Die schwartzen Augen

[256] Wohin soll ich zu erst die Augen wenden/

Die mir zu einer Zeit zwey Sonnen blenden?

Wo soll ich erstlich hin/

Dieweil in meinem Sinn

Ich gantz entzücket bin/

Die Blicke senden?


Steht unter Steinen nicht der Demant oben?

Sein Feuer macht die dunckle Folge loben?

Der schwartzen Augen Zier

Wird billig auch von mir

Für allen andern hier

Mit Ruhm erhoben.


Laß Phöbus hohen Glantz den Himmel mahlen:

Mit tausend Sternen mag der Abend prahlen:

Der Augen lichte Nacht/

Mit welchen ihre Pracht

Amene kundbar macht/

Wirfft hellre Stralen.


Die Sonne kan allein den Leib beschwärtzen/

Bey Nachte scheinen nur die Himmels-Kertzen:

Durch dieser Augen Schein

Senckt sich dem Hertzen ein

Die angenehme Pein

Verliebter Schmertzen.[256]


Kan nicht ihr Blick von Hertz zu Hertze steigen?

Sie sind des edlen Sinns getreue Zeugen:

Was nicht der kluge Mund/

Der manchen Geist verwundt/

Mit reden machet kund/

Entdeckt ihr Schweigen.


Wer kan sich an so schönen Feinden rächen?

Ich bleibe stets bemüht ihr Lob zu sprechen/

Ob mir gleich ihre Pracht

Hat manche Pein gemacht/

Biß mir zu gutter Nacht

Die Augen brechen.


Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 1, S. 256-257.
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