Allhier wird der jenige entdeckt / welcher die Wiennstatt / wie auch sonst andere Orth der Welt mit der Pestilentzischen Seuch angesteckt.

[287] Was die Pest seye / thun es mit reiffem Urthel die wolerfahrne Medici gnugsamb entörtern / sprechent /die Pest seye ein gifftige / ansteckende / tödtliche Kranckheit / von einer solchen gifftigen Materi herrührent / welche dem Hertzen durch auß vnd forderst zuwieder / alle dessen Lebens Geister vnd Kräfften vnversehens abzehret / wie nit weniger auch viel schantliche Zufäll vnd Nebens-Schwachheiten mit sich führet;

Worvon die Pest verursacht werde / beantworten es mehrmahl die[288] Artzney-Erfahrne / vnnd fügen es zweyerley Ursachen bey / tadlen entweder die Gestirn / daß diselbe mit ihren Influentzen vns mißgönnig / oder ropffen es den jrrdischen Elementen vor / daß sie mit ihren gifftigen Dämpffen vnd verfaulten Qualiteten vns solche Ubel schmieden; Ich lobe so weit der Medicorum Aussag / vnnd wolt der Zeit ihnen nicht gern einen Stein in den Garten werffen / allein ihr Wahr taugt mir auff meinen Marckt nicht / vnd ob ich schon mit dem Heil. Paulo nicht bin verzuckt worden in dritten Himmel / auch nicht in das Protocoll der göttlichen Geheimnuß eingeschaut / so weiß ich doch /daß diser gifftige Pfeil mehristen Theil von der Hand Gottes abgetruckt wird / wie dessen vielfältige Zeugnuß die göttliche Schrifft beylegt: Exod. 5. 9. Jerem. 14. 21. 24. 27. 29. 32. 34. 38. 42. 44. Ezech. 5. 6. 7. 33. 38. Levit. 26. Num. 14. Deut. 28. 2. Reg. 24. 3. Reg. 8. 1. [289] Para. 21. 2. Para. 6. 7. 20. Jerem. 21. 29. 37. Ezech. 5. 7. 12. 14. 28. etc. Auß welchem augenscheinlich kundbar vnd offenbar / daß die Pestilentz ein Ruthen seye / so die obere Hand Gottes flechtet; Allbekant ist / was dem David disem Israelitischen Monarchen begegnet / vmbwillen selber wieder den Willen Gottes das Volck gezehlt / vnd dardurch etwan einen eitelen Ehren-Kützel empfunden / daß ihn deßhalben GOtt gezüchtiget mit der Pestilentzischen Seuch / wordurch in drey Tagen von dañ biß gen Bersabea in die siebenzig tausend Männer verzehrt worden;

Meine Menschen / ihr gebt mir dißfals eine fügliche Anleitung / weitläuffiger von der schweren Hand Gottes zu schreiben / vnd ob ich zwar mit meiner geringen Lehr keine Bäumer würd außreissẽ / so traue ich doch wenigst den Baum zu zeigen / worvon Gott die Ruthẽ flechtet. Diser Baum ist die Sünd.[290]

Mich dunckt / ich sehe vor Augen einen Bachomium in der Wüsten / welcher allda zwischen den holen Stein-Klüfften seine Wohnung auffgeschlagen /so mehrist in vier krumpen Stützen sambt einem von zerrüttenen Gsträuß durchsichtigen Tachwerck bestehet / er aber nach vollzogenem eyffrigen Gebett / vnnd langwierigen Psalliren eine kleine Hand-Arbeit vor ihme / vnnd damit ihn die alte Schlang nicht feyrend ertappe / etliche rauche Decken von Bimbsen flechtend / sitze bey einem Felsen / auß dem die silberne Wasser-Adern herauß strudlen / welche durch ihren Christallinen Fall ein annehmliches Getöß verursachen / nebenst darbey auff den grünen Nastlen die liebe Wald-Vögerl / welche gar offt pleno Choro mit ihren natürlichen Trillern vnnd klarschallenden Halß-Flötel den Wald zu einer Singstuben verwandlen /auch[291] die lauffende Hirsch / die springende Dendl / die bockende Hasen / die schleichende Beern / die kriechende Taxen / die kirrende Schwein für stete Spießgesellen ohne Spieß / wil sagen ohne Schaden / bey sich vnd vmb sich siehet / welches alles ihme zu einer Ergetzligkeit dienet / absonderlich aber duncket mich / als spiele der gottseelige Waldbruder gar offt mit dem Echo oder Wiederhall / welcher ihme die klare Seuffzer gantz artlich wiederholet / Exempelweiß /der Heil. Eremit erhebt dise Stimm O barmhertziger JEsus! so wird alsobald der Echo vnd Wiederhall /diser leiblose Stimmfanger / dieser vnsichtbare Redner die Antwort gleich lautend wieder entgegen kehren / O barmhertziger JEsus! ist es Sach aber / daß etwan der fromme Einsidler von der arglistigen Höll- Schlangen gar zu hefftig angefochten wird / vnd schier auß Heil.[292] Ungedult auffschreyt / O du verruchter Teuffel! So glaube / daß der Echo seine vorige Heil. Sprach beyseits lege / vnd vnverzüglich auch wieder entgegen ruffe dise Wort / O du verruchter Teuffel! der Echo ist ein solcher angenehmer Leuth-Spöttler /daß er jederzeit einem danckt / wie man ihn empfangt / wer ihn schimpffet / Du bist ein Dieb / der ist ohnfehlbahr dises Gegen Titul gewärtig! wer ihme schmeichlet / Du bist mir lieb / dem wird er Sylbenweiß dise Zucker-Wort zu ruck werffen: Mit einem Wort / wie man sich gegen disem Echo haltet / so haltet er sich wieder.

Der ewige GOtt ist einem solchen Echo oder Wald-Stimm gantz ähnlich vnd gleich / dann es ist die vngefälschte Warheit / wie wir vns gegen GOtt zeigen / daß sich GOtt also gegen[293] vns zeige / Qualis appares Deo, talis oportet, ut appareat tibi Deus, sagt mein Heil. Ertz-Vatter AUGUSTINUS; verehrest du deinen GOtt / so verehrt dich GOtt hinwieder / vnd segnet dich sambt den deinigen; denckest du selten an GOtt / vnnd nisten dir die Welt Schnacken immer in deinem Hertzen / so denckt auch GOTT wenig an dich / vnnd muß folgsamb dein Glück verrosten; kehrest du Gott durch die Missethat den Rucken / so wendet auch der Höchste seine Augen von dir / vnd gestaltermassen muß all dein Heyl verschimplen; Halt das Maul / du Statt / du Land / du Königreich / es ist ein Frevel / wann du vorgiebest / es habe dich GOTT ohne Schuld verlassen / wisse / weil du gantz Gewissenloß durch so viel Unthaten GOtt vorder ist verlassen / daß er dich mit gleicher Müntz auß zahle / gedencke / daß der gerechtiste GOtt dißfalls gleiche einem Spiegel / so man[294] disem gläsernen Richter ein sauers Gesicht zeiget / so wird er dich wohl auch nicht freundlich anblicken; vnnd wie? Sollen wir GOTT beleydigen / vnd GOtt soll vns belohnen? Verblendter Mensch! probier es / vnd giebe acht auff den Wald Echo, ob derselbe auff die Stimm beleydigen /hinwieder setz die Sti belohnen? das wohl nicht;

Zu Santaremo in Portugall wehret auff den heutigen Tag nach folgendeß Wunderwerck; an demselben Orth wird mit absonderlicher Andacht verehret die Bildnuß vnsers Heylands / mit schönen kostbahren Christall bedeckt / worbey dises ewige Miracul zu finden / das gedachte Bildnuß in vnterschiedliche Gestalten sich verwandlet / vnd schauet es ein vnschuldiger vnd Jungfräulicher Jüngling an / so dunckt ihn dises Bild seye ein Contrafet Christi / als er zwölff Jahr alt[295] ware; Ist das ein vollko ner vnnd in Christlichen Wandel gerechtfertigter Mañ selbes ansiehet / so scheinet es ihm nicht anderst / als sehe er JEsum im dreyssigsten Jahr / da er angefangen zu lehren; Unterstehet sich aber jemand mit einer Todtsünd behafft dise Heil. Bildnuß zuschauen / so wird er hoch betheuren / es komme ihme JEsus vor in der Gestalt /wie er an dem Creutz gehangen / oder wie er kommen wird zu richten die Lebendigen vnd die Todten. Assiduo miraculo in pellucida Christallo visitur Christus, pro cujusque devotione, nunc puer tenellus, nunc duodecim annorum, nunc triginta, nunc crucifixus, nunc Judex rigidus: Cornel. à lap. in Exo. c. 28. Es zeiget sich nicht allein an disem Orth durch ein stetes Wunderwerck GOtt also / wie man sich gegen ihm zeigt / sondern in der gantzen weiten breiten Welt lasset der Himmel kein andere Manier[296] spüren; vnd erfahren es so wohl Ungerechte als Gerechte die genaue Urthel Gottes / wiewohl dieselbe nach der Ellen vnserer Werck gemessen seyn.

Einmahl zur rauchen Winter-Zeit / da der Erdboden mit weisser Decken überhüllt / die Bäumer wie die siebentzig jährige alte Tattel mit weissen Haaren überwachsen / die Hauß-Dächer vnter sich mit langen Spitzen verbrambt / das ist / mit durchsichtigen Eyßzapffen / die klare Bächl durch die übermessige Kälte wie ein Christall erhartet / die Wasel vnd Grasel mit gleicher Liberey bekleydet / die Fustapffen so wohl deß Wolffs als deß Wolffgangs verrathen / da die Stauden mit Schneeflocken bedecket / als wolten sie den Mayen Blüh halber trutzen; zu einer solchen Zeit / da man die Händ in Busen steckt / wollte die Edlschöne Princessin deß Königs Herodis sich mit einer Jagt erlustigen / vnd in solcher Weidmannischer Unruhe[297] ihre Freud suchen / zu solchem End fahrt sie auß mit einer ordentlicher Begleitschafft / vnnd weil man den Weeg muste über einen zugefrornen Fluß nehmen / also ist ihr in Unterthänigkeit eingerathen worden / daß sie solchen kurtzen Weeg möchte zu Fuß verrichten / es geschicht also / dise steigt ab / sie geht / sie schleifft / sie schlipffert / sie fallt / wordurch das Eyß / ist kein Wunder / ob solcher schweren Sünderin / eingebrochen / daß sie also mit dem blossen Kopff herauß geschaut / vnnd weilen sie mit den Füssen; in Willens ihr zu helffen / hin vnd her zappelte /hat ihr das scharpffe Eyß den Kopff wurtz abgeschnitten / vnd also die vndermuthe Henckers-Stell vertretten; O was Unglück! zu Hoff alsbald dise traurige Zeittung ankommen / erhebte sich ein vngewöhnliches Geschrey vnd lamentiren / vnter andern schlugen die Cammer-Jungfrauen ihre Händ ober dem Kopff zusammen / mit diser[298] so wohl kläglicher alsklagender Sti / wann es doch hätte sollen geschehen / daß dise wunderschöne Princessin in den blüenden Jahren hätte sollen verwelcken / wann es gleichwohl auff solche Weiß der Todt nicht hätte angetast! O ihr lappische Cammer-Brut! ziehet ein wenig eure gekrauste Haarlocken auff die Seiten / damit ihr könnet recht in die Höhe schauen / vnd die gebillichte Urtel Gottes ansehen / daß nemblich GOtt mit gleicher Müntz bezahle / Judicium Dei nostris actionibus assimilatur; Dise Princessin hat durch Hupffen vnd Tantzen dem Heil. Joanni das Haubt abgesprungen / also hat ihr rechtmessig durch Hupfen vnd Gumpen das Eyß den Kopff abgeschnitten / gleiche Müntz.

Wie du dich gegen Gott verhaltest / so verhalt sich GOtt gegen dir / bist du anjetzo so vermessen / daß du dem Nechsten seine Ehr abstimmelst ohne einige Ursach / vnnd ihme den guten[299] Nahmen als das edleste Kleynodt entfrembdest / nach zehen Jahren / wann du oder deine Kinder vnverhoffter Weiß den Leuthen in die Mäuler gerathest / vnd allerseits von solchen gifftigen Zungen-Wiesel angeblasen wirst / verwundere dich nicht / sondern dencke zuruck / so wirst du gar schön registrirter finden / daß dich GOTT mit gleicher Müntz bezahle;

Ich habe selbst einen gekennt / welcher sich öfftern gantz übermüthig vernehmen ließ / als sehe er lieber einen dickkräsenden Juden als einen Geistlichen /nach viel Jahren hat es sich begeben / daß solcher mit einer tödtlichen Kranckheit gähling überfallen / deßwegen der Diener gantz eylfertig nach einem gewissen Kloster muste lauffen vmb einen Beichtvatter / deme dann die geschwinde Antwort kommen / daß der Pater schleunig werde nachfolgen / der Pater samt seinem Gespan gehen hurtig auß / vnd ist ihnen die Wohnung obgedachten[300] Herrens so bekannt gewest /wie die Stephans Thumbkirchen allhier / nichts destoweniger / durch absonderliche Schickung Gottes seynd sie zwey gantzer Stund in der Statt durch alle Gassen herumb geirret / vnd als sie endlich das bekantiste Hauß erreicht / ist ihnen der Diener mit der traurigen Zeittung entgegen gangen / daß sein Herr gleich jetzt seye verschieden: O gleiche Müntz!

Ein manche Statt oder Land wird von dem gerechtisten GOtt mit einer gifftigen Pestilentz heimbgesucht / wordurch die Menschliche Leiber durch abscheuliche Drüssen / durch vergiffte Beulen / vnd Tüpeln /durch graußliche Geschwer elendiglich vergehen / O gütigster Gott! seufftzet mancher / warumb züchtigst du also? ein Erdbidmen ist auch ein Straff / ein Wassergieß ist auch ein Straff / ein allgemeine Feuers-Brunst ist auch ein Straff / Kriegs-Lauff ist auch ein[301] Straff / Vnfruchtbarkeit der Erden ist auch ein Straff /wie das nicht eine auß disen Ruthen dir ist in die Händ kommen? Ey du vnbesonner Mensch / es scheint / du habest eine so lange Gedächtnuß / daß sie ein halb Jähriges Kind möchte überspannen / wie offt hat man dir schon vorgesungen / daß GOtt mit gleicher Müntz bezahle; darumb wird manche Statt / ich rede endlich nicht von Wienn / ob zwar dises Orth gar kein Rosen ohne Dörner / ist mit Pestilentzischen Leibs-Geschweren / vnd gifftigen Beulen gezüchtiget / weil auch GOtt mit gailem Leib / mit Viehischen Leibs-Gelüsten ist beleydiget worden. Das Anno 1127. ein so grosse Pest durch gantz Europa grassiret / darvon schier der dritte Theil Menschen vnter die Erd kommen / sagt man / seye schuldig gewest die damahlige Zusa enkunfft Allhier wird der jenige entdeckt - welcher die Wiennstatt . vnd Allhier wird der jenige entdeckt - welcher die Wiennstatt in Allhier wird der jenige entdeckt - welcher die Wiennstatt . das Anno 1346. ein solche Pest erfolget / die schier alle[302] Länder außgekehrt / hat man die Schuld zugemessen gedachter zweyen Planeten Conjunction in Allhier wird der jenige entdeckt - welcher die Wiennstatt . Zu Zeiten Marci Antonij hat die Pest Griechenland / Babilonien / vnd Italien jämmerlich durchstrichen / vnd soll diß Vbel von der Zusammenkunfft S vnd Allhier wird der jenige entdeckt - welcher die Wiennstatt kommen seyn. Anno 1574. ist ein grosse Pest entstanden /vnnd haben müssen das Bad außtrincken Allhier wird der jenige entdeckt - welcher die Wiennstatt vnd Allhier wird der jenige entdeckt - welcher die Wiennstatt / weil sie sich mit P vnd S nicht recht könnten vergleichen: muß also gar offt die Conjunction eines langsamben Saturni, eines türmischen Martis, eines hochmüthigen Jovis, oder eines andern Planeten die Schuld tragen / als seye durch sie diß oder jenes Orth angesteckt worden / da vnderdessen der Planet Venus die Kuh gestohlen. Vnd wann endlich die Planeten vnd Elementen nicht vnschuldig / sonder in der Warheit ihre böse Würckungen solches Vbel schmiden /so seye du dannoch vergewist /[303] das alles dises vhrheblich der Sünd zuzueignen / welche auch die vernunfftlose Gstirn in Harnisch bringet.

Wie Christus der HErr / das Göttliche Lamb auff das Creutz genaglet worden / damahlen haben die Hebreer wohl vnser Glück an Nagl gehenckt; wie diser Geber vnd Uhrheber deß Lebens / Todts verblichen am Creutz / vnnd also durch den alten Schuld-Brieff deß Adams ein Creutz gemacht / alsbald hat sich die liebe Soñ verfinstert / vnd ist über den gantzen Erdboden ein allgemeine Finsternuß worden; etwann der Ursach halber / weil nach löblicher Gewohnheit wegen Absterben eines Verwandten man sich mit schwartzen Klag-Kleyd anziehet / vnd weilen Christus ein Sonn der Göttlichen Gerechtigkeit ware /also hat solches Himmels-Gstirn ebenmässig sich mit einem Trauer-Mantl wollen überhüllen.[304]

Ein anderer frommer Contemplant vermeinet / es seye die schöne Sonn also ob dem schmertzlichen Todt JEsu erschrocken / vnd solches Leyd darüber gefast / daß sie gantz erbleichet / vnd fast keiner Sonnen mehr gleich / ja gar etlich Stund gleichsam in Ohnmacht gelegen: Ich stimme dißfals dem gelehrten Tostato bey / vnd halte gäntzlich darvor / daß wie das strahlende Sonnenliecht hat gesehen / die vnmenschliche That der Hebreer / in dem sie den wahren Erschaffer gecreutziget / seye sie also darüber ergrimmet / daß sie ihr glantzendes Angesicht abgewend / als spreche sie / ihr gottlose Menschen / ihr seyd nicht wehrt / daß ich euch günstig anscheine / vnd anschaue / weil ihr Gottes Sohn getödtet.

So man die jährliche Calender durchblättert / so wird neben andern zu lesen seyn / wie daß die Planeten vns so mißgönnig / bald trohet der [305] Mercurius, bald siehet saur auß der Mars, bald zürnet die Sonn /bald pfnottet der Mond / vnd zeigen sich alle Planeten gegen vns feindlich / als wolten sie sagen / ihr sündige Menschen wundert euch desthalben nicht / daß wir euch so vngnädig / ihr seyd nicht wehrt / daß wir euch mit günstigen Influentzen begegnen / indem ihr täglich vnsern Schöpffer an das Creutz naglet / vnnd tödtet / welches Quoad causam wie August. vnnd Thomas Ang. lehren / jederzeit geschicht durch ein freywillige Todt-Sünd: Dahero wird auch am Jüngsten Tag der Monschein in der allgemeinen Aufferstehung glantzen wie die Sonn / die Soñ aber wird noch siebenmahl grössere Strahlen von sich werffen / als anjetzo / alle Planeten werden mit weit prächtigerem Schein auffziehen / als sie der Zeit pflegen / auß Ursach / weil zur selben Zeit die Sünden der Menschen sich werden enden / spricht[306] der Englische Lehrer mit Vatablo N.q. 91. a. 3. welches auch vermuthlich dazumahlen gewest ist / als die Sünd noch nicht außgebrüt; daß aber derzeit alle Himmels-Gestirn vns so schel anblicken / vnnd immerzu finstere Gesichter weisen / seynd die Ursach vnsere Sünd / westhalben sie vns also anfeinden: Omnia propter hominem facta, sunt ejus lapsu pejorata, & Sol & Luna in suo lumine minorata. Daß auch die Elementen von Tag zu Tag in ihrem Spendiren gegen vns gesparsamer seyn / ja fast allezeit einen verdrießlichen vnd schädlichen Streitt gegen vns führen / ist auch kein andere Ursach / als die Sünd.

Cain der erste Bauer / Cain autem erat Agricola, wor von vielleicht herrühret / daß alle Bauren Cain heissen / wenigst ist ihr allgemeine Klag / daß mans ziemlich keyen pflegt; Diser gottlose Mensch gantz eingenommen von dem Neid gegen seinem Bruder[307] Abel / beschliest bey ihme / demselben den Kehrauß zumachen / vnnd wie über alle Boßheiten die Politica ein Futeral muß abgeben / also hat auch er vnter dem Schein einer Freundligkeit den Abel gar brüderlich angeredt / Egrediamur in agrum, ob es ihme nicht beliebe / ein wenig auff das Feld zu spatziren; der fromme vnschuldige Bruder muthmasset nichts Ubels / bildet ihm gar nicht ein / daß sein Bruder soll mit Bernheuterzeug gefüttert seyn / gehet derohalben mit ihm hinauß / alldort / wie der Bößwicht seinen Forthl ersehen / schlagt er hinterwerts mit einem dicken Ohr-Löffel den vnschuldigen Abel zu todt / worüber alsobald das vnschuldige Blut Rach geschrien / vnd was noch mehr ist / schreibt der Heil. Ambrosius, daß an demselben Orth / wo diser blutige Bruder-Mordt vorbey gangen / habe sich der fruchtbare Acker augenblicklich in ödes Feld verwandlet / vnd nichts als Distel vnd[308] Unkraut getragẽ / gabe also dises nidere vnd in allweeg sonst gedultige Element zu verstehen / daß es wegen der Sünd dem Menschen nicht mehr möge nutzen. Propter scelus igitur hominum & ipsa Elementa damnantur. Amb. in lib. de Cain.

Wañ man an heut einen alten vnnd Eyßgrauen Bauren / der schon an statt deß Pflugs seine Arm mit der Krucken vnter stützet / solle befragen / was vor disem für Zeiten seynd gewest / so wird er sein Zahn-ödes Maul in alle weit auffreissen / vnd ein O dem Senff-Fassel Raiff nicht vngleich machen / O lieber Herr! Es seynd keine solche Jahr mehr wie vor disem / ich denck noch wohl / daß mein Acker in der Steinrey /hat mir zwey Muth Korn getragen / jetzt fexe ich kümmerlich sechs Metzen / vor disem hab ich ein Scheur angefüllt / daß jetzt vnser Edelman mit pochen wurde / nun ist alles nicht mehr wie vor Zeiten.[309]

So man einen alten Hauer / der Jahr vnd Haar halber den Kopff zur Erden senckt / als suche er ihm schon ein Grab auß / solle ihn die Frag stellen / was er der Zeit von dem Weingarten halte / so wird er noch wohl mit seiner rothen Nasen nasenwitzig genug antworten / daß keine Jahr mehr seyn / wie gewesen; vor Zeiten habe ihme ein Weingarten funfftzig Emmer getragen / in dem anjetzo kaum so viel gefext wird /daß zu einem Opffer-Wein für ein Dorff Capellen klecket / es seynd nicht mehr die vorige Zeiten: Ist wahr /wahr ists / der Acker ist nicht mehr so gut / auff dem Acker wachset das Trayd nicht mehr so gut / der Weingarten ist nicht mehr so gut / in dem Weingarten ist der Weinstock nicht mehr so gut / der Baum ist nit mehr so gut / auf dem Baum wachst der Apfel nicht mehr so gut / alles vnnd alles ist nicht mehr so fruchtbar / so gut / wie vor Zeiten / ist wahr / so wisse[310] aber auch / daß die Leuth nicht mehr so gut / die Sitten nicht mehr so gerecht / wie vor disem / die Elementen richten sich nach dem menschlichen Wandel / ist der schlim / so tantzen sie / wie wir pfeiffen / vnd seynd auch böß.

Schlag ein wenig die Bücher vmb / so wirst du mit Verwunderung lesen / daß vor alten Zeiten man da hier zu Wienn einen Tagwercker deß Tags mit einem Pfennig besoldet; man lieset in den alten Oesterreichischen Geschichten / daß die von Wienn einen Hertzog haben mit einem prächtigen Panquet empfangen /sambt einem lustigen Badt / wie es damahl die Gewohnheit / vnd sollen sich die Unkosten gar auff sechs Gulden erstreckt haben / welches zur selben Zeit eine absonderliche Summa war: ich habe ein vhraltes Buch auß der berühmten Kayserl. Bibliotec durch absonderliche Gnaden auff kurtze Zeit zu lesen erhalten / worinnen die Beschaffenheit vnsers[311] Klosters von dreyhundert Jahren her gantz deutlich entworffen / vnter andern ist mir denckwürdig vorkommen / daß in vnser Kayserl. Hoff- Kirchen vor disem ein Heil. Meß vmb drey Pfennig ist gelesen worden /ist aber dise Ursach / weil man dazumahl vmb drey Pfennig könte so viel Lebens-Mittl schaffen / was anjetzo ein halber Gulden kaum richtet / dann alles war zur selben Zeit gantz wolfeil / vnnd darumb alles so wolfeil / weil alles wohl gerathen / vnd nie oder selten ein fehl Jahr / darumb alles so wohl gerathen / weil die Himmels-Gestirn mit ihren Influentzen die Erden also begnadet / die Erde hinwider mit häuffiger Fruchtbarkeit geprangt / vnd alle Elementen mit absonderlicher Wohlgewogenheit auff deß Menschen Seiten gewest / warumb aber? damit ich alles außfische / waren dazumahl alle Elementen so favorabel? darumb / weil auch die Menschen besser waren.[312]

Dazumahl waren die Leuth viel frömmer / die Gerichter viel gewissenhaffter / die grosse Herren viel behutsamer / die Geistliche viel eyffriger / die Alte viel eingezogner / die Junge viel sittsamer / die Männer viel mässiger / die Weiber viel tugendsamer / die Töchter viel schamhafftiger / die Reiche viel freygebiger / die Arme viel gedultiger / der Edlmann viel demüthiger / der Baur viel redlicher / der Burger viel GOttsförchtiger / der Handwercksmann viel embsiger / der Dienstbott viel treuer / die Leuth viel Gottseeliger / vnd destwegen auch viel Glückseeliger: Das aber bey der Zeit ein Elend dem andern die Schnallen in die Händ reichet / ein Trübsall an der andern Kettenweiß hanget / ein Unglück das andere außbrütet /ja schier alles vmbgekehrt / vnd zu weilen der Winter dem Sommer in die Karten schaut / der Sommer[313] zu Zeiten dem Winter in das Handwerck greifft / der Frühling mit dem Herbst / der Herbst mit dem Frühling pochet; Kein Jahr ist mehr in den Zeiten / wie es soll seyn / sondern von oben / von vnten / vnd auff der Seyten nichts / als lauter Trübsall; ist aber Ursach / merckt mir diß wohl / Ursach alles diß Vbels / ist das Vbel / verstehe die Boßheit vnd Sünd jetziger verkehrter Welt: der du zu Wieñ bist / der du vmb Wienn bist / der du hundert Meil von Wienn bist / der du zu Callecuth bist / so offt dir etwas widriges begegnet /glaube es vest / das es wachse von der Wurtzel / die heist die Sünd / das es gebohren werde von der Mutter / so da ist die Sünd / das es geschnitzlet werde von dem Meister / welcher ist die Sünd: wer gibt freyen Paß allen Trübsalen in die Welt? Du Sünd; Wer schmidet dem blutigen Marti seine Waffen? Du Sünd; Wer wetzet den wilden Thieren[314] gegen vns ihre Zähnd; Du Sünd? wer veranlasset den Lufft / das er vns Schaden zufüge? Du Sünd; wer riglet die Erd / daß sie erbömet? Du Sünd; wer spohret das Feuer / das es vns brenne? Du Sünd; wer waltzet die Wellen / daß sie vns träncken? Du Sünd; wer spitzt den zaundürren Todt seine Pfeil? Du Sünd.

Rupertus Olkort schreibt was denckwürdigs / das nemblich in einer gewissen Provintz in Engelland sich habe einmahl gar ein fruchtbahres Jahr angelassen /vnd als das liebe Traidt schon gezeitiget / vnd gleichsamb die vnter sich geneigte Korn-Aehren die Sichel stillschweigend beruffen / sie sollen kommen vnd einschneiden; siehe / da haben sich vnverhofft ein vnzahlbahre Menge wilder Heuschrecken eingefunden / welche dergestalten die fruchtbahre Erden abgeätzt /das nicht ein[315] Körnl übrig gebliben / dise rauberische Heuschrecken thätten wohl männiglich erschröcken /vnd als deren etliche gefangen / vnnd gantz genau besichtiget worden / hat man vnter ihren Flügl wunderbarlicher Weiß dise Wort geschribner gelesen / Ira DEI Zorn Gottes.

Wir elende Adams-Kinder seynd gar offt wie die Wein-Trauben vnter der Preß / wie ein Rosen vnter den Dörner / wie ein Uhr mit dem schwären Gewicht /wie ein Bürckenbaum mit lauter Ruthen besteckt / wie ein Garten / in deme lauter Wermuth wachset / wie ein Meer-Vffer / so von stätten Wellen angestossen wird / vnd nistet vns fast allezeit das Unglück in das Hauß wie die Schwalben: In Affrica gibts viel Löwen / in India gibts viel Elephanten / in Palestina gibts viel Füchs / in Umbria gibts viel Wölff / in Pohlen gibts viel Beeren / vnd in Nordweegen gibts viel[316] Elend-Thier / ich zweiffle aber / so man es recht beym Liecht schaut / ob nicht bey vns Teutschen mehrer Elend anzutreffen / vnd so man nur den Armb zum Fenster hinauß strecket / so last sich schon ein Elend fangen / woher aber diß? Ist deine öfftere vernunfftlose Frag / ich Antwort dir mehrmahl / von der Sünd; nimb dir so viel Zeit / vnd besichtige wohl ein jedes vorlauffendes Elend / so wirst du gleichmässig auff dessen Rucken dise Wort lesen / Ira DEI Zorn Gottes:

Warumb ist Abimelech von der gifftigen Pest überfallen worden? Wegen der Sünd; Warumb ist Pharao mit so vielen Plagen gezüchtiget worden? Wegen der Sünd; Warumb seynd die Hœbreer von feurigen Schlangen gepeiniget worden? wegen der Sünd; Warumb ist Datan vnd Abiron von dem auffgesperrten Erd-Schlund erschlickt worden? Wegen der Sünd; Warumb ist Achan[317] von dem gesambten Volck versteiniget worden? Wegen der Sünd; Warumb ist Ozias mit dem gähling Todt übereilt worden? Wegen der Sünd; Warumb ist Heliodorus von dem Engel so scharpff gehalten worden? Wegen der Sünd; Warumb ist Absolon mit einer dreyfachen Lantzen durchstochen worden? Wegen der Sünd; Jenem müheseeligen Tropffen / der so viel Jahr als ein verlassener Krippl bey dem Schwemm-Teich zu Jerusalem kein anders Liedl stimbte / als das klägliche Awe / nachdem ihm der Göttliche Artzt die tausend gewünschte Gesundheit erstattet / must es ein heylsame Warnung seyn / Ecce sanus factus es, jam noli peccare, ne deterius tibi aliquid contingat, ›siehe du bist gesund worden /sündige hinführan nicht mehr / damit dir nit etwas ärgers widerfahre:‹ Auß welchem Sonnenklar erhellet /das die Kranckheiten vnd schwerliche Leibs-Zuständ[318] ursprünglich hersta en von der Sünd; Anno 170. zur Regierung Kaysers Marci Aurelij vnd Lucij Veri, hat in dem Römischem Reich ein vnerhörte Contagion grassiret / diß haben verursacht die Sünden / schreibt Baron. 7. n. 2. in eo ann. Anno 225. vnter Regierung Galli vnd Volusiani ist ein so grausame Pest eingefallen / das man die Todten Cörper nit mehr könnte zur Erden bestättigen / dahero ein jeder ihme selbst ein Gruben graben / vnd so er sich übel befunden / freywillig sich in dieselbe gelegt / sich der Gestalten selbst begraben / diß alles ist herkommen von der Sünd / schreibt Paulus Orosius lib. 7. c. 21. Anno 544. ist ein so reissende Pestilentz entstanden / daß diselbe fast den gantzen Erdboden durchsucht / vnd nicht ein Orth vnberührter gelassen / dises allgemeinen Elends ist kein andere Ursach erfunden worden /als die Sünd / schreibt Procopius lib. 2. de bell.[319] pers. Anno 1630. ist Italien sehr von der zehrenden Pest betrangt worden / dise hat niemand anderst angesteckt / als die Sünd / schreibt Paziuke. lect. 10. sup. Jon.

Anno 1679. hat die vornehme Statt Wienn in Oesterreich ein so starcke Pest außgestanden / daß wann man einen jeden hätte sollen in ein besonders Grab legen / vnd selbiges nach Christlichem Brauch mit einem Creutz bestecken / wäre hierzu fast ein halber Wald erfordert worden / wer weiß / ob dises Ubel nicht werde den gantzen teutschen Boden durchwandern / wie es sich schier anlasset / vnd soll? vnnd soll? vnd soll dise Ruthen nicht von der Sünd herrühren?

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Mercks Wienn. Das ist des wütenden Tods ein umbständige Beschreibung [...], Wienn: Peter paul Bivian; der Löbl, 1680 [Neudruck: Tübingen: Niemeyer, 1983, [Deutsche Neudrucke: Reihe Barock; 31], S. 287-320.
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