten, daß er Tag und Nacht Spielleut hält. Mit Tanzen thut man wahrhaftig die Schuh nit doppeln, ich glaub, es muß ihm der halbe Batzen alle Stund niederkommen, sonst könnten sie so lang nie klecken.

Pater! ich hab einen Gevatter, der ist so liederlich, daß er oft eine ganze Woche im Wirthshaus sitzt, die Kinder haben zu Haus nichts zu nagen, und müssen über ihren Willen Barfüsser-Ordens seyn.

Pater! ich hab es oft gesagt und sags noch wann ich sollte in so schönen Kleidern daherziehen, wie unsere Richterinn, ich müßte das Geld nur stehlen, man weiß wohl, daß auf den Krautstauden keine Seidenwürmer, wachsen.

O Pater! einen Mann hab ich, der thut sogar kein gut, ein Kreuz vom eichenen Holz wollt ich gern tragen, aber von Feuchten, das kommt mir zu schwer, mein Mann muß feucht haben, er ist die ganze Zeit bei der Pippe, und die Pippe macht, daß ich nichts zu päppen habe. Ich bitte den Herrn Pater, gar[212] schön, er gebe ihm doch einen guten Filz, er wird bald nach meiner beichten, dort steht er mit einem zeugenen Kleid, mit sammeten Aufschlägen, er hat ein rothes Gesicht, wie kann es anderst seyn, das Gesicht schämt sich, daß er ein solcher Saumagen ist. Diese und alle meine Sünden seynd etc.

O meine Barbara, die heilige Barbara malt man mit einem Thurm, dich aber soll man malen mit einem Narrenhäusel, diese deine abgelegte Beicht ist närrisch und thöricht, indem du nit deine Sünden geoffenbaret, sondern anderer Leute ihr Gewissen durch die Hechel gezogen, welches nit allein die Beicht ungültig macht, sondern noch hierüber Gott sehr beleidiget. Christus der Herr hat dem Aussätzigen befohlen, er soll hingehen, und sich dem Priester zeigen, Ostende Te, dich, dich klage an, und nit andere, du weißt wohl, wie mühselig es gewest ist den göttlichen Augen, wie der Cham seinen Vater Noe entblößet hat, was gehen dich anderer Leute Verbrechen an, daß du selbige willst entblößen, indem du mehr schuldig bist, solche zu verhüllen. Hast du einmal eine solche offene Schuld gehört. »Ich bekenne Gott dem Allmächtigen, Mariä seiner hochwürdigen Mutter, allen lieben Heiligen, und gib mich schuldig, daß mein Nachbaur, mein Mann, mein Knecht, von ihren kindlichen Tagen an, bis auf diese Stunde, oft und viel gesündiget haben, mit Gedanken, Worten und Werken etc.« Dergleichen Modi ist noch nit in die, katholische Kirche eingeschlichen. Jener arme Reisende, so zwischen Jerusalem und Jericho unter die Mörder gerathen, welche ihn völlig ausgeraubt, und noch darüber[213] tödlich verwundet, hat den vorbeipassirenden Priester, Leviten und Samaritan nit angeredet: »Herr, mein Nachbaur ist verwundet, meine Obrigkeit ist übel zugerichtet, mein Schwager liegt ganz dahin;« sondern er hat, so viel es die halbtodten Kräfte zugelassen, geschrien: »Herr, Herr, erbarmet euch meiner, sehet meine schweren tödtlichen Wunden, schauet, wie die Mörder mit mir umgangen, sehet, wie das Blut so häufig herausquillt; etc.« Seine, seine Wunden hat er gezeigt, und nit anderer Leute Zustand. Wann du willst vom Ruß und Unflath gesäubert werden, so mußt du nit an Statt deiner den Paul, den Andre, die Ursel ins Bad schicken, sondern du mußt selbst gehen. Deine, deine Sünden beichte, dich klag an, mach es nit wie Adam, der da gesagt, die Eva hab gesündiget, mach es nit wie Eva, die da vorgegeben, der Adam hab unrecht gethan: aliorum accusatio non est confessio, sed offensio. Eine solche Beicht, worin man andere anklagt, ist kein Bad, sondern ein Schad, ist keine Medicin, sondern ein Ruin, ist keine Versöhnung, sondern eine Verhöhnung, ist keine Erledigung, sondern eine Beleidigung, ist keine Reu sondern eine Keierei etc.

Sabina Leonora Maximiliana (eine halbe Litanei der Heiligen) rauschet im Beichtstuhl hinein, wie der Wind durch das Geröhr in einem ungeputzten Teich oder Weiher, endlich fängt sie folgender Gestalt an:

Ich hab mein Gebet nit mit Andacht verricht.

Ich hab zuweilen eine kleine Unwahrheit geredet.

Ich bin zu Zeiten ungeduldig gewesen.[214]

Ich hab in der Kirche unnöthig umgeschaut.

Ich bin mit gebührender Devotion nit zu der heiligen Kommunion gangen.

Ich hab ein wenig Argwohn von meinen Nebenmenschen.

Ich bin nachläßig gewesen in meinen Bruderschaft- Verrichtungen.

Ich hab weltliche Gedanken gehabt.

Ich hab etwas zu frei mit den Mannsbildern geschwätzt. Weiter nichts. Weiter nichts? es ist nit ohne, daß gar viel dergleichen so vollkommene Seelen gefunden werden, so sich der Lieberei befleißen, welche unser lieber Herr auf dem Berg Tabor in seinen Kleidern gezeigt, indem solche so weiß waren, wie der Schnee. Es ist schon wahr, daß gar oft im hohen Stand Personen gefunden werden, welche weit frömmern und vollkommenern Wandel führen, als viel im niedern Stand und gemeinen Pöbel, gleichwie der hl. Patriarch Abraham mit seinem frommen Sohn auf der Höhe des Bergs Moria war, unter des Bergs aber den Esel gelassen. Es ist nit zu läugnen, daß sehr viel vom Adel ohne Tadel leben, aber gar oft, leider! gar oft geschieht es, daß sie die kleinen Verbrechen und leichten Mängel an Tag geben, die groben und harten Todtsünden aber verschweigen.

Nachdem die Israeliter vierhundert und dreißig Jahr als elende Sklaven in Egypten waren, hat sie der große Mann Gottes Moses endlich heraus geführt und erlöset. Ihrer seynd gewesen dreißigmal hundert tausend Personen, und waren anfangs nit mehr als fünf und siebenzig, benanntlich Jakob mit den Seinigen[215] und dero Weiber, daß sie sich also vermehrt haben, ist die Ursach, weil dazumal die Weiber gar oft vier und sechs Kinder auf einmal geboren. Wie nun besagtes Volk zu dem rothen Meer gelangt, und nachgehends mit trocknem Fuß durchpassirt, hat solches der verstockte König Pharao verfolgt, und mit 2000 zu Fuß, 50000 zu Pferd, 600 Bagage-Wägen auf dem Rücken nachgeeilet, aber mit aller dieser volkreichen Mannschaft in dem rothen Meer zu Grund gangen.

Ein rothes Meer ist die Schamhaftigkeit, massen der Mensch, wann er sich schämt, pflegt in dem Angesicht roth zu werden. O wie viel tausend und tausend gehen in diesem rothen Meer zu Grund! welche sich schämen, dem Beichtvater diese oder jene Sünde in ein Ohr zu sagen, so doch am jüngsten. Tag der ganzen Welt kundbar seyn wird. O wie viel gibt es Rachel, welche die Götzenbilder unter dem Stroh verbergen, und nichts gestehen wollen?

Valerius Venetus schreibt, daß einmal zwei fromme Religiosen auf der Reis in einem Marktflecken haben Meß gelesen, wobei auch mit aller gebührenden Andacht eine adeliche Frau war, welche schon viele Jahre eine große Sünde verschwiegen, und selbige niemals gebeicht, indem sie aber wahrgenommen, daß diese ganz fromme und unbekannte Geistliche seynd, hat sie sich endlich entschlossen, solche Sünde einem aus diesen zu entdecken, welches auch nach vollendeter hl. Meß geschehen, wie sie nun in wirklicher Beicht begriffen, hat der andere fromme Religios vermerkt, daß besagter Frau mehrmal schändliche und[216] wilde Attern oder Schlangen aus dem Maul gekrochen, und sich verloren, eine aber sonderer Größe, hat den Kopf nur zum Maul herausgestreckt, sich aber bald wieder zurückgezogen, worauf alle die andern sich wiederum eingefunden, und in voriges Logement retirirt. Sobald hernach diese elende Person sich nach Haus begeben, hat ihr der böse Feind durch sondere göttliche Zulassung den Hals umgerieben, daß also geschwind in dem ganzen Markt laut und kundbar worden, diese Frau sey des gähen Tods gestorben. Die 2 Religiosen seynd hieüber nit ein wenig erschrocken, jedoch durch ein eifriges Gebet den Allmächtigen ersucht, daß er ihnen doch wolle anzeigen, in was Stand diese Person und geweste adeliche Frau sich befinde, welches ihnen dann der gütigste Gott, als seinen frommen Dienern nit abgeschlagen, sondern bald in dero Gegenwart erstbenannte Frau gestellt, aber in so abscheulicher Drachengestalt, daß sie beide halbtodt zur Erde niedergesunken, sie aber in diese Worte, ausgebrochen: »Förchtet euch nit, ihr Diener Gottes, ich bin dieselbe vermaledeite Kreatur, die ich kurz vorhero eine ungültige Beicht habe abgelegt, indem ich mehrmal, und auch endlich in dieser letzten aus Schamhaftigkeit eine große Sünde, die ich mit einem mir nächst Anverwandten begangen, verschwiegen habe, wessenthalben der gerechte Gott mich in die ewige Verdammnuß verstoßen. Nach solchen Worten ist sie mit einem ungeheuren Geschrei verschwunden.«

Ein Wolf ist wie der Teufel und der Teufel ist wie ein Wolf; wann dieser ein Lämmlein von der Heerd raubt, so ergreift er dasselbige bei der Gurgel,[217] damit er dem armen Thier die Stimm nehme und er folgsam durch das Blerren nicht verrathen werde. Des bösen Feinds einige Lust und Fleiß ist, daß er dem Sünder die Red verstelle und solche nachmals in der Beicht mit der Stimm nit hervor will. O Pater, es ist doch ein hartes Ding um die Beicht! es ist ein Bad, ja ein Bad, aber wahrhaftig ein Schwitzbad, dann ich je und allemalen zu schwitzen pflege, wann ich in den Beichtstuhl hineintritt, ich schäme mich, ich schäme mich etc.

O bethörter Mensch, du sollst dich darum schämen, weil du dich schämen thust, pfui! Schäme dich, siehe an deinen Heiland Jesum am Kreuz ganz nackend und bloß, und dieser hat sich wegen deiner Sünden entblößt, siehe wie offenherzig er mit dir umgangen, daß er sogar durch die Lanze Longini das Herz lassen eröffnen und die Sünder also gezeigt, wie er inwendig beschaffen, in Erwägung dessen hat der Altar in dem großen Tempel zu Jerusalem den rothen Vorhang, womit er verdeckt war, mitten von einander zerrissen, als wollte er zu verstehen geben, es schicke sich gar nit, daß er solle bedeckt seyn und Gott der Herr entblößt. Velum Templi scissum est etc. Schäm dich, Sünder! ins Herz hinein, daß du sollest mit dem rothen Vorhang der Schamhaftigkeit verhüllen deine Sünden und dein Gewisien nit recht enblößen, indem doch dein Erlöser und Heiland deinetwegen entblößet worden.

Du sollst dich darum schämen, weil du dich schämen thust, wenn der höchste Gott ein Gebot gegeben, daß, wer eine Todtsünd wissentlich begehet, entweder[218] solle auf öffentlicher Gasse vor jedermann dieselbe bekennen, und nachmals solche That in Marmor einhauen zur ewigen Gedächtnuß, oder aber, er solle in die ewige, merks wohl! in die ewige, erwägs wohl! in die ewige Verdammnuß gestoßen werden, wo ein ewiges Feuer, ein ewiges Braten, ein ewiges Quälen, ewige Schlangen, ewiger Kerker, ewige Pein. Wäre es denn nit leichter, seine Missethat öffentlich beichten, als ewig brennen, ewig? Freilich wär es leichter, und ohne Gleichheit leichter, nun aber hat der allergütigste Gott kein dergleichen Gebot auf- und eingesetzt, sondern nur wollen, daß du deine Sünd einem einigen Menschen in das Ohr sagest, nit einem Engel, sondern einem Menschen, der gesündiget hat, oder sündigen kann, wie du, einem Menschen, welcher noch durch Reden, noch durch Schreiben, noch durch Deuten, noch durch Winken dasjenige offenbart, was du ihm anvertraut hast, einem Menschen, der es meistens durch sondere Schickung Gottes vergißt, was du ihm in der Beicht entdecket hast.

Dergleichen lieset man von einem Schiff, welches von den tobenden Wellen dergestalten angetastet worden, daß es alle Augenblick scheinte in die Tiefe des Meeres zu versinken; indem nun alle die Händ gen Himmel gehoben, und die Barmherzigkeit Gottes angefleht, da hat sich einer hervor gegeben, daß solche Ungestüme des Meeres wegen seiner großen Missethaten entstanden, welche er dann auch öffentlich mit allen Umständen bekennet. Ob zwar solche keine wahre Sakramental-Beicht nit gewest, so hat doch dem Allerhöchsten die demüthige Bekenntniß also gefallen, daß[219] alsobalden die tobenden Winde zu wüthen aufgehört, und wie sie nachgehends zum gewünschten Gestad gelangt, da haben sie sich zwar zu entsinnen gewußt, daß Einer aus ihnen die größten und abscheulichsten Laster öffentlich entdeckt, nit wissend, was für Sünden diese gewesen? auch sogar wußten sie nit, wer aus ihnen also öffentlich hätte gebeichtet.

Pfui schäme dich, o sündige Seel, daß du dich schämen thust, indem doch Gott ein so leichtes Mittel, wie dir die Beicht ist, dir gespendirt hat; von allen Sünden, und folgsam von der Höll frei und los zu werden. Weißt du, was eine einzige Todsünd seye? durch eine einzige Todsünd hast du deine so theuer erlöste Seel dem Teufel verkauft und verschrieben, durch diese hast du die Sentenz des ewigen Tods wider dich selbsten gefällt, durch diese hast du deinem Erschaffer und Heiland spöttlich den Rucken gezeigt, durch diese hast du alle deine Verdienste, so du dein Lebtag gesammlet, verschwendet und verloren, durch diese hast du deinen eignen Schutzengel von dir geschafft, durch diese hast du alle Heilige Gottes dir zu Feinden gemacht, durch diese hast du alle Kreaturen und Geschöpfe höchster massen erzürnt, also, zwar, daß unverzüglich das Feuer dich thät verbrennen das Wasser dich ertränken, die Luft dich erstecken, die Erd dich verschlucken, wofern ihnen Gott den Gewalt ließe, ja keine Mücke auf dem ganzen Erdboden wäre, die dich derenthalben nit verfolgte, durch eine Todsünd hast du mit aller Gewalt der Himmels-Königinn Mariä ihren gebenedeiten Sohn Jesum aus den Armen gerissen, denselben unmenschlich[220] gegeißelt, mit stechenden Dörnern gekrönet, mit harten eisernen Nägeln an das Kreuz genaglet, mit Essig und Gall getränkt, und endlich ganz mörderisch um das Leben gebracht. Eine Todsünd ist also schwer, daß wann auf eine Wagschale diese sollte gelegt werden, auf der andern alle Verdienste der Mutter Gottes, alle Verdienste der hl. Apostel, der hl. Beichtiger, der hl. Jungfrauen, ja alles Blut der heil. Martyrer, so würde die Todsünd alle diese weit überwiegen, und dannoch, und dannoch um dieser Todtsünd willen hat dir Gott nichts mehreres auferlegt, als eine demüthige, als eine Reu-volle mündliche Beicht vor einem einzigen Priester, und diese in höchster Geheim, und du o thörichter Mensch, o armseliger Leimknollen, und du willst dich noch schämen, diese zu thun?

Philippus, König in Frankreich, hatte einen erwachsenen Erbprinzen, welcher sich gänzlich verliebt in die wohlgeschaffene und überaus schöne Klementia, eine Tochter Karoli, des anderten Königs in Sizilia, es ist auch die Sach schon so weit kommen, daß man die wirklichen Heiraths-Traktaten sollte beederseits zu Handen nehmen, es sorgte aber Philippus, König in Frankreich, daß besagte Prinzessin möchte auch einen Mangel am Fuß haben, massen ihr Herr Vater Karl krumm gewest, verlangte demnach, daß zu mehrer Sicherheit erstgedachte königliche Tochter vor einem Medico oder Arzt solle den Fuß entblößen, welcher erste Vortrag der schamhaftigen Prinzessin sehr schwer und hart gefallen, nachdem sie aber verständiget worden, daß sie hierdurch zur königlichen Hohheit könne gelangen, hat sie[221] unschwer darein verwilliget, und gesagt, daß man leicht könne einem Medico einen Fuß entblößen, wann hierdurch das Haupt mit einer Kron bedeckt würde.

Eine herrliche Kron, eine himmlische Kron, eine ewige Kron hat auch der größte Sünder zu hoffen, wenn er auch mehrere Todtsünden begangen, als Tröpflein Wasser im Meere, als Stäublein in der Luft, als Gräßlein auf Erden, als Stern im Himmel, so er nur sein Gewissen entblößt und völlig entdeckt vor seinem Beichtvater, wann es dir schon etwas schwer gedunkt, so erwäge doch, daß es weit leichter sey, vor einem Menschen zu Schanden werden, als einmals am jüngsten Tag vor Gott, vor allen Heiligen, vor allen Engeln, vor allen Verdammten. Leichter seye, dieses wenige Schwitzbad auszustehen, als in der Höll ewig schwitzen. Leichter seye, zu leiden dieses wenige Schamen, als das ewige Verdammen. Verschweigest du aber wissentlich eine einzige Todsünd, oder nothwendige Umständ, oder Anzahlen, sodann ist die Beicht kein Bad, sondern ein Schad, sodann dienet sie dir nit zum Reinigen, sondern zum Peinigen, sodann hilft sie dir nit zum Heil, sondern zur Höll. Dergleichen Historien und Geschichten findest du in allen Büchern, wie oft einige Personen, die sonst einen ehrbaren und christlichen Wandel geführt, wegen einer einzigen Todsünd, die sie aus Schamhaftigkeit verschwiegen, seyen ewig, o bitteres Wort! ewig verdammt worden. So beicht dann recht, umgehe dein Gewissen nit nur einmal, sondern wohl auch siebenmal, wie die Leviten um die Stadt Jericho, beicht recht, und vermäntle die Sach nit, wie die Rebekka, so ein Kitzlfleisch für ein Wildprät aufgetragen. Beicht[222] recht, und laß keine Todsünd aus, wie dann nur ein Amaleciter übergeblieben, und nachmals dieser schädlich genug gewesen. Beicht recht, und umschneid nit wie die Samaritanin, welche anfangs den Ehebruch Christo dem Herrn gelaugnet mit zweifelhaftigen Worten. Beicht recht, und thue die Sach mit dem Beichtvater ausdreschen, so gut als Gedeon das Treid in der Scheuer. Beicht recht, und gib deine Todsünden hervor, wie das Grab den tobten Lazarum. Beicht recht, und wirf dein Verbrechen aus, wie der Wallfisch den Propheten Jonam.

Margareth, eine Bäurin vom Dorf herein, geht am Portiunkula-Tag zur Beicht, approschirt mit beeden Ellenbogen so stark durch die Leut, daß sie gar bald zum Beichtstuhl gelangt, alldorten fängt sie folgender Gestalt an zu reden:

Pater, mein Mann ist nächst verwichener auf dem Jahrmarkt gewesen, unterwegs aber beim grünen Lindenwirth nit weit von Trunkelhausen, allwo die Kirchfarth ist bei den 14 Nothhelfern, hat er eingekehrt, und weil dazumalen eine so große Hitz war, wie dann unser Herr Pfarrherr vor 8 Tagen um einen Regen nach unser Frauen Berg einen Kreuzgang verkündet, also hat dem guten Mann der Wein sobald geschadet, daß er unterwegs eine halbe Stund von hier, gleich bei der alten Ziegelhütte, wo vor diesem das Siechhaus gestanden, gestolpert und gefallen, und sein Kleid, welches er vor einem halben Jahr neu angelegt, und die Elle 18 Groschen gekostet, dermassen übel zugerichtet, daß er über und über voller Koth, wessenthalben ich, mein Gott, wer soll nit ungeduldig[223] werden? ich bin halt auch nit von Eisen, ich, sprich ich, so ungeduldig worden, daß ich ihm ziemlich hart zugeredet, und Gott verzeih mirs, einen alten Schelmen geheißen etc.

O mein Margareth, dieß ist erst Numero eins, auf solche Weise werdet ihr länger beichten, als Noe die Arche gebauet, ihr bringt die Sach vor, mit unnöthigen Umständen, und gar zu großen Weitläufigkeiten; die heilige Schrift sagt, daß der Noe habe einen Rausch gehabt, setzt aber nit, daß er aus einer Kandel, oder Krug, oder Pitschen, oder Angster habe getrunken. In der heiligen Schrift stehet, daß Kain seinen Bruder Abel habe zu todt geschlagen, setzt aber nit, daß er solches gethan mit einer Hacke, oder mit einem Ohrlöffel, oder mit einem eichenen Tremel. Die hl. Schrift zeugt, daß Zachäus auf einen wilden Feigenbaum gestiegen, setzt aber nit, daß er eine Leiter gehabt, oder einen Stuhl, oder sey ihm einer Bock gestanden: Denn alle dergleichen Umständ thun nichts zu der Sach, also mein liebe Margareth hättet ihr das Meiste aus diesen hergebrachten Worten können auslassen, gestalten es gleicher gewest einem leeren Geschwätz, als einer rechten Beicht, diese muß zwar ganz seyn, aber keine Gans seyn, will sagen nit mit unnothwendigem Geschwätz vermischt, massen der Beichtvater anstatt Gottes sitzt, dem alle Ehr und Gebühr geziemet.

Es wäre allhier noch viel zu schreiben von der Beicht, von der Reu und Leid, von dem steifen Vorhaben, sich zu bessern, von der Genugthuung oder Verrichtung der Buß, so alle als nothwendige Stuck zu[224] der Beicht, erfordert werden, weil aber von dieser Materie in vielen andern Büchern so häufig geschrieben wird, also beziehe ich den günstigen Leser dahin, und setze nur etwas Weniges noch hiezu, wer nämlich das Bad müsse austrinken.

Wanns um und um kommt, so büßt endlich der Beichtvater ein, entweder bei Gott oder bei den Menschen, muß also er das Bad austrinken. Beim Schwemmteich zu Jerusalem war ein armer und elender Tropf, welcher 38 Jahr daselbst ganz hülflos gelegen, diesen aber hat unser Herr frisch und gesund gemacht, anbei aber befohlen, er soll sein Bett auf die Achsel nehmen und fortgehen. Wie solches die nasenwitzigen Hebräer und vornehmsten, Synagoger wahrgenommen, die gleich dazumal am Sabbath auf- und abspazierten, und mit ihren Bloder-Krösen daher prangten, schnarchten sie alsobald über diese Sache, fragten den Menschen, der so gesund worden, wer derjenige so indiskrete Geselle seye, der ihm, erst von so langwieriger Krankheit ausgestandenen, eine so schwere Last auferlegt? »Quis est iste, qui dixit, tolle grabatum tuum.«

O wie oft laufen solche Klagen über den Beichtvater! der muß nit selten das Bad austrinken, da heißt es, dem Pfaffen beichte ich mein Lebtag nit mehr, er hat mir auferlegt, ich soll am nächsten Freitag in Wasser und Brod fasten, auf solche Weise hätte ich alle Monat Quatember, er hat mir für eine Buß geben, ich soll etliche Tag um meine bloße Lenden ein rauhes Cilicium tragen, wann auch meine Haut vom Pfundleder wäre, so könnte ich solche Roßseide[225] nit erleiden. Er hat mir gesagt, ich soll eine gute Disciplin machen, und den bloßen Rücken eine Viertelstund mit der Geisel abdreschen, der Teixel hol einen solchen Flügenwedel, ich laß solchen den Fuhrleuten über, die mögen damit einen hohlen Weg schnalzen. Er hat mir befohlen, ich soll eine gewisse Gesellschaft meiden, er meint gewiß, ich soll mich gar lassen in eine Pastete einschlagen. Er hat mir die Würfel verboten, auf solche Manier muß ich nur mit Fleisch die Zeit vertreiben, weil er mir die Beiner verbietet. Er hat mir auferlegt, ich soll mit gebogenen Knieen einen ganzen Psalter beten, wann das wäre, so müßte ich alle Wochen um neue Strümpf nach Hamburg schicken. Er hat mir geschafft, ich soll einen Gulden Allmosen unter die Armen austheilen, wanns so weit kommt, so werden die Bettler von fremden Sünden reich, quis iste, qui dixit, tolle grabatum tuum.

Es ist zwar den Beichtvätern die Diskretion bestens anständig, und soll bei ihm die Gütigkeit das Vorgewicht haben, auch allemal mit unserm Herrn und Heiland sprechen: »Misereor super turbam, mich erbarmen die Leut.« Aber höre ein wenig, du ungeduldiges Beichtkind, der Priester, als ein geistlicher Arzt, weiß die Pflaster schon zu machen nach Art der Wunden, daß er dir eine Disciplin oder Cilicium auferlegt, ist die Ursache, damit dein muthwilliger Leib in etwas gezähmt werde; daß er dir die Karten und Würfel verboten, ist darum geschehen, damit dir fein die Gelegenheit zum Fluchen und Gotteslästern genommen werde; daß er dir ein Fasten auferlegt, ist[226] die Ursache, damit er dir Fraß und Füllerei abgewöhne etc. Und dann so erwäge anbei, daß vor diesem für eine Todtsünde etliche Jahr hindurch eine große harte Buß hat müssen verrichtet werden, betrachte desgleichen, daß die göttliche Justitz nit so weich und blöde sey, ob sie schon die ewige Straf wegen der Beicht in eine zeitliche verwandelt, daß sie solche zeitliche Straf gleich mit 3 Vater unser und Ave Maria lasse bezahlen, sondern sie pflegt in jener Welt mit langwierigen und erschrecklichen Tormenten und Qualen in dem Fegfeuer zu reinigen. Welches aber gedünkt dich leichter, ein Pfund Blei zu tragen, oder einen ganzen Berg? eine halbe Stund leiden, oder viele Jahr leiden? einen einigen Tropfen Gall schlicken, oder ein ganzes Meer voll Gall austrinken? einen einzigen Funken lassen auf die Hand fallen, oder in einem feurigen Ofen sitzen? von einer Mücke gestochen, oder von brüllenden Löwen zerrissen werden? Welches scheint dir geringer zu seyn, wenig leiden und kurz leiden, als viel leiden und lang leiden? so ist dann ja besser, allhier von dem Beichtvater einig auferlegte Buß verrichten, als in jener Welt von teuflischen Larven gepeiniget werden.

O wie oft muß auch ein Beichtvater bei Gott selbst das Bad austrinken, und wird samt dem Beichtkind zum Teufel fahren! Wehe denselbigen Beichtvätern, welche großen Herren die Fuchsfedern streichen, und ihnen nichts getrauen zu sagen, ja mit ihrem Stillschweigen dero Laster und große Verbrechen gleichsam versiegeln und bestätigen. Ein Beichtvater soll von Rechtswegen seyn wie jene 4 Thier, so der Prophet[227] Ezechiel gesehen, diese waren: ein Adler, ein Mensch, ein Ochs und ein Löw. Ein Adler soll er seyn, das ist, hochgelehrt, scharfsichtig, wohlgestudirt, stattlich belesen, ein guter Kassist und kein Kasualist, ein unverständiger und ungelehrter Beichtvater, dessen Hirn beschaffen wie das Stroh, worin die Rachel ihre Götzen verborgen, stürzt sich und das Beichtkind in das ewige Verderben, und leider! haben solche einfältige Pfaußner, welche eine ganze Zeit, wie die Brodsitzer in ihrem hölzernen Kabinet, mehr Zulauf, als gute und hochverständige Männer. Ein Beichtvater muß auch seyn ein Mensch, das ist, er muß wissen ein Mitleid zu tragen mit dem Sünder, so viel es möglich ist, die Wunden heilen mit Pflastern, und nit mit Schneiden und Brennen, man trifft wohl einige Vilshofer an, welche so mit rauhen Worten gegen das Beichtkind verfahren, daß sie ihm alle Lust benehmen zu fernerem Beichten, und folgsam nit glimpflicher umgehen mit dem Beichtkind, als im alten Testament der Priester mit dem Opfer, dem er allemal die Haut über den Kopf herabgezogen. Ein Beichtvater muß auch seyn ein Ochs, das ist, das Joch seines Amts geduldig ziehen, keine Mühe und Arbeit sparen, dem Sünder zu helfen, und dafern das Beichtkind vorhero etwan das Gewissen nit recht erforschet, demselben mit etlichen Fragen an die Hand gehen. Ein Beichtvater muß seyn ein Adler, ein Mensch, ein Ochs und endlich auch ein Löw, das ist, er muß niemand fürchten, nit anschauen die Person und dero hohen Stand, sondern dero Verbrechen, er muß sich getrauen, auch gekrönten Häuptern die Wahrheit zu sagen, und solche[228] so gut, als der Nathan dem David unter die Nase reiben. Wann er nit also beschaffen, so muß er das Bad austrinken, und muß er Rechenschaft geben wegen der Seel, so seinetwegen zu Grund gegangen. Dergleichen wohlbekannt jene erschreckliche Geschicht, so im Paedagogo Christiano weitläufig beschrieben wird, da nämlich die Teufel den Beichtvater und das Beichtkind auf einmal hinweggeführt, um, weil das Beichtkind ein großer Wucherer gewesen, der Beichtvater aber allemal das Kreuz darüber gemacht, mit 2 Vater unser von sich geschickt, von solchem Laster nit abgemahnet, sondern noch dessen Tafel genossen, und also mehr Acht gehabt auf gute Bissen als auf ein gutes Gewissen. Darum soll man sehr behutsam seyn in Erwählung eines Beichtvaters, ja sogar, nach Einrathung des hl. Franzisci Salesii, soll man aus zehntausend den besten ausklauben. Ins Bad, ins Bad! aber auch zu einem guten Bader, die Beicht ist das Bad, ein Pater der Bader, viel Glück ins Bad!

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 5, S. 172-229.
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