Judas der Erzschelm ist dem übermäßigen Essen und Trinken ergeben.

[107] Daß der Iscarioth ein heimlicher Mauser gewesen und in die Kasse des apostolischen Kollegii einen manchen ungültigen Griff gethan, ist nicht allein außer allem Zweifel, sondern sogar ein vorgestellter Glaubensartikel. Wohin er aber das entfremdete Geld augewendet habe, entstehen derenthalben bei den Lehrern unterschiedliche Meinungen, und seynd einige der Aussage, worunter forderist zu zählen mein hl. Vater Augustinus, daß Judas das gestohlene Geld habe seinem Weib und Kindern auch angehängt, welches leider! bei unsern Zeiten nicht gar ungemein; dann mancher in seinem Amt das Serve nequam spielet, damit er die Pracht seines Weibes und der Kinder ferners unterhalte. Andere und zwar die meisten halten dafür, als habe der schlimme Kerl mit der gemeinen Tafel nicht Vorlieb genommen, wie die andern[107] Apostel, sondern immerzu aus der Kasse nach Belieben einiges Geld abgetragen, und um dasselbe da und dort in heimlichen Winkeln gute Jausen angestellt, und seiner Wampe mit Essen und Trinken gar treulich abgewartet. Dießfalls hat Judas unzählbar viele Brüder und Schwestern, Sylvaria, Pontius, Turrebremata, Ludolphus.

Wir Vögel insgesamt, als von Gott und dem Himmel sehr gesegnetes Geflügelwerk führen eine Klag, man wird uns hoffentlich erhören.

Wir Tauben, die wir die große Ehre gehabt, daß eine aus uns von dem gerechten Altvater Noe eine Gesandtenstelle vertreten, und aus der Arche geschickt worden, auch das aufgetragene Negotium mit männiglichem Contento vollzogen. Wir Tauben, die wir die große Ehre vom Himmel gehabt, daß sogar die dritte Person in der Gottheit, benanntlich der hl. Geist, in unserer Gestalt ober dem Fluß Jordan erschienen, wir führen eine Klage. Wir Lerchen, die wir so gutthätig und ehrerbietig gewest, und dem seraphischen Franzisko, da er in seinem glückseligen Sterbstündel begriffen, in großer Anzahl ober seiner Zelle ganz lieblich musicirt, bis seine gebenedeite Seele zu Gott geflogen, wir führen eine Klage. Wir Treschel und Kronawetvögel, die wir so hülflich und barmherzig gewest, und den hl. Bischof Blasium in der Wüste, da er ohne einige Lebensmittel wegen der diokletianischen Verfolgung verborgen gelegen, eine ziemliche Zeit hindurch mit nothwendiger Speis versehen, wir führen eine Klage.

Wir Rebhühnl, die wir so gehorsam seynd gewest[108] dem hl. Nikola Tolentinati aus dem Augustiner-Eremitenorden, daß sogar eines aus uns völlig schon gebraten auf seinen Befehl wiederum von der Schüssel hinweg geflogen, wir führen eine Klage.

Wir Kapaunen und Hahnen, dis wir allezeit gut christlich gewest, und nicht allein einer aus uns dem Petro den ersten Hofprediger abgeben, als Christum verlaugnet, sondern auch in der vornehmen Stadt Bononien sowohl Petri als forderist Christi Ehre defendirt; dann wie daselbst ein bratener Hahn auf die Tafel tragen worden, und einer denselbigen zu viel Stücken zerschnitten, sich auch anbei hören lassen, daß Petrus diesen Hahn nicht mehr könne lebendig machen, ja wohl, sagte ein anderer, ja wohl Petrus, das wäre auch Christo unmöglich. Kaum daß sie diese gotteslästerlichen Worte ausgesprochen, da hupft der Hahn in die Höhe, spritzt diesen zwei vermessenen Gesellen mit der Suppe in daß Angesicht, wovon sowohl sie, als alle dero Nachkömmliche, Kinder und Kindeskinder ein erbliches Siechthum bekommen, wir führen eine Klage.

Wir Wildenten, die wir so kortes gewesen, und der hl. Aebtissin Brigittä zu Kildarn, auf ihr einiges Begehren, auf die Hand geflogen, und nicht mehr Wildenten, sondern heimlich worden, wie führen eine Klage.

Wir Hennen, die wir nicht die geringsten seynd unter dem Geflügelwerk, auch vor allen andern die übergebenedeite Mutter Gottes verehren, zumal eine aus uns in dem Herzogthum Bayern drei Meilen von der Haupt- und Residenzstadt München zwei Eier gelegt,[109] worauf das Bildnuß der seligsten Jungfrau mit einem Stern entworfen war, und der Zeit noch an selbem Ort, insgemein Täxa genannt, und ein Kloster der Augustiner-Barfüßer zu sehen, große Mirakel und Wunderwerke geschehen, wir führen eine Klage.

Wir Vögel insgesamt, sowohl große und kleine, führen eine billige Klag wider A einen SchlAmpen, wider E einen SchlEnkel, wider I einen SchlIffel, wider O einen SchOlderer, wider U einen SchUrken. Wer ist aber dieser? Wir Thiere auf Erden, die wir durch sondere Allmacht Gottes der Welt zum Nutzen erschaffen worden, führen eine gar billige Klage und seynd der gänzlichen Hoffnung und Zuversicht, man werde uns als in einer so gerechten Sache hören. Wir Ochsen, die wir in allweg bei dem Allmächtigen in sondern Gnaden gestanden, auch wie Gottessohn auf der Welt geboren, und seine arme Herberg genommen in dem Stall zu Bethlehem, da ist einer aus uns so weit kommen, daß er mit seinem warmen Athem den neugebornen Messias mußte den großen Frost und Kälte wenden. So wird auch bekannt seyn, daß der hl. Abt Jechinus einem seiner frommen Diener, Pastolia, befohlen, er soll die Küh melken, damit die Brüder eine gebührende Unterhaltung und Speise haben, die fromme Einfalt, Pastolius, ist zu allererst zu einem Ochsen kommen, welcher ihm (massen Gott die from me Einfalt nicht verachtet) so häufig Milch geben, als sonst sieben andere Kühe. Wir Ochsen führen eine Klage.

Wir Kühe, die wir sogar im alten Testament gewürdiget worden, den hl. Bundeskasten oder die[110] Arche des Herrn zu führen. So wird man auch in dem Leben des hl. Kadozi lesen, daß einer, welcher dem König Arthur drei Soldaten erschlagen, auf Fürbitte des besagten hl. Manns, für einen jeden Soldaten soll drei Küh geben, jedoch mit dem Beding, daß alle neun Kühe sollen gleichfarbig seyn, und zwar der vordere Theil des Leibs soll roth seyn, der hintere aber weiß, wo aber nehmen solche? Der hl. Kadozus erbarmet sich über den Thäter und Schuldner, läßt alsobald neun Kühe von unterschiedlichen Farben herbei treiben, und gibt alsobald durch das hl. Kreuzzeichen ihnen die verlangten Farben. Wir Kühe also führen eine Klage.

Wir Schaafe und Lämmer, die wir allezeit bei dem Allerhöchsten in großem Ansehen, ja sogar der eingeborne Sohn Gottes und Heiland der Welt durch den Mund seines hl. Vorläufers und Täufers Joannis wollte ein Lamm Gottes genannt werden. Ja es ist auch fast allen bewußt, daß der hl. seraphische Franziskus ein Lämmlein gehabt, welches schneeweiß an der Farb, und ihm alle massen angenehm, dieses hatte unter andern auch den löblichen Brauch, daß es alle mal in der Kirche, so oft man das höchste Gut aufgewandelt, auf seine Knie niedergefallen, und diesen seinen Schöpfer angebetet und verehret. Wir führen eine Klage.

Wir Säu und Schwein, ob wir schon einmal durch Zulassung Gottes die Teufel und höllischen Gäst für Innwohner gehabt, so haben wir doch anderwärtig ein Lob davon getragen, dessen Zeugnuß kann geben der heilige Martyrer Vicentius, dessen Heiligthümer[111] zu Ulyssiborä aufbehalten werden: Dann neben andern Wundern, so sich durch Hilf des besagten hl. Martyrers zugetragen, ist nicht das wenigste, was sich mit einem armen Weib ereignet, als solche von dem König 10 Ducaten bekommen, wormit sie ihren gefangenen Sohn möchte erlösen, selbige aber durch Unachtsamkeit verloren, da hat sie ihre eigne Zuflucht genommen zu dem heil. Vincentio, durch dessen Beihilf geschehen, daß ihr ein kleines Haus-Schwein alsobald entgegengeloffen, und die verlornen 10 Ducaten aus dem Maul fallen lassen. Wir führen auch eine Klag.

Wir Hirschen, die wir zweyundzwanzigmal in göttlicher heil. Schrift citirt werden, auch nicht nur einmal, sondern öfter zu Gottes-Diensten uns brauchen lassen, zumalen der heil. Aegidius, der heil. Eustachius, die heil. Genovefa mit Hirschen gemalt werden. Desgleichen hat in Ungarn nach erhaltener Victori den zweien Brüdern Uladislao und Geisa einer mit brennender Fackel auf der Stirne den Ort gezeigt, wo sie der Mutter Gottes die versprochene Kirche sollen bauen. Wir führen eine Klag.

Wir Hasen, die wir unter allen Thieren den Menschen den wenigsten Schaden zufügen, ja auch vielfältig von Gott und seinen Heiligen wunderbarlicher Weis vor unsern Feinden geschützt werden, wie es dann nicht nur einmal geschehen, daß dem heil. Bernardo, da er auf der Reis begriffen, die armen Häsel eilnds zugeloffen, wann sie von den Hunden verfolgt wurden, und ihre Zuflucht bei ihm genommen. Wir führen auch ein Klag.

Wir Gemsen, die wir in der größten Einöde unsere[112] Lebens-Mittel suchen, auch niemand sich wegen unserer beklagen kann, daß er Schaden von uns leide. Ja unserseits seynd wir mehr geneigt, dem Menschen zu helfen, als ihm die mindeste Unbild anzuthun, wie dann zu lesen in dem Leben eines heil. Einsiedlers, von dem Moschus c. 84 in Prat. Spirit. Meldung thut, als ein benachbarter Abt samt etlichen seinen Geistlichen wollte besagten Einsiedlers heil. Leib in seine Kirche transferiren, denselben aber viel Stund umsonst gesucht auf einem hohen Berg, da hat eine Gems mit den Füßen auf die Erde gescharrt, und die heiligen Reliquien offenbart. Wir führen ebenfalls eine billige Klag.

Ja wir alle Thier auf Erden klagen wider A. einen LAurn, wider E. einen LEcker, wider I. einen LImmel, wider O. einen LOtters-Gesellen, wider U. einen LUderer. Wer ist aber dieser?

Wir Fisch im Wasser, die wir durch sondere Freiheit der Vermaledeiung nie seynd unterworfen gewesen, ja unser lieber Herr hat mit uns nicht nur ein, sondern mehr Wunderwerk gewirkt, die da geschehen mit dem Wallfisch Jonä, mit dem Fisch Tobiä, mit dem Fisch Petri, mit denen Fischen, wormit er so viel Tausend gespeist. So ist auch schon oft und vielfältig von der Kanzel gepredigt worden, daß der wunderthätige Antonius Paduanus, weil die sauberen Arimineser das Wort Gottes von ihm anzuhören geweigert, wir anstatt deren im Wasser zusammengerott, und seiner apostolischen Predigt zugehört.

Wir Hechten, die wir alle Instrumente des Passions und Leidens Jesu Christi in Kopf tragen, und[113] unsern schnellen Gehorsam dem allmächtigen Gott in allweg erweisen, wie dann zu Prag bei den Prämonstratensern genugsam bekannt, daß einmal an einem Mittwoch der selige Mann Luhelius, zu selbiger Zeit noch Novitius in besagtem Kloster, bei dem Fisch-Teich spazieren und sich hören lassen, daß er denselbigen Tag so gern möchte fasten. Als solches die Umstehenden vernommen, sagten sie schimpfweis, dem Herrn wird Gott gleich mit Fischen aufwarten. Kaum daß solches geredt worden, da springt alsobald ein großer Hecht aus dem Teich heraus, und wirft sich dem Lohelio zu Füßen. Wir führen eine billige Klag.

Wir Sälbling, die wir unter die geringsten Fisch nicht sollen gezählt werden, und noch allemal in großen Ehren gestanden, wie dann von uns nicht ein geringes Lob ausspricht Henriquez, als er schriftlich vorträgt, daß einmal auf den Befehl des heil. Malachiä ist in einem Wasser gefischt worden, worinnen kein einiger Fisch sonsten gesehen, sobald aber gedachter heil. Mann hat lassen in dem Namen Gottes das Netz werfen, hat man alsobald zwölf schöne und große Sälblinge herausgezogen, wormit die Gäst, benanntlich drei fromme Bischöfe, seynd gespeist worden. Wir führen eine große Klag.

Sogar wir Häring, die wir durch die ganze Welt ausgeführt werden, und uns niemand mit Fug eines Unverstandes kann beschuldigen, zumalen wir mit Salz gar wohl versehen; so kann man uns auch keine Untugend vorrupfen, weil auch die heiligen Leut uns eine Ehr angethan, gestalten in dem Leben des heil. Thomä von Aquin gemeldt wird, daß besagter englischer[114] Doktor in seiner schweren Krankheit von den Medicis befragt worden, ob er etwan nicht einen Lust hätte zu einer Speis, worauf der heilige Mann geantwortet, daß er möchte einen frischen Häring essen, wie sie zu Paris verkauft werden; weil er aber dazu mal von dieser Stadt weit entlegen, und nach Aussag des Medici selbst unmöglich, an diesem Ort dergleichen Fische zu finden, also hat besagter Arzt einen andern Fisch einkauft, welcher aber in seinen Händen wunderbarlich in einen Häring verändert worden. Wir Häring gleichfalls beklagen uns nicht wenig.

Wir Karpfen, die wir die bekanntesten Fisch in Deutschland, und unsere meinste Residenz haben im berühmten Königreich Böheim, auch noch allemal in den Augen Gotes wohl angesehen gewesen seyn, wie dann unser einer aus dem berühmten Elbfluß die Kirchenschlüssel dem heil. Bischof Bennoni wiederum gebracht hat. Wir beklagen uns gleichfalls nicht wenig.

Wir Krebsen, die wir ebenfalls gar nicht zu verachten, zumalen wir in dem Zodiaco oder Himmelskreis auch einen Ort haben, desgleichen kann man uns nicht viel Uebels nachsagen; dann wann wir zuweilen jemand zwicken, geschieht solches darum, weil wir de Jure Naturali unser Leben defendiren. So wird der hunderte, der eine Scheer trägt, nicht so scrupulos und gewissenhaft seyn, wie wir. Zumalen einer aus uns das Kreuz samt der Bildnuß Christi, welches der wunderthätige Xaverius in das Meer geworfen, dessen Ungestüme hierdurch zu stillen, dem heiligen Mann wiederum eingehändiget. Wir beklagen uns so gut in andere.[115]

In Summa wir alle, die wir in dem Wasser leben und schweben, führen eine große Klag A. wider die DAlken. E. wider einen DElpel. I. wider ein D Illdapp. O. wider ein DOllhansen. U. wider ein DUmshirn. Wer ist aber dieser?

Dieser ists, sagen und klagen die Vögel in der Luft, dieser ist, sagen und klagen die Thier auf Erden, dieser ist, sagen und klagen die Fisch im Wasser, dieser ist, sagen und klagen die Frücht auf Erden, forderist der Weinstock. So beklagt sich dann auch der Weinstock? was dann?

Ich Weinstock samt meinen Reben, der ich keinem Gewächs auf Erden viel nachgib, ich, der ich im höchsten Ansehen bei der göttlichen Majestät bin gewest, und ferners noch hoffe in meinem guten Conzept zu verbleiben, ich, der ich zu dem höchsten Opfer des Altars erkiesen worden, und zu Kana Galiläa durch das erste Mirakul meiner ganzen Freundschaft die größte Ehr begegnet, ich klage gleichfalls nicht ein wenig wider diesen. Wer ist aber dieser?

Dieser allerseits beklagte Böswicht heißt Wampelius Zehrer, wohnhaft zu Schlemmerau, ein geborner Friesländer, verstehe hierdurch den Fraß und Füllerei, des Menschen seine unersättliche Wampen, zu dero dienen die Vögel in der Luft, die Fisch im Wasser, die Thier auf Erden, in Summa alles verzehrt wird zum höchsten Schaden und Nachtheil der Seelen.


Wampelius stiftet alles Uebel.


Post diem Jovis sequitur dies Veneris, gar recht, dann wann man gut jovialisch ißt und[116] trinkt, da ist Venus nicht weit davon: Essen und Vermessen seynd befreundt. Im ABC nach dem S folgt das T Teufel. Tafel und Teufel seynd die nächste Anverwandte, Bolus und Diabolus, die zwei nächsten Brüder, Speis und Gefäß seynd die vereinigtsten Kameraden, Venus und Vinum verstehen sich gar wohl miteinander, Bachus, der sonsten auch Pater Liber genannt wird, führt die Liberalität an der Hand. Gula und Geilheit sind gemeiniglich bei einander wie Feuer und Rauch. David, ein Mann nach dem Herzen Gottes, so stark, daß er auch die Löwen ums Leben gebracht, so künstlich, daß er auch mit der Zitter die Teufel hat zittern gemacht, so sanftmüthig, daß er auch des Sauls Uebelthaten mit Gutthaten vergolten, so hoch verständig, daß er ein Prophet und Poet zugleich gewesen, so geistreich, daß er im Tempel ein Exempel alles Eifers sich erzeigt, so gutherzig, daß er dem Jonathä Gut, Muth und Blut geschenkt. David heilig, wie er ein Hirt gewest, heilig wie er ein Musikus gewest, heilig wie er in Soldat gewest, heilig wie er ein König gewest, aber doch einmal grob, grob, grob, sein Lob, sein Prob verscherzt, ja gar ein Ehebrecher worden, aus einem Oberhaupt ein Haupt-Sünder worden, pfui! aus einem Helden eine Höll worden, pfui! aus einem Führer ein Verführer worden, pfui! wer ist doch Ursach dieses so großen, so schweren, so schändlichen, so schädlichen, so abscheulichen Falls? Wer? ich sags, ich klags, wer, niemand anderst, als der saubere Wampelius Zehrer von Schlemmerau, dieser nichtsnutzige Friesländer. Niemand anderst hat den David gestürzt, als sein[117] übermäßiges Essen und Trinken, nach welchem er die Bersabea ersehen, und nachmals sich so schwer versündiget. Daher er nachmals in seinen Psalmen so fleißig Gott den Herrn gebeten, er wolle ihn doch erledigen a Daemonio Meridiano, von dem Mittag-Teufel, welcher sich meistens anmeldet nach dem Mittagessen. Gewiß ist es, daß ein Mensch, wann er zwei Kapauner verzehrt, ein ganzes Bratschwein zu sich nimmt, einen kälbernen Schlegel zusammen raumt, zwei Dutzend Speck-Knödel in Magen wirft, vier Maaß Wein ausleeret, gewiß ist es, daß er nachmals viel leichter im Gewicht, als vor dem Essen, und solches verursachen die durch das Essen vermehrten Lebens-Geister und Spiritus Vitales. Rach dem Essen ist der Mensch leichter als zuvor, das ist wahr; aber nach dem Essen ist der Mensch auch leichtfertiger als zuvor, das ist auch wahr, und forderist, wann man den Esel überfüttern thut.

Wie unser lieber Herr nicht weit von der Stadt Gerasa kommen, da seynd ihm zwey besessene Personen entgegen gangen, deren eine ganz blutnackend, massen die bösen Feind nicht einen Faden an ihnen gelitten. Dieser zwei elenden Tropfen hat sich der Herr ebarmt, und alsobald den höllischen Innwohnern befohlen, sie sollen ohne weitern Verzug die Herberg raumen, worauf die Teufel den Herrn bittlich ersucht, er wolle sie doch nicht in die Hölle schicken, sondern freien Paß ertheilen, in die Heerd Schweine, so dazumal auf dem Feld ihre Weid suchten, und in der der Anzahl 2000 waren, unverhinderlich zu fahren, welches dann der Heiland verwilliget, sobald aber die[118] verdammten Geister in die Schwein kommen, haben selbige sich gleich in der Furie und Ungestüme in das galiläische Meer gestürzt und darin ersoffen.

Daß die Teufel in die Säu gefahren, ist dazumal geschehen, als der Herr Jesus ein und dreißig Jahr alt war den 22. Mai, aber dermal geschieht es fast alle Tag, daß die Teufel in die unmäßigen Säumägen fahren, und dieses seynd meistens die Unzuchtteufel, massen eine feiste Materie das Feuer leicht an sich ziehet, so weiß man auch, daß das Löffelkraut gern in feistem und feuchtem Grund wachse. Wie Moses sich so lang auf dem Berg aufgehalten, und nachgehends in dem Herabsteigen gesehen, daß das muthwillige Volk steif gessen und getrunken, da hat er sich nicht lang besonnen, sondern durch rechtmäßigen Zorn die Tafel, worauf die zehn Gebote geschrieben, auf die Erde und Felsen niedergeworfen, daß sie völlig zertrümmert! dann er gedachte, wo man frißt und sauft, da achte man die Gebote Gottes wenig. Ja es ist wohl zu merken, da besagtes Volk Israel, nachdem es die Wampen wohl angefüllt, gleich um das goldene Kalb herum gehupft; dann gemeiniglich nach dem Fressen und Saufen pflegt man auf Kälberart zu scherzen, wobei ein manches unbehutsame Gemüth auch die Ehre verscherzt; dann gewiß ist es, daß sich ein Schwein im ausgedörrten Koth nicht wälzt, wohl aber im nassen und feuchten. Hätte Luther die Kandel nicht so sehr geliebt, so wäre ihm die Kätherl nicht eingefallen. Die Lateiner nennen es ein Flußpapier, Cartam bibulam, das versoffene Papier, aber man sieht es ja, so oft dieses Papier[119] sauft, so oft macht es eine Sau, darum in dem Wort Saufen die erste Sylbe eine Sau. Die Lehre unsers Heilandes selbsten ist, wann der unreine Geist (merks wohl!) der unreine Geist, wann er vom Menschen ausfährt, so wandelt er durch dürre Orte, und sucht Ruhe und findet sie nicht etc. Siehe, in dürren Orten findet der unreine Geist keinen Platz noch Herberge. Im Dürren und durch Fasten und Abbruch ausgemerkleten Leuten findet der unreine Geist keine Wohnung, wohl aber in feisten, die Tag und Nacht die Wampen wie einen Pilgrams-Ranzen anfüllen. Wann sich Sodoma samt den andern Städten nicht alsowohl hätte traktiren lassen, so wäre es von Gott nicht also übel traktiret worden; dann der schändlichen Lasterthaten daselbst war niemand andere Ursach, als der frißländische Wampelius. Man sieht es in unserm werthen Deutschland, wann Essen und Trinken im geringen Preis, und alle Viktualien wohlfeil, daß auch anbei der Muthwillen im größten Schwunge sey, wann entgegen die Kuchl nicht raucht, so zündet sie das Venusfeuer wenig an. Mitten im Feuer, mitten in Flammen, mitten in Funken, mitten in der Glut, mitten im angezündeten Ofen zu Babylon waren die drey Knaben all Hitz befreit; nicht ein Faden, nicht ein Haar, ja wohl ein Haar wurde verletzt von dem Feuer. Wie kommts aber? Dahero: Diese drei Knaben haben vorhero gefaßt, haben sich der guten und kostbaren Bißlein, so von der königlichen Tafel kommen, ganz nichts geacht, dessentwegen [120] hat sie das Feuer verschont. Wer dem Fasten, der Mäßigkeit ergeben, hat nicht zu fürchten von dem baberlischen oder barbarischen Feuer, wohl aber, der mit dem Wolf in die Kost geht, wohl aber, wer nach dem Bären nach guten Bißlen trachtet, wohl aber, der mit der Katz nach dem Speck schnappet. Mir ist mit aller Wahrheit von einem jungen Bauerngesellen erzählt worden, welcher in einem Markt in Unterösterreich diesen lächerlichen Possen getrieben. Er ließ in dem Wirthshaus anfangs wohl auftragen, und nachdem die Kuchel das Ihrige gespendirt, sodann mußte der Keller nicht minder das Seinige thun, und zwar hat er so viele Gläser begehrt, als in dem Hause zu finden, wie ihm dann etliche und zwanzig auf den Tisch gesetzt worden, so er alle sauber, der unsaubere Saunarr, ausgeleert, jedoch mit dieser angehängten Historie oder vielmehr Komödie. Er gab einem jeden Glas einen gewissen Namen, er aber vertrat die Stelle seines Pflegers oder Verwalters. Wohlan, sagte er zum ersten Glas, Hans Obermayr, warum Schelm bist verwichenen Montag nicht die Robath kommen? (im Reich pflegt mans Scharwerk zu nennen) warum bist du so vermessen gewest? fort mit dir in Kotter hinein, und sauft hiemit das Glas aus. Er macht sich über das andere Glas, hui, sagt er, Lenz Kenzauer, warum hast du, leichtfertiger Vogel, nächsten das Holz nicht helfen dero Herrschaft führen? fort mit dir Kerl in Kotter hinein, es hilft nichts dafür, und sauft also das andere Glas aus. Zum dritten sprach er, nun Jörg Dulbinger, treffen wir einmal einander[121] an, wo hat dich der Henker gehabt, daß du nicht bist beim Heueinführen gewest? hä! fort, nur fort mit dir in Kotter ohne alle Barmherzigkeit, und stürzt also das dritte Glas aus. So sagt er zum vierten Glas, so mein Bärthel Nußkern, so willst du dich auch schon von der gemeinen Arbeit ausschraufen, du ehrvergessener Mauskopf, bist erst eine kurze Zeit bei der Herrschaft, fort mit dir über Hals und Bein in Kotter hinein, du sollst mir sobald nicht hinaus kommen, und leert also das vierte Glas aus. Es ist grad recht, sprach er zum fünften Glas, daß du mir, du sauberer Hiesel-Müller heut unter die Augen kommst, ich will dich lernen der Herrschaft Dienst verrichten, geschwind, geschwind, und sag nicht ein Wort, geschwind in Kotter mit dir, und sauft hiemit das fünfte aus. Ich hab mir wohl eingebildt, sagt er zum sechsten Glas, du bucklegter Flegel (es war ein untersetztes Glas oder Römerl), du wirst mir einmal ins Garn gehen, ich will dir einen Herrn zeigen, und wirst du mehrmal solche Händel anfangen, so schlag ich dich in Eisen und Band, vor dießmal in Kotter mit dir, trinkt das sechste Glas aus; Solchergestalten hat der schlimme Gesell etlich und zwanzig Gläser ausgesoffen. Der Kellner, so daselbst gegenwärtig, konnte sich nicht genug über diesen so lächerlichen Weinschlauch verwundern, wollt aber dieser Komödie auch von dem Seinigen etwas zusetzen, nimmt demnach ein Glas von der Tafel, welches der andere Zapf nicht vermerkt, und nachdem er selbes mit Essig eingefüllt, setzt ers ganz behutsam zu Ende der Tafel. Wie nun der obbenannte Schlemmer bereits alle in Kotter,[122] oder wohl gar ins Narren-Häusel geworfen, erblickt er erstbesagtes Glas, was ist das? sagt er, du liederlicher Tropf, du meinst gewiß, ich kenne dich nicht, du bist gewiß nicht der Lukas Droßler, du Schelm, weißt dich schuldig im Gewissen, weil du also von weitem stehest, gehe her Vogel, warum hast du schon zweimalen deine Ochsen lassen im Geschloß-Garten zu Schaden gehen? du bist nicht ein Haar besser als andere, fort mit dir in Kotter. Wie er nun das Glas fast halb ausgetrunken, indem es mit Essig angefüllet war, so setzt er ein wenig ab, und sagt, du Bärnhäuter magst noch saures Gesicht machen, so hilft doch nichts dafür, du willst oder willst nicht, so mußt du doch in Kotter hinein, trinkt also auch dieses aus. Wovon dann der unmässige Weinschlauch dergestalten bezecht worden, daß er von allem Verstand kommen, und kurzum, ja mit aller möglichen Gewalt, mit dem an der Wand lehnenden Mehl-Sack wollen tanzen, ja ihm gar die Ehe versprochen; weil er der Meinung gewest, es seye die Magd im Haus, so ihm anvor wohl bekannt. O Bestia! aus diesem folgt das Kandel und Antel nicht weit voneinander. Das Potare und Putana sich bald vergleichen, daß Weinbeer und Weiber einander wohl verstehen. Nachdem Holofernes sich mit Essen und Trinken wohl angeschoppt, da war sein einiger Gedanke die Judith, aber der Tanz ist nicht angangen, nachdem der Loth sich überweint, da seynd seine Töchter zu ihrem gewünschten Ziel gelangt; Fraß und Füllerei vergleicht sich so wenig mit der Keuschheit, als Luzifer mit dem Michael, als der Wolf mit dem Lämmel, als der Kothkäfer mit der Rose,[123] als der Storch mit der Schlange, als das Feuer mit dem Wasser, als der Stoß-Vogel mit der Taube, etc.


Was stift Wampelius noch mehr?


Der heil. Dominikus hatte einst in die Predigt unter seinen Zuhörern eine besessene Weibsperson, welche er nach vollendtem Wort Gottes von der satanischen Tyrannei erlediget. Sobald diese verdammte Larve von der armen Person gewichen, alsdann hatte sie neben andern Unflath eine große Menge der schwarzen Kohlen ausgeworfen.

Delrio schreibt von mehrern besessenen Leuten, welche da öfters aus dem Magen und Mund Eierschaalen, Büschel Haar, alte Hufnägel, Schuster-Ahlen, Glas-Scherben, alte Fetzen, und Lumpen sogar, salva venia, Roß-Feigen, Sau-Koth, und allerlei Unflath durch Wirkung des bösen Feinds, haben ausgeworfen. Bei den unmäßigen Sau-Mägen thut solche saubere Prob noch alle Tag der Freß- und Sauf-Teufel, durch dessen Wirkung die wilden Zech- Brüder allerlei unfläthige Wort und Sprüch von der ärgerlichen Gosche lassen fallen. Von dem reichen Prasser sagt die heil. Schrift, wie er durch einen Schlag oder Steck-Katharr des gähen Tods gestorben, und den geraden Weg zum Teufel gefahren, daß er nichts mehrers beklagt habe, als seine Zunge, auch derenthalben ein Memorial ablaufen lassen zu dem Abraham, er möchte doch dem Lazaro in seiner Schooß die Erlaubnuß geben, daß er ihm seine brennende Zunge nur mit ein wenig Wasser konnte erquicken. Gewiß ist es, daß erstgedachter Prasser nicht allein sich versündiget habe mit der Zung, sondern auch mit dem ganzen Leib: Sich versündiget mit den Augen, die er von dem armen[124] Bettler so unbarmherzig abgewendt: Sich versündiget mit den Ohren, in die nicht nur einmal, sondern öfters gehört das Wehklagen des elenden Tropfen, und sich dannoch hiedurch nicht erweichen lassen: Sich versündiget mit den Händen, in denen man Tag und Nacht fast nichts anders gesehen als Pokal und Gläser: sich versündiget mit Herzen, in welchem Niemand anderst residirte als Bachus und Venus; gleichwohl empfand er am ganzen Leib nicht so große Pein und Qual als auf der Zunge; so muß dann folgsam solche sich mehr, als der ganze übrige Leib versündiget haben? freilich, was dann, daran ist gar kein Zweifel; dann solche sich nicht allein stets und immer hat brauchen lassen zum Fressen und Saufen, sondern beinebens allerlei Schand- und Spott-Reden geführt, wodurch die Gäst erlustiget, Lagei und Aufwärter zum Gelächter bewegt worden.

Zu Venedig, schreibt Paciuchelli de mal. Consuet. ist auf eine Zeit ein Bauer, so dazumal was wenigs auf dem Markt verkauft, bei einem vornehmen Spezerei-Gewölb vorbei gangen, gählings aber in Ohnmacht zur Erde niedergesunken, und gleichsam alle Lebensgeister von ihm gewichen. Die Umstehenden thaten sich aus christlicher Lieb, wie billig, des armen Mannes erbarmen, und einer da, der andere dort mit wohlriechendem Wasser und kostbarem Balsam zu Hilf kommen: aber es folgte hierdurch die wenigste Besserung nicht, sondern es hatte das Ansehen, als wollte ihn der Lebensathem gänzlich verblassen; bis endlich sein Weib zu diesem Handel kommen, mit ihrem groben Fürtuch alle wohlriechende[125] Materie von der Nase und Schläfen wohl abgerieben, und nachmals ein frisches Saukoth (welches sich fast nicht reimt zu schreiben) ihm wohl um die Nase geschmiert, worvon sich der Bauer geschwind erholt, und bald mit dieser Verwunderung frisch und gesund aufgestanden, war also seiner Natur weit tauglicher der Gestank, als der gute Geruch.

Die Zechbrüder insgemein, samt allen denselbigen, so ihre Ergötzlichkeit suchen in Essen und Trinken, seynd meistens also genaturt, daß sie die einige Freud schöpfen an aller Unflath, dahero solche Schand-Reden führen, solche Spott-Wörter ausgießen, solches unfläthiges Gespräch halten, daß hiervon alle ehrlichen Ohren höchstens beleidiget werden. Wehe euch Wirthen und Gastgebern, wehe euch, die ihr eines verruchten Gewinnes halber dergleichen Laster zulasset! Wehe euch Eltern, die ihr bei dem Essen und Trinken auch dieses Saukonfekt bisweilen auftragt, worvon die unbehutsame Jugend, so wie ein Schwamm alles an sich zieht, ganz schleunig zum Verderben angeleitet wird.

Der apokalyptische Engel Joannes sah einmal in einem Gesicht folgende Begebenheit: Ich sah, spricht er, ein Thier aus dem Meer heraussteigen, das hatte sieben Köpf und zehen Hörner, und auf seinen Hörnern waren zehen Kronen, und auf seinen Köpfen waren Namen der Gotteslästerungen etc. Dieses erschreckliche Thier, laut heil. Schrift, handlet mit nichts anderst, als mit lauter Gotteslästerungen. Aber woher hatte es seinen Ursprung? Vom Meer. Das war ein nasser Ursprung. Bei dermalen elenden Zeiten[126] entspringen auch solche Bestien, ja bestialische Leut, voll mit Gotteslästerungen, aus der Nässe, zwar nicht vom Wasser, wohl aber vom Wein; dann wo melden sich mehrere gotteslästerige Zungen, als eben beim Saufen und Schlemmen?

Wie Christus der Herr als das unschuldigste Lamm durch der Hebräer unmenschliche Verfolgung zum Tod verurtheilt worden, da war eine löbliche Gewohnheit, so vom König Salomon eingeführt worden, daß man den zum Tod Condemnirten einen süßen und starken Wein zu trinken gegeben, auf daß sie die bevorstehende Straf und Leibs-Qual desto leichter ausstehen konnten. Dieses hat man auch an dem Herrn Jesu nicht ermanglen lassen, massen die frommen Matronen und das allezeit mitleidende Frauenzimmer sehr stattlichen Wein beigeschafft, dem Herrn Jesu von Nazareth zu einer Erquickung: aber die gottlosen Gesellen haben solchen besten Wein selbst ganz unmäßig ausgetrunken, und dem gebenedeiten Heiland einen andern Trunk mit Galle und Myrrhen zugerichtet, sie aber durch den starken Wein also berauscht worden, daß sie die ganze Nacht hindurch gesoffen, und anbei allerlei verruchte Lieder und Gesänger über Jesum von Nazareth gesungen, auch zugleich in alle erdenklichen Gotteslästerungen ausgebrochen, daß dieselbe Nacht dem gebenedeiten Heiland schmerzlicher gefallen, als die ganze Zeit seines Leidens.

In der vornehmen Stadt Löwen in Brabant hat auf eine Zeit ein sehr frommer und gottesfürchtiger Burger daselbst etliche Leut auf der Gasse angetroffen, welche alle mit weinenden Augen sehr großes[127] Mitleiden getragen gegen einen am ganzen Leib verwundten Menschen, so mitten unter ihnen gestanden, und als er befragt, welcher Böswicht ihm solches Uebel angethan? auch die Antwort vernommen, daß er solches gelitten von dreien jungen Bürschlein, so im nächstgelegenen Wirthshaus beim Saufen und Spielen stets Gott lästern und fluchen! also hat er sich unverweilt dahin begeben, und besagten Gesellen ihr unmenschliches Verfahren ernstlich vorgerupft, welches sie aber nicht allein geläugnet, sondern noch mit ihm zu ernenntem und allerseits verwundtem Menschen gangen, auch ihn befragt, ob dann sie ihm einiges Leid zugefügt? Wie er nun solches bejahet, ist er augenblicklich verschwunden: worüber diese ganz bußfertig in sich selbst gangen, und anbei erkennet, daß sie mit ihrem Gotteslästern den Heiland Jesum unter dem Saufen und Spielen auf ein neues gegeiselt und gemartert.

Joannes, mit dem Zunamen Faust, insgemein, der Doctor Faust genannt, sonst von Gundlingen gebürtig, der nun der ganzen Welt fast bekannt wegen seiner Zauberei und großen Pakt, den er mit dem bösen Feind gehabt. Dieser saubere Gesell hat seine Teufelskunst zu Krakau in Polen gelernet; dann zur selben Zeit wurde besagte schöne Kunst (scil.) daselbst öffentlich docirt. Wie dieser einmal ungefähr in ein Haus gerathen, allwo dazumal eine stattliche Mahlzeit war, und die gesamten Gäst bereits tief in die Kandel geschaut, dahero mit öfter wiederholten Bitten den Magister Faust ersucht, daß er ihnen zu einer Gnad etwas von seinen so berühmten Stücklen möchte sehen[128] lassen. Joannes auf so großes Verlangen wollte den nassen Burschen endlich solches nicht abschlagen, fragt aber zugleich, was ihnen möchte beliebig seyn? worauf die berauschten Gesellen einhellig begehrt, daß er ihnen anstatt des Confekts solle ganz frische Weinbeer aufsetzen, es war dazumal die rauhe Winterszeit. Der Faust verspricht dieses, jedoch mit diesem Beding, daß keiner ein Wort solle reden, bis er ihnen werde schlaffen die Weintrauben abzuschneiden; wofern aber einer das geringste Wort solle hören lassen, so möchte es seinen Hals gelten. Wie sie nun alle solches angelobt, da hat er diese bezechten Kerl dergestalten verblendt, daß einer vermeint, als stehe vor seiner der schönste Weinstock mit frischen und ganz zeitigen Trauben, worauf dann ein jeder das Messer ergriffen, und auf die Weintrauben gehalten, ganz begierig erwartend die Erlaubniß abzuschneiden. Da er sie eine Weil in dieser Verblendung gelassen, da hat er gemacht, daß alles augenblicklich verschwunden, ein jeder aber das Messer auf seiner Nase gehalten, daß, wofern er den Befehl nicht hätte gehalten, er sich selbst seinen Schmecker hätte abgestutzt. Das war eine Mahlzeit, wo bei einem Haar einem jeden wäre die Nase abgeschnitten worden, es wäre gewiß ein schädliches Schneiden gewest; aber doch die Nase abschneiden scheint nicht so schmerzlich, als die Ehr abschneiden, welches doch beim Essen und Trinken ganz gemein; dahero mein heil. Vater Augustinus, als er zu Hippone Bischof war, allezeit bei seiner Tafel, wo er speisen thäte, eine Tafel hangen gehabt, auf welcher[129] diese Wort mit großen leslichen Buchstaben geschrieben gewest:


Es soll und muß mein Tafel meiden,

Der andern will die Ehr abschneiden.


Unter andern Plagen, die Gott durch seine Diener Moses und Aaron dem hartnäckigen König Pharaoni zugefügt, war nicht die wenigste die Frösch, deren Menge so groß, daß kein Ort mehr noch Winkel im ganzen Königreich zu finden, wo diese Grün-Hösler nicht herumgehupft! absonderlich aber waren sie beim Essen und Trinken überlästig; dann kaum eine Schüssel aufgedeckt worden, da ist alsobald ein solcher Lackendrescher hineingesprungen: wann man den Löffel zum Maul gehalten, da ist unversehens ein solcher großmauliger Kapriolspringer darin gewest. Sonst pflegen diese Rohr-Hocker in Pfützen und Wässern ihre Residenz zu haben, aber dazumal bei der Tafel des Königs forderist. Der Mund-Becher war nicht sicher, daß nicht zuvor ein solcher Koth-Tanzer darin gebadet: anstatt der Tafel-Musik war dieses verdrießliche Acht, Acht, Acht: allen Diskurs und freundliche Gespräch verderbte dieses so überlästige Acht, Acht, Acht. Kaum daß Pharao ein Wort geredet, da zählten diese verdrießlichen Schmarotzer schon Acht, Acht, Acht, das war eine Plag über alle Plagen.

Aber sag mir einer, wo dermalen eine Mahlzeit, ein Traktament, ein Essen und Trinken, wo sich nicht dergleichen geschwätzige Frösch hören lassen. Sie schreien zwar nicht Acht, Acht; aber sie geben Acht auf eines Jeden Thun und Lassen. Man tranchirt nicht allein[130] die Speisen, sondern auch eines manchen ehrlichen Namen: man hält nicht allein den Löffel beim Stiel, sondern man stiehlt vielen auch darbei die Ehr; man ißt nicht allein Kapauner, sondern man schreit auch dabei zuweilen einen für einen Hahnrey aus; man hat nicht allein einen gebratenen Hasen auf dem Teller, sondern es muß noch dieser und jener ein Hasenherz und Letfeigen seyn; man trinkt nicht allein einen Rheinwein, sondern man sagt, diese und diese führe ein unreines Leben; man sauft nicht allein einen Luttenberger, sondern man zeigt noch diesen und jenen, daß er ein Luderberger sey. In Summa Convivium und Convitium, Essen und Ehrvergessen, Faß und Nefas sitzen bei einander, und wird man niemal frecher, als bei dem Becher.

Wo! wann? Wie ist der königliche Prinz Amnon ums Leben kommen? Ich antworte bei der stattlichen Mahlzeit die Absalon sein Herr Bruder auf einem großen Maierhof hat angestellt, und zwar diese Fresserei ist dazumal zugericht worden, wie Absalon seine Schaafe hat lassen scheeren; dann mit diesen Worten hat er ihre Majestät den König David selbst, als seinem gnädigsten Herrn Vater, eingeladen. Siehe, sprach er, man scheert die Schaafe deines Knechts, ich bitte, der König wolle mit seinen Knechten zu seinem Diener kommen. Das Schaafscheeren, und das Essen und Trinken war dazumal bei einander. Die Gäste haben sich lassen wohl geschehen, die armen Thierl haben müssen die Wolle lassen, man hat allerseits wohl gessen, aber die unschuldigen Lämmlein haben müssen ihre Wolle vergessen.[131] Man hat über und über wohl getrunken, und die armen Tropfen seynd um ihre Wolle kommen. Ein artliches Traktament, wobei Löffel, Messer und Gabel, auch die Scheer muß seyn. Das geschieht aber wohl öfter, wo man tapfer ißt und trinkt, daß zugleich die Unschuldigen müssen von der Scheer leiden, die ihnen zwar nicht die Wolle, welches noch zu erdulden wäre, sondern gar die Ehre abschneidet; da müssen alle verborgenen Unvollkommenheiten des Nächsten geoffenbaret werden, da müssen die Götzenbilder der Rachel hervor. Da macht man die kleinen Mängel großmächtig, da seynd die Leut im gelobten Land so große Riesen, daß sie andere fressen können, wie zu Josue Zeiten. Da legt man eine Sache übel aus, und muß der hinterlassene Mantel des Josephs ein Zeiger und Zeichen seyn des angemaßten Ehebruchs. Da muß mancher bescheidene Mann für einen lautern Narren gehalten werden, wie der Samson bei den Philistäern. Da muß manche für ein Etcaetera gehalten werden, gleich wie die keusche Judith von dem assyrischen Volk nicht anderst verargwohnt worden. Da wird das Allergeringste der Geistlichen und Religiosen auf die Bahn gebracht, und bleibt auch die Unterlassung der Händewaschung unter den Aposteln nicht unbeschnarcht. Da werden meistentheils die Zungen, forderist wann sie im Wein wohl eingebeizt seyn, in lauter bissige Schlangen verwandelt, wie vor diesem die Ruthen des Hohenpriesters Aaron im Angesichte des egyptischen Königs.

Ich wollte meines Theils die Saufer lieber Knöpfe als Rosen heißen, massen ihnen dieses Prädikat[132] bester Massen anständig, aber dermal will ich sie Rosen tituliren, nicht zwar zu ihrem eigenen Ruhm oder Glorie, sondern derenthalben Rosen, deßgleichen auch die Lilgen thun, weil die Rosen das Maul nie weiter aufreißen, als wann die warme Sonne scheint, also die Saufer, sobald sie von dem Wein erhitzt werden, sodann eröffnen sie die Goschen, und muß alles heraus, was sonst so bald nicht wäre an Tag kommen. Voll macht Leer. Wie ist das zu verstehen? der durch den Wein voll ist, der wird leicht das Herz ausleeren, und alle Geheimnusse offenbaren.

Der hl. Mönch Sylvester, der aber nicht allein, unser hl. Joannes a St. Fakundo, auch dieser nicht allein, der hl. Vater Benediktus, auch der nicht allein, der hl. seraphische Franziskus, dieser ebnermassen nicht allein, der hl. Abt Bernardus, auch solcher nicht allein, der hl. Dominikus, Stifter des Prediger-Ordens, auch selber nicht allein, der hl. Thomas von Aquin von besagtem Orden, auch dieser nicht allein, der hl. Franziskus de Paula, der gleichfalls nicht allein, der hl. Franziskus Xaverius, auch dieser nicht allein, mein hl. Kajetanus, auch eben dieser nicht allein, der hl. Joannes Dei, auch sogar dieser nicht allein, die hl. Theresia, Koleta, Juliana, Brigitta, diese gleichergestalten nicht allein, sondern noch viele andere Heilige haben die Gnade von Gott gehabt, daß sie die allergeheimsten Gedanken, die verborgensten Anschläge des Menschen gewußt und erkennt haben. Aber ich getraue mir gar oft, und zwar ohne Mirakel, womit meistens die hl. Leute operiren, ich getraue mir ohne übernatürliche Wunderwerke solches[133] zuwegen zu bringen. Lasse nur auftragen und nicht zetten, lasse nur einschenken und nicht schütten, lasse nur wacker trinken und nicht pausiren, sodann wirst du alles Heimliche an das Licht locken, alle Secreta ohne einigen Deckmantel vor dir liegen. Solches bestätiget der hl. Geist selbst in göttlicher Schrift: »Nullum Secretum est, ubi regnat ebrietas. Prov. 31. Wo die Trunkenheit regiert, da ist nichts Heimliches.«

In dem Herz des hl. antiochischen Patriarchen Ignatii hat man mit goldenen Buchstaben geschrieben gefunden den süßesten Namen Jesus. In dem Herzen der hl. Theresia hat man unterschiedliche hl. Geheimnisse gefunden. Etliche die Geißlung des Herrn Jesu, andere die Krönung des Heilands, diese die Kreuzigung Christi, jene seine glorreiche Urständ etc. In dem Herzen der hl. Klara de Monte Falconis aus dem Orden hat man sichtbarlich gesehen alle Instrumente und Waffen des Leidens Christi. In dem Herzen der hl. Magdalena de Pazzis hat man ganz wohl gezeichnet angetroffen das Wort Amor. In dem Herzen der hl. Gertrudis hat man eine Wunde gefunden, so von einem Strahl des gekreuzigten Jesu eingebrennt worden; aber bei allen besagten Heiligen hat man solches erst nach ihrem Tod und seligen Hintritt gefunden; entgegen aber durch den Wein kann man noch bei Lebszeiten sehen, finden, erfahren, was einer im Herzen trage. Nullum Secretum, ubi regnat ebrietas.

Hart war in die Arche Noe, in dieses großes Schiff zu kommen, massen es Gott der Herr selbst[134] verschlossen. Hart wäre der berühmte Held Josue in die rings herum verschlossene Stadt Jericho eingedrungen, wann nicht dero Ringmauern durch göttliche Hand wären umgestoßen worden. Jos. 6. Hart wäre der kühne Soldat Martinus Schenkius Anno 1588 in die stark versperrte Stadt Bonn eingedrungen, wann er nicht in die lererst erfundene Petarden oder starken Pulversack an das Thor gehängt hätte. Aber die Festung Herzburg, ob sie schon noch so stark verschanzt, und sogar mit beinernen Pallisaden umgeben, einzunehmen, braucht nicht so viel Gewalt, wenig Pulverunkosten; sondern anstatt der Petarden eine gute Flasche Wein, mit dieser wird Thür und Thor eingesprengt, und findet man alles, was darin verborgen.

Die Welschen nennen die Suppe Brodo, und bei den Lateinern heißt Prodo ich verrathe. Alles gar wohl, gieb nur Brodo, so wirst du das Prodo haben, wisch diesem oder jenem nur das Maul aus, und schmier ihm die Gurgel, da wird er alles verrathen.

O! wie oft ist dieses schon geschehen? O! wie oft geschieht es noch? O! wie oft wird es noch geschehen?

Ein zaundürrer Fuchs hat sich in eine wohl angefüllte Speiskammer hinein prakiziret, welches eine Maus daselbst wahrgenommen, und also nicht wollen Höflichkeit halber ihn zu grüßen unterlassen: Willkomm, sagt sie, willkomm, mein hochgeehrter Pelzkramer, wie treffen wir allhier einander an, erfreue mich seiner guten Gesundheit; aber wann ich darf fragen, sagt ferner die Maus, als ein arger Mauskopf, bitte um Vergebung, daß ich mich unterstehe[135] zu fragen, wie ist er in dieses Speisegewölbe herein kommen? Herein, antwortet der Fuchs, bin ich kommen durch ein gar enges Loch, vermittelst meiner Magrigkeit. Aber in was Geschäften just da herein? hat er etwa eine Kommission, sagt weiter die Maus, von dem ganzen Geflügelwerk und allen Hennen insgemein? O nein, widersetzte der Fuchs, ich hab mich einzig und allein hereingedrungen, damit ich mir eine Weile gute Täg möge anthun, und wiederum am Leib zunehmen. So, sagt die Maus, Adieu! dein Balg ist hin. Der Fuchs hat sich dergestalten mit Speisen angefüllt, daß ihm der Bauch aus einander gangen, wie eine aufgeblasene Sackpfeife. Als nun der Koch in dem Speisegewölbe den Hennendieb ertappt, wollte solcher unverzüglich durch das vorige enge Loch den Ausfall nehmen, konnte aber wegen der angeschoppten Wampe nicht, mußte demnach elend und ganz frühzeitig um seinen Balg kommen. In seiner Marter gedachte er noch an der Maus Prophezeiung, aber zu spät, erfuhr also mit höchstem Schaden, daß er länger gelebt hätte, wann er nicht das Wohlleben gesucht.

Es ist wahr und bleibt wahr, daß das unmäßige Essen und Trinken die meisten Menschen ins Grab befördere. Derjenige junge Gesell, dessen die Frau Mutter eine reiche wohlhabende Wittib gewest in der Stadt Naim, ist in den besten Jahren und blühendem Alter von dem Tod hingerissen worden, aber die Ursache seines so frühzeitigen Todes war sein liederliches Leben; weil er als ein einziger Sohn durch die zu große Uebersehung der Mutter einen[136] nichtsnutzigen Wandel geführt, nicht allein der dazumal frechen Magdalena muthwilliger Galan gewest, sondern noch mit andern nassen Burschen Tag und Nacht dem Luderleben obgelegen, und mit stetem Fressen und Saufen die Zeit anworden, welches dieses junge Blut, wie leicht geschehen kann, dergestalten erhitzt, daß er in ein großes Fieber gerathen, wovon er auch gestorben: nachmals aber in Ansehung der betrübten Mutter von dem Herrn Jesu zum Leben erwecket worden.

Gewiß ist es, daß durch die Bratspieße mehr erlegt worden, als durch den Degen; gewiß ist es, daß bei den Kuchelhäfen mehr zu Grund gehen, als in dem Meerhafen; gewiß ist es, daß bei den Pasteten mehr bleiben, als auf den Pasteien; gewiß ist es, daß der Krug mehr hinrichtet, als der Krieg; gewiß ist es, daß per Lances mehr umkommen, als per Lanceas; gewiß ist es, daß die meisten Todtengräber heißen Calixt und ihre Weiber Intemperantia.

Rebekka des Isaaks Weib, eine Tochter Bathuels des Syrers von Mesopotamia, Labans Schwester, durch sondere Gnad Gottes wird großen Leibes massen sie vorher unfruchtbar, gewesen; aber es ist ihr gar seltsam nachmals ergangen, dann sie hatte zwei Kinder im Leib, die machten ihr eins große mächtige Ungelegenheit; weil sie nämlich in dem Leib mit einander zankt und gerauft haben. Diese zwei waren Jakob und Esau. Beide eines besondern Humors.

Viele Leute lamentiren, sagen und klagen, daß sie so große Ungelegenheit haben, von dieser und jener[137] Krankheit, selten eine rechte, gerechte, gesunde Stund, Tag und Nacht das Auweh. Es ist alles wahr, es gibt fast unzählbare Krankheiten und Unpäßlichkeiten in der Welt, ja diese scheint fast ein allgemeines Spital zu seyn. Zu Jerusalem war ein Schwemmteich, worin zu gewissen Zeiten die Kranken und Presthaften wunderbarlich kurirt worden, bei diesem Schwemmteich war ein Gebäu mit fünf Porticus oder Schupfen. Wann man in Deutschland sollte ein Gebäu führen, worunter alle Kranke ihr Unterkommen sollten haben, so müßte nothwendig dieses Gebäu nicht nur mit fünf Schupfen, sondern wohl 5000 ja gar mit 5mal hundert tausend versehen seyn, massen eine unglaubliche Anzahl der Kranken.

Ein mancher sieht so gelb aus, als hätte ihn in ein Buchbinder in Pergament eingebunden: ein mancher hat so triefende Augen, daß bei ihm beim schönen Wetter das Dachtrauf gehet: Ein mancher hat ein so rothes Gesicht, daß ihm auch die Starn und Tröschel nachfliegen, der Meinung, als wachseten Vogelbeer auf ihm: Ein mancher hat so schwarze Zähne, als hätte er von Jugend auf lauter Kardebon gessen: ein mancher hat so krumme Finger, als hätte sich seine Mutter an einer Beiß-Zang ersehen; Ein mancher hat einen aufgeblähten Bauch, als wollte er zu seiner Zeit lauter Regiments-Trummel gebären: Ein mancher thut immerzu husten, als stecke ihm ein Jäger-Horn im Hals: Ein mancher hat so einen stinkenden Athem, als hätte er des Teufels Blasbalg geschlickt: Ein mancher besteht so elend auf den Füßen, daß auch diese Säulen kaum ein Stroh-Dach möchten[138] ertragen: Ein mancher zittert, als wollte er auf der großen Orgel zu Ulm den Tremeland spielen, Ein mancher klagt den Sand, als hätten seine Voreltern mit dem Volk Israel in Egypten müssen Ziegel brennen: Ein mancher klagt den Stein, und wünschet, es möchte mit ihm werden, wie mit dem Tempel zu Jerusalem, allwo kein Stein auf dem andern geblieben: Ein anderer hat den Schwindel dergestalten, daß er glaubt, wann er nur über ein Stiegel steigt, er müsse dem Stephans-Thurn zu Wien den Knopf aufsetzen: Ein anderer klagt den Magen, daß er ein schlechter Magister, etc. Aber woher rühren diese und jene andere dergleichen üble Leibs-Zuständ? Woher? Kübel, Echo übel. Verstehet mich? Vom übermäßigen Essen und Trinken. Gedenke nur, haben in dem Leib der Rebekka ihrer zwei, weil sie unterschiedlichen Humors, benannt Jakob und Esau, mit einander gezankt; was werden erst in deinem Leib, in welchem zuweilen zwanzigerlei Speisen, und eine jede fast eines andern Humors, anfangen und anheben? dort kann sich ein Rebhühnel mit dem Saufleisch nicht vergleichen, dort muß ja ein gesalzner Häring mit der süßen Dorte Händel anfangen, dort kann ja ein Eierkoch mit den Schnecken nicht übereins kommen, da kann ja das Bier mit dem Tyroler nicht gut Freund seyn, und solcher Zank und einheimischer Krieg kann nichts anderst als lauter Krankheiten ausbrüten: Eccl. 27. In multis enim escis erit infirmitas.

Was Menge des Volks Israel ist nicht geblieben in der Wüste, wie Moses selbst erzählt. Den Saumägen hat das kostbare Manna nicht geschmeckt,[139] sondern ihnen wässerten die Zähn nach den Melaunen, nach den Zwieflen, nach dem Knoblauch, so sie in Egypten alle Tag gehabt. Endlich kommt ihnen der viehische Appetit, daß sie auch Fleisch begehrt. Gott, der wohl öfter ein schädliches Begehren erhört, hat ihnen speckfeiste Wachtlen geschickt, welche sie gefangen, gerupft, gebraten, gessen, aber nicht verdauet, massen sie unter dem Essen seynd todt dahin gefallen, und alle in demselben Thal begraben worden, dahero Moses diesen Ort genennt hat Sepulchra concupiscentiae, Gräber der Begierlichkeiten.

Gehe du mir forderist in Deutschland auf alle Freudhöf und Gottesäcker, absonderlich zu Wien, besuche daselbst die Gräber, besuche die Grabsteine, lies die Grabschrift, so wirst du finden, daß sehr viel Sepulchra concupiscentiae heraus kommen. Warum ist dieser gestorben, und zählte kaum dreimal 10 in seinem Alter? tröst ihn Gott, er hat zu viel schweinen Fleisch gessen, und weisses Bier drein trunken, das hat ihm den Garaus gemacht. Warum dieser in besten Jahren hat müssen unter die Erde kommen? tröst ihn Gott, er hat zu viel ungarischen Wein getrunken, und von einem hitzigen Fieber überfallen worden, das hat ihm den Lebensfaden abgeschnitten. Warum ist dieser in blühender Jugend verwelkt? tröst ihn Gott, er hat hundert Austern gessen, und füßen Wein darein getrunken, das hat ihm den Rest geben. Warum ist dieser so bald heimgangen? tröst ihn Gott, er hat alle Tag gefruhstuckt, und das hat ihm zum Tod geholfen. In Summa fast allenthalben Sepulchra concupiscentiae, Gräber oder[140] Grabstätt der Begierlichkeit. Entgegen ist die Mäßigkeit eine Mutter der Gesundheit, und eine Verlängerung des Lebens, wie alt ist Adam worden? 930 Jahr. Das ist ein schönes Alter. Wie lang hat Seth gelebt? 807 Jahr. Das ist ein ehrliches Alter. Wie lang hat der Enoch gelebt? 905 Jahr. Das heißt eine schöne Zeit gelebt. Wie alt ist Kainam worden? 900 Jahr. Das ist eine lange Zeit. Wie lang ist Malaleel auf der Welt gewest? 890 Jahr. Das heißt gelebt. Wann ist dann der Noe gestorben? Im 905. Jahr. Das heißt gelebt, und diesem hat nie der Kopf wehe gethan, diese haben nie den Magen geklagt, diese haben nie einen Doktor gebraucht, diese haben um keine Apotheke gewußt, diese haben keine Ader gelassen. Warum? darum. Sie haben weder Gesottnes noch Gebratnes für eine Speis gehabt, sie haben weder Fisch noch Fleisch gessen, sie haben niemalen einen Rausch gehabt, sondern die Kräuter waren ihre Speis, das Wasser ihr Trank.

Zu Genua, in dieser schönen welschen Stadt, hat sich ein reicher Herr befunden, welcher aber neben allem seinem großen Vermögen niemal die gewünschte Gesundheit gehabt, und absonderlich war er in derselben Zunft, denen das verdrießliche Podagra die Glieder aus dem Angel hebt. Als erstgedachter reiche Handelsmann einst auf dem Meer sich befunden, ist er in das größte Unglück gerathen, daß er von den tripolitanischen Türken und Meerräubern gefangen worden, ja Jahr und Tag diese Gefangenschaft müssen ausstehen, bis die begehrte Rancion erfolget ist. Als er nun von solcher Sklavität zurückkommen, und zu[141] Genua auf dem Platz gleich einem jungen frischen Gesellen spazieren gangen, welcher doch zuvor meistens in einem Sessel, wie ein Taschenmesser zusammen gekrümmet, getragen worden, so hat solches fast jedermann, forderist die Bekannten, in große Verwunderung gezogen, also zwar, daß einige podagraische Krüppel ihn befragt, mit was Mittel er die überlästige Krankheit vertrieben, ja die meisten thäten ihn bittlich ersuchen, er wolle doch aus christlicher Liebe ihnen das Recept kommuniciren. Nachdem sich solcher anfänglich gestellt, als hätte er für besagten Zustand ein sonders Arkanum, hat er endlich selbes zu sondern Gnaden entdeckt. Ich, sagte er, habe nichts anderst gebraucht, als folgende drei Stuck, benanntlich alle Tag 24 Streich von einem Prügel, 2) um einen Kreuzer Brod, 3) ein Krügel Wasser, del resto niente, und sonst nichts. Dieses hat mir vom Podagra geholfen; dann solang er zu Haus die gute und wohlbesetzte Tafel genossen, solang hat er diesen unwerthen Gast bei sich gehabt; sobald er zu der obschon gezwungenen Mäßigkeit kommen, ist er dieser Last entladen worden. Worauf folgt, daß kein größerer und abgesagter Feind der Gesundheit seye, als der liederliche frißländische Wampelius Zehrer zu Schlemmerau.

Eine saubere Komödie hat der Adam angefangen im Paradeis in diesem irdischen Lustgarten, eine Komödie, die das ganze und gesammte menschliche Geschlecht in das Verderben gestürzt, eine Komödie, allwo drei Personen gespielt, nemlich Adam, Eva, der Teufel, aber anbei all unser Heil verspielt: eine Komödie, allwo zwar gewesen das allerschönste, und von göttlichen[142] Händen selbst verfertigte Theatrum, aber die Aktion war des Teufels, eine Komödie, die zwar nicht lang gewährt, aber der Schaden, so dadurch geschehen, währt lang genug: eine Komödie, die so viel gekost, daß auch sogar Gottes Sohn hat müssen daran zahlen: eine Komödie, welche der Satan zu unserm größten Nachtheil komponirt: eine Komödie, wo man nicht die Praemia, wie pflegt in den Schulen zu geschehen, unter die Jugend austheilt, sondern dabei das Praemium des ewigen Lebens entfremdet worden; diese Komödie war das comedi: dedit mihi de ligno et come, sagt Adam, Serpens decepit me, et comedi, sagte Eva, das war die saubere Komödie. Aber sehe Jemand, wann sich Adam nackend und blos erkennet? vor dem Essen nicht, wohl aber nach dem Essen, das ist wohl zu merken, daß das Essen den ersten Menschen entblößt.

Viel tausend, und tausend Menschen, wohl rechte Adams-Kinder, die seynd oft aller Mittel entblößt, kaum einen Fetzen, womit sie den elenden Leib in etwas verhüllen, allerseits bettelarm. Wie kommts? woher kommts? frag nicht lang, der saubere Wampelius bringts um das Ihrige. Das unnöthige Fressen und Saufen stürzt sie in die Armuth. Der verlorne Sohn, dieses muthwillige Bürschel, ist bei stattlichen Mitteln gewest, hat trutz einem Edelmann können leben, die Bedienten im Haus haben ihn ihr Gestreng gescholten, sein Hut prangte mit einem weißen Federbusch, das Kleid war von Sammet und Seide, ein Lagei, aufs wenigst einer folgte ihm auf dem Fuß nach, der beste Klepper im Stall war ihm allezit zu[143] Diensten, in Summa, als ein Galanthomo konnte er bei allen Gesellschaften erscheinen. Nachdem er aber in die Länder verreist, und um seinen Hofmeister, wann er doch einen gelitten, nicht viel gefragt, sondern in Frechheit gelebt, in Freuden gelebt, seine meiste Andacht in den Wirths-Häusern verricht, die verdächtlichen Weiber und beschreite Schlepp-Säck stets mit Fressen und Saufen ausgehalten, da hat angefangen der Beutel die Schwindsucht zu bekommen, da hat das Geld den Reißaus genommen, da seynd die Mittel nach einander verschwunden, und er ein solcher armer Narr worden, daß sein Kleid, wie Filogran-Arbeit durchbrochen, bei seinem Schuhen die großen Zehen zum Fenster hinausgeschaut, das Gesicht eingefallen, wie ein Bauern-Kreß, so aus der Stärk gangen, und er in einen so elenden Stand gerathen, daß er gewunschen bei den Schweinen mit einer kalten Schaale vor lieb zu nehmen. Luk. 15.

Hans Biberacher, du bist vorhero so wohl gestanden, Haus und Hof gehabt, der Vogel Habich hat bei dir ein stetes Nest gehabt, wie kommts, daß du anjetzo so miserabel und elend, und ohne Gelübd dem Mendicanten-Orden bist eingetreten? Ich bin, sagt er, in Unglück kommen, und zwar wie diejenigen Knaben, so den Propheten Elisäum haben ausgespott, diese haben die wilden Bären zerrissen, mich aber hat das Wirthshaus beim schwarzen Bären in der Vorstadt also zugericht. Das glaube ich.

Georg Schlickendorfer, du hast von deinen Eltern ein schönes Geld ererbt, bei deiner ersten Heyrath hast du gleichfalls einen guten Rogen gezogen,[144] was ist doch die Ursache, daß du in solche Armuth gerathen? bei dir ist anjetzo allezeit Quatember, deine Kinder sehen aus wie des Samsonis seine Dusäcken. (Ist ein dürrer Eselskinnbacken gewest.) Die Ursache ist diese, sagt er, mir ists gangen, wie dem Propheten Jonas, ihm hat die Sonne ausser der Stadt Ninive die Kürbisblätter ausgedörrt, ich aber bin durch das Wirthshaus bei der goldenen Sonn verdorben. Das glaub ich.

Michael Zechmayr, ich hab dich noch gekennt, wie du etliche 1000 fl. von deinem Herrn Vetter, als Pfarrer zu Sparrnbach, hast geerbt, und dazumal der Mond bei dir im Aufnehmen gewest, wie kommts, daß er jetzt schon im letzten Viertel? Du hast zwar noch gute Augen, und hast der Brillen noch gar nicht vonnöthen, aber du siehst gleichwohl nichts im Haus. Du und das Deinige ist beschaffen wie die philistäischen Treidfelder, welche der Samson in Asche gelegt. Da kommts her, sagt er, daher. Mir ist fast geschehen wie dem Mundbecken des Königs Pharao, ihm haben die Vögel das Brod aus dem Korb gefressen, mich aber hat das Wirthshaus beim Schwarzen Adler um das Meinige gebracht. Das glaub ich.

Job hat Gut verloren, hat Blut verloren, hat Rinder verloren, hat Kinder verloren, hat Schatz verloren, hat Platz verloren, sogar endlich auf den Misthaufen kommen, aber aus allen seinen Drangsalen und Widerwärtigkeiten mit denen ihn der böse Feind überladen, ist die größte gewest, wie er vernommen, daß das Haus, worin dazumal alle seine Kinder versammelt, sey durch einen gäh entstandenen Sturmwind zu Boden geworfen,[145] und folgsam alle Söhne und Töchter zu todt geschlagen. Es ist aber wohl in Acht zu nehmen, wann, und was Zeit, mit was Umständen das Haus zu Grund gangen, nämlich dazumal, wie diese Söhne und Töchter bei der Mahlzeit gesessen, wie sie steif gessen und getrunken, wie sie wohl auf und guter Dinge gewest, dazumal ist das Haus zu Grund gangen: Filiis tuis et filiabus, vescentibus et bibentibus etc.

Et seynd gar viel zu finden, die vorher bei den größten Mitteln gewest, auf allen Seiten genug gehabt, mit Geld und Geldeswerth überhäufig versehen gewest, und dannoch endlich zum Bettler worden. Zu Wien zählt man dieses Glifters nicht wenig, die von 20 und 30tausend Gulden in solche äußerste Schwindsucht der Mittel kommen, daß sie nachgehends haben müssen, wie andere arme Schlucker, bei den Klöstern die Suppe suchen. Aber wovon seynd sie in solches Verderben gerathen? rath nicht lang. Es ist ihnen geschehen wie den Kindern Job; weil sie Tag und Nacht gefressen und gesoffen, so ist ihnen Haus und Hof zu Grund gangen.

Wann zuweilen die Weiber ungefähr zusammen kommen, oder zu Wien auf dem Kohlmarkt einander antreffen, da fangt eine um die andere an wegen ihres Mannes zu klagen. O! meine Frau Margareth, sagt die erste, mein Mann und ich leben wie Hunde und Katzen; dann ich kann nicht, daß Gott seys geklagt, dazu schweigen, wann er gar alleweil im Wirthshaus mit andern Saufbrüdern ist, ich und die Kinder haben oftermal das Brod nicht zu essen, er verthut alles,[146] ich hab ihm erst nächst beim Tisch vorgeworfen, wie er zu Ende der Tafel noch zwei Maaß Wein ausgestochen, er soll doch seine Gesundheit in Obacht nehmen, der Magen sey schon geschlossen, und folgsam vom Saufen abstehen. So sagte er mir, er wisse gar wohl, daß der Magen geschlossen, ich soll ihm mit dergleichen Predigten nicht kommen. Wann dann, sagt ich darauf, der Magen schon geschlossen, wo kommt dann dieser Wein hin? O Närrin! gab er zur Antvort, (das ist mein Ordinari-Prädikat) Närrin, weil der Magen geschlossen, so rinnt dieser Wein beim Schlüsselloch hinein. Jetzt gedenkt nur, meine Frau, wie unser eins so hart hausen thut, wir haben nicht einmal den Hauszins bezahlt und Michaeli ist schon vor der Thür. Ach ja, sagt die Frau Margareth, andere Weiber klagen, daß ihre Männer so grob, das kann ich bei meiner Treu von meinem Manne nicht sagen, er ist wohl ein rechter Hofmann, aber ich danks dem Teufel, ein Hofmann ist er; dann er steckt eine ganze Zeit im Mätschackerhof, im Seizerhof, frißt und sauft, und ich muß zu Haus wirthschaften. Ich hab ihm so schöne Sachen zubracht, aber es ist schon alles hin, es seynd mir Schüssel und Teller nicht sicher, daß er sie nicht versetzt, was er die ganze Woche gewinnt, das versauft er, und verfrißt es wieder am Sonntag; wann er mich gleichwohl auch zuweilen thät mitnehmen, so thät ich ihms so sehr nicht für Uebel haben, unser eins ist halt auch nicht von Wasserburg gebürtig.

Des Menschen Gurgel hat eine enge Straße, und jagt oft mancher Haus und Hof dadurch, und[147] solches absonderlich unter den Deutschen. Wie unser lieber Herr unweit dem tiberischen Meer fünf tausend Mann mit fünf Gerstenbrod und zwei Fisch wunderbarlich gespeist und gesättiget, also zwar, daß von dem übergebliebenen Brod noch zwölf Körbe angefüllt worden, massen einem jeden das Brod in den Händen gewachsen; dazumal war Jesus 32 Jahr, 3 Monat und 12 Tage alt. Solches Wunderwerk ist geschehen den 13. April, zu Rom bei S. Gioan. Laterano wird etwas von diesem Brod und Fisch sehr ehrerbietig aufbehalten. Orat. delle 7. chiese. Wie dazumal unser Herr so viel 1000 wunderbarlicher Weise gesättiget, so liest man doch nicht, daß er ihnen auch hätte einen Trunk dazu geben. Es beweisen wohl einige Scribenten, daß Christus dazumal auch aus einem harten Felsen habe zu Diensten des Volks eine klare Brunnenquelle erweckt, welches sehr muthmaßlich. Man kann hiedurch leicht erkennen, daß unter demselben Volk kein Deutscher gewesen sey, sondern lauter Galiläer; dann wann ein Deutscher bei diesem so wunderbarlichen Trakament sich hätte eingefunden, so hätte er wahrhaftig unsern lieben Herrn auch um einen Trunk Wein angesprochen, und ist wohl zu glauben, daß ihm solches der liebste Heiland nicht geweigert hätte; massen er in den Krügen zu Kana das Wasser in den besten rothen Wein verkehrt, allein die Unmäßigkeit und Ueberfluß des Weines wie auch der Speisen seynd Gott mißfällig, und diese hindern und mindern die Wirthschaft dergestalten, daß aus dem Wort Gula durch den Buchstabenwechsel ein Gaul wird, auf dem man spornstreich nach Bethlehem und[148] Leyden reisen thut. Ist demnach der saubere Wampelius, dieser frißländische Gesell, die meiste Ursache, daß man in die Armuth gerathe. Weil dann alles klagt wider den unmäßigen und verschwenderischen Wampelius von Schlemmerau, auch genugsame und wohlgegründete Proben vorhanden, so viele von ihm begangenen Lasterthaten und Unheil, daher besagter Böswicht, damit den Klägern hiedurch einige Satisfaktion geschehe, muß und soll zur gebührenden Strafe gezogen werden, und zwar erstlich soll er, Wampelius, hinfüran allezeit Freitag und Samstag, deßgleichen auch an Vigilien und Quatember, wie auch forderist vom Aschermittwoch an bis auf den hl. Ostertag zum Fasten kondemnirt seyn, auch mit ihm auf keine Weise hierinfalls noch könne noch solle dispensirt werden, ausser der Zeit einiger Krankheit, allwo der Medikus und Beichtvater ein behutsames Urtheil sollen schöpfen, und wohl in Acht nehmen, damit ihr eigenes Gewissen nie einen Schiffbruch leide. Es soll oftgemeldter Wampelius wissen, daß das Fasten nicht eine neue und unlängst ausgebrachte Sache sey, sondern von Christus selbst und seiner gebenedeiten Mutter und Jungfrau schon längst zu unserm Exempel und Nachfolg observirt worden. Zumal aus dem Evangelium genugsam bekannt ist, was Gestalten der Herr und Heiland 40 ganzer Tage das strenge Fasten ohne einige Speise und Trank vollbracht. So weiß man auch, wie es sattsam bezeugt der hl. Vinzentius Ferr., daß der gebenedeite Jesus die ganze Zeit, da er auf Erden gewandelt, niemals habe Fleisch gessen, ausser des Osterlamms wegen des jüdischen Gesetzes, auch[149] die 33 Jahr auf Erden hat er niemals öfters als einmal im Tag eine Speise, und diese noch im geringen Maaß, zu sich genommen.

Von der seligsten Mutter Gottes Maria schreibt Gregor. Turon. l. 2. de Virg., daß sie von der Zeit an, als sie im Tempel aufgeopfert worden, niemals ihren allerunschuldigsten Leib habe ohne Cilicio gelassen, auch kein anderes Bett gebraucht als die bloße Erde und harte Bretter, gar oft etliche Tag ohne einige Speise verblieben. Von den Aposteln schreien und schreiben alle Bücher, wie sehr sie dem Fasten ergeben gewest.

Wann Gott dem Allmächtigen das Fasten nicht so angenehm wäre, so hätte er selbst nicht mit so vielen Mirakeln und Wunderwerken bestätiget. Durch das Fasten haben die Kinder Israel Viktorie und Sieg erhalten wider die Philistäer 3. Reg. 4. Durch das Fasten samt dem Gebet hat Judith die Stadt Bethuliam vom Feind erlöset. Jud. 8. Durch das Fasten hat Esther den Untergang des jüdischen Volks verhindert. Durch das Fasten haben die drei Knaben im babylonischen Ofen das Feuer gedämpft. Dan. 1. Durch das Fasten und Beten hat Anna von Gott dem Herrn einen Sohn erhalten. Durch das Fasten samt andern Bußwerken seynd die Niniviter bei Gott dem Herrn wiederum zu Gnaden kommen.

Wann Gott dem Herrn das Fasten der Menschen nicht wohlgefällig wäre, so hätte der hl. Eremit Konradus an einem Freitag einen schweinen Schinken nicht in einen Fisch verkehrt. Ferr. 19. Febr. So wäre dazumal, als sehr viele Bischöfe den kranken[150] und schwachen Karthäusern das Fleischessen eingerathen und solches von Gratianopel kommen lassen, das Fleisch nicht in allerlei Fisch mit höchster Verwunderung verwandelt worden. Hermanus Ch. Serm. 27. So hätte die selige Agnes Politiana in Gegenwart des Medikus und der meisten Klosterfrauen das aufgetragene Fleisch nicht können in Fisch verwandeln, damit sie nur ihr gewöhnliches Fasten nicht breche. Es hätte gleichmäßig der hl. Nikolaus de Tolentino aus meinem Orden, als er auf Befehl des P. Priors wegen großer Unpäßlichkeit ein gebratenes Rebhühnl sollte essen, nicht können mit dem bloßen Kreuzzeichen so viel wirken, daß der gebratene Vogel wäre wiederum davon geflogen, welches doch geschehen 16. Sept. Ferr.

In was großem Werth das Fasten sey, hat es auch mehrmal die seligste Mutter Gottes genugsam dargethan. In der Stadt Messina ist ein Jungfraukloster St. Franzisci-Ordens, welche in ihrem Tempel und Kirche ein sehr gnadenreiches und wunderthätiges Mariabild haben. Es ist aber dessen eigentliche Ursach und Ursprung gewest das Fasten; dann selbiges hat ein Bildhauer mit Joseph auf sondere Manier verfertiget, massen er in der Woche die Arbeit der besagten Statue nur zweimal unter die Händ genommen, benanntlich am Mittwoch und Freitag, aber allemal, so lang er in der Arbeit war, den selben Tag in Wasser und Brod gefast, wovon dann kommen, daß nit allein obbemeldtes Bildnuß Kunst halber das allerberühmteste worden, sondern kaum daß es auf den Altar gestellt, hat es[151] alsobald mit großen Wunderwerken, wie dann noch auf heutigen Tag geschieht, zu leuchten angefangen.

Joannes Gritsch neben andern Scribenten verfaßt eine wunderliche Geschichte, so sich mit einem verwegenen Mörder und Straßenräuber zugetragen, der viele Jahre in diesem verruchten Wandel verharret, indem allein glückselig, daß er ein frommes Weib gehabt, welche forderist der Andacht gegen die Mutter Gottes ergeben war, daher sie ihm möglichst eingerathen, weil er doch ein so sündhaftes Leben führe, er wolle wenigstens dieses eine gute Werk verrichten, und alle Samstag zu Ehren der seligsten Königin des Himmels fasten, welches er endlich auch gethan. Als er aber einmal ungefähr in eine Kirche getreten, da sieht er von dem ganzen Leibel des Jesukindlein häufiges Blut herunter rinnen in den Schooß Mariä, welches auch die Mutter nit genugsam konnte abtrocknen, woraaf er so keck, daß er gefragt, wer an allem diesen schuldig? auch bald die Antwort erhalten, daß er selbst der Thäter sey, und andere seines Gleichen große Sünder, die da alle gleich den Juden, ihren liebsten Sohn auf ein Neues kreuzigen. O Mutter der Barmherzigkeit! bitte für mich, sagte er, welches sie auch das dritte Mal gethan, aber allemal eine abschlägige Antwort erhalten, bis sie endlich vor ihrem gebenedeiten Sohn auf die Knie niedergefallen, und diesem lasterhaften Gesellen völlige Verzeihung seiner Sünden erhalten, worauf er in ein Kloster getreten, einen heiligen Wandel geführt, und folgsam ein seliges Ende genommen. Dieser konnte sein ganzes Heil niemand anders zumessen als dem Fasten.[152]

Wie verwerflich aber in den Augen Gottes sey derjenige, der nur seinem viehischen Schmer-Bauch abwart, und allen sinnlichen Anmuthungen den freien Zaum läßt, mit dem Esau um ein Linsenkoch, nach dem er so starken Appetit gehabt, keine Unkosten spart, des Magens all sein Suppliciren mit dem Fiat umscheidet, und mit einem Wort des frißländischen Wampelii guter Bruder ist, kann sattsam aus der Straf, welche Gott mehrmalen über dergleichen Menschen verhängt, abgenommen werden.

Bekannt ist jene Geschicht am 7. Kap. der Richter, was Gestalten der tapfere Kriegsheld Gedeon mit einer großen Mannschaft wider die Madianiter ins Feld gezogen, als aber aus Befehl Gottes unter diesem Kriegsheer ausgeblasen worden, daß, wer zaghaft und furchtsam ist, seinen Weg nur solle nach Haus neh men, da seynd gleichwohl dergleichen Lett-Feigen zweiundzwanzigtausend gezählt worden, die allesamt wieder zurückgekehrt, die überbliebnen zehntausend Mann mußten noch zur Prob geführt werden, und zwar zu einem Wasser, da hat Gott dem Gedeon als Oberhaupt anbefohlen, er solle diese zehntausend Mann, deren keiner einen Trunk werde weigern, aus diesem Wasser lassen trinken, aber anbei wohl in Acht nehmen diejenigen, so nur die Hand in das Wasser werden stoßen, und also aus der Hand sürpflen, die soll er auf eine Seite stellen, die sich aber auf den Bauch werden niederlegen, und mit dem Maul aus dem Fluß saufen, die soll er auf die andere Seite absondern: dieser seynd neuntausend und siebenhundert gewesen, und haben alle den Abschied bekommen, sie sollen hingehen,[153] wo sie seynd herkommen. Deren andern hat man nur dreihundert gezählt, mit denen nachmals der streitbare Gedeon den so stattlichen Sieg erhalten. Aus diesem erhellet klar, daß Gott dem Allmächtigen die Mäßigen angenehm seyn, die Unmäßigen aber verhaßt. Er verbiet nicht das Essen und Trinken, wohl aber das Fressen und Saufen; er leidet diejenigen gern, so die nothwendige Lebensnahrung mit Manier nehmen, er verwirft aber alle dieselbigen, welche ganz und gar nur der Wampen und Luder-Bauch Dienst leisten, und um das Fasten nichts wissen wollen.

Ich will dießfalls nicht beirücken, daß An. 1584 zwei deutsche Soldaten, so dazumal unter den Holländern gedient, ein Pakt gemacht in dem Wirthshaus, solang zu saufen, bis einem aus ihnen der Bauch zerschnelle, als sie aber in diesem nassen Streit zum besten begriffen, da hat der Teufel beiden den Haus umgetrieben.

Ich will nicht anziehen, was dem heiligmäßigen Kamillo de Bellis, diesem großen Diener Gottes begegnet; als dieser zu Rom zu einem Sterbenden berufen worden, hat er nicht allein mit allen seinen Ermahnungen nichts gefruchtet, sondern noch von dem elenden Menschen die Antwort bekommen, er fahre anjetzo zum Teufel, und solle ihm dessenthalben keine grauen Haar wachsen lassen. Dieses unglückseligen Menschen geführter Wandel war nichts anderst, als Tag und Nacht essen und trinken.

Neben tausend andern ist mir vor einem Jahr in Ober-Oestereich, da ich Reis' halber mußte in einem Wirthshaus die Einkehr nehmen, sowohl von dem[154] Wirth, als allem Hausgesind daselbst glaubwürdig erzählt worden, wie daß eben in besagtem Ort ein Jahr zuvor ein liederlicher Bürger die ganze Faßnacht hindurch im Wirthshaus verblieben, allda ein schlemmerisch Leben, und mehr als auf Vieh Art geführt, worvon ihn Niemand, massen er dazumal verwittibt war, abgemahnt, als der Wirth, so doch allem Ansehen und Muthmaßen nach seine Predigt nicht gar ernsthaft gewesen, weil dergleichen Leut nur nach dem Gewinn schnappen und tappen. Als nun der Aschermittwoch vorhanden, und er von seinem Bacchustempel noch nicht wollte weichen, vorgebend, das Fasten sey eine aufgebrachte Sach der Pfaffen, setzte freundlich hinzu, wann Petrus, der erste Pabst, wäre ein Fleischhacker oder Metzger gewesen, so hätte er auf keine Weis das Fasten eingesetzt; weil er aber ein Fischer war, so konnte er nicht anderst als ein Fasten erdenken, damit er eine Anwehrung haben möchte seiner Fische. Begehrte demnach der Luder-Gesell eine Bratwurst, oder sonst was vom Fleisch, so aber der Wirth in allweg geweigert und abgeschlagen, auch noch hierüber gedrohet, wann er mit Kraut und Häring nicht wollt Vorlieb nehmen, so wolle er ihm den Weg zeigen. Als nun diese anerbotne Fastenspeise aufgetragen worden, da schmutzte dieser verwegene Saumagen, und läßt sich hören, daß er so gut wolle Mirakuln machen als die Heiligen, und mit wenigen Ceremonien den Häring in ein Kapauner-Bügel verwandlen; macht demnach das Kreuzzeichen über diesen gesalznen Fisch mit dem Zusatz etlicher possirlicher Wort, und zieht beinebens ein Kapauner-Bügel aus dem Sack,[155] womit er den Abend zuvor sich proviantirt, legt selbes auf das Kraut, den Häring aber gräbt er unter das Kraut. Allo, sagt er, das Mirakul ist fertig (aber auch schon die Straf Gottes), wie er den ersten Bissen ins Maul gesteckt, da ist er alsobald Steintodt zurück über den Stuhl gefallen, das ganze Ingeweid s.v. bei dem hintern Leib heraus gesprungen, und einen so abscheulichen Gestank von sich geben, daß nach aller angewendten Säuberung einem gedunkt, als wäre noch was übriges von diesem Saubalsam. Das Ort wird derenthalben nicht offenbart, weil von diesem verruchten Luder-Sack eine Posterität und einige Freundschaft vorhanden. Jetzt gehe hin und verachte das Fasten.

O Fasten macht Fastidi, Fastidi macht die Fasten! sagt mancher, klagt mancher. Der junge Tobias reisete mit seinem Hündel und kam zu dem Fluß Tygris, und wie er daselbst wollte seine Füß waschen, da schwimmt, ja stößt gähling auf ihn zu ein großer Fisch mit aufgesperrtem Rachen, worüber er dergestalten erschrocken, daß er ganz erbleicht, und am ganzen Leib gezittert, auch zu dem Erzengel Raphael, so da gegenwärtig gewest, aufgeschrieen: Herr, er kommt auf mich zu, will mich fressen etc. Tob. 6.

O! wie viel und aber viel gibt es dergleichen Leut, die sich vor den Fischen fürchten, dem Beicht-Vater und dem Mediko zuschreien: die Fisch bringen mich ums Leben, sie können nicht fasten, der Magen erträgts nicht, die Natur thue sich vor den Fastenspeisen völlig entsetzen, so seyen ihnen auch die Mehlspeisen fatal, obschon Elisäus mit dem Mehl den bittern[156] Kraut-Topf der Propheten-Kinder versüßt, so sey aber ihr Magen keine Hafner-Arbeit, die Komplexion zu schwach, die Verdauung zu ring. In Summa, Fasten macht Fastidi, Fastidi macht Fasten. Endlich kann man den Beicht-Vater und Medikum mit dergleichen Wohlredenheit gar leicht bethören, und hinter das Licht führen. Aber was sagt hierzu das Gewissen? was redet das Gewissen mit dem Bauch?

Es hat können aus dem Orden des heil. Franzisci die selige Helena 3 Monat fasten ohne einige Speis und Trank. Es hat können aus dem Orden des heil. Franzisci de Paula die seligste Gratia de Valentia mehrmal 15 Tag aneinander fasten ohne einige Erquickung, und ist doch 91 Jahr nie krank gewest. Es hat können aus dem Orden des heil. Dominici die seligste Columba Perusina zwei hundert Tag das Jahr hindurch in Wasser und Brod fasten. Viel tausend dergleichen zarteste Weibsbilder, dero Zahl ein ganzes Buch anfüllen konnte, haben können fasten ganze Täg, ganze Wochen, ganze Monate, ja etliche ganze Jahr, und seynd dannoch beinebens in unvergleichlicher Gesundheit geblieben, ein hohes Alter erreicht, und du, und die, und diese sollen nicht können ohne Fleisch leben? das glaube, wers glauben will. Es werden Zweifelsohne wohl etliche blöde Mägen angetroffen, die fast sich des jüdischen Raths gebrauchen: Ducite eum caute. Diesen will ich dermalen das Fasten nicht aufbürden, weil sie sich weniger konnten darein schicken als David in den Harnisch des Sauls. Aber der mehristen Entschuldigung gründet sich auf den Einschlag und vermessenes Anbringen des[157] frißländischen Wampelii, dem hiemit an der Straf nichts solle nachgelassen werden, sondern es bleibt bei dem ersten Urtheil und Ausspruch.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 6, S. 107-158.
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