Meiner

geliebten Schwester

Amalia v. Stein

geborne v. Seebach

freundlich gewidmet.[3]



Du hast, liebe Amalie, schon in früher Jugend so nachsichtsvoll mich und die bunten Seifenblasen ertragen, mit denen meine Fantasie zu spielen pflegte, und als uns das Schicksal im Lenz unserer Jahre trennte, und fern von Dir mir meinen Wohnplatz im Norden anwies, bist Du mir theilnehmend im Geiste gefolgt zur neuen Heimath, und hast mich fortgeliebt in den Erinnerungen der Vergangenheit, so wie in den Schöpfungen, durch die ich meine einsamen Stunden zu beleben suchte. Es hat Dich gefreut, wenn Du in Taschenbüchern und Zeitschriften den Namen, oder wenigstens die Arbeiten Deiner Schwester fandest, und so mittelmäßig sie auch vielleicht waren, schien es Deiner herzlichen Partheilichkeit für mich doch eine Gunst des Glücks zu seyn, daß ich – um mit Tasso zu reden – sagen und singen konnte, was ich dachte, und wie mir's um's Herz war.[5]

Dies schwesterliche Wohlwollen, nicht nur gegen mich, sondern auch gegen die schwachen Versuche meiner Feder, macht mich so kühn, diese Erzählungen, von welchen Du mehrere schon einzeln kennst, Dir jetzt gesammelt zu widmen. Nimm sie so freundlich auf, wie Du sonst so manchen Blumenstrauß von meiner Hand empfingst, den ich anspruchslos Dir pflückte, und laß den weiten Raum der zwischen uns liegt, nicht unsere Gemüther trennen, die in der Ehrfurcht für die Gräber, welche uns gemeinschaftlich heilig sind, ein neues, wiewohl sehr dunkles Band umschlingt, stark genug uns wechselseitig für's ganze Leben an einander zu knüpfen.


Im Februar 1821.


Charlotte v. A.

geb. v. S.[6]

Quelle:
Charlotte von Ahlefeld: Gesammelte Erzählungen. Schleswig 1822, Band 1, S. 3-7.
Lizenz:
Kategorien: