4. Scene.

[9] Vorige. Probst.


DIETRICH zu Erich. Gieb Acht, er wird von dem Schutzzoll herunter dingen wollen, aber er kommt umsonst –

PROBST. Gott zum Gruß, liebe Herren. Wie fügt sich's herrlich, daß ich euch also einträchtiglich beisammen finde, denn ich komme in schwerer Sache, in der guter Rath und Hilfe dringend Noth thut.

DIETRICH. Was giebt's, Herr Bürgermeister – sprecht.

PROBST. Liebe Herren, hat euer Scharfblick denn nicht schon selbst bemerkt, welch erschreckender Geist anitzt unter den armen Leuten Eingang findet?

LIBORIUS. Lieber Herr, wir sprachen soeben davon, und der Herr Graf meinte, an den Mauern unserer Burgen, Städte und Klöster möchten die bäuerischen Uebelthäter wohl ihre Häupter zerschellen –

PROBST. Ganz gut, wenn es nur wegen der[9] Feinde wäre, die von außen kommen. Aber mehr fürchte ich die innerhalb der Mauern selbst. Denn der gemeine Mann in den Städten, der Handwerker, die Dienstleute, sie sind gleichfalls schon angesteckt vom neumodischen Gifte umstürzlerischer Denkart. Jedweder Gesell will selbst Meister sein und nimmer gehorchen. Und ich fürchte, daß, wenn es zur Empörung kommt, die Bauern in unserer Städte Schooß selbst die Verräther finden werden, die ihnen die Thore öffnen. Es haben sich Glieder einer gar bösen Sekte, der Zwickauer Wiedertäufer, heimlich in unsere gute Stadt einzuschleichen gewußt, und diese verhetzen den gemeinen Mann, der ihnen willig nachläuft.

DIETRICH. Und trotz Allem und Allem behaupte ich: der treue deutsche Esel bleibt ruhig. Er schreit wohl Yah, er schlägt auch einmal aus, wenn's hoch kommt, aber er wirft nicht ab.

PROBST. Wie, liebe und günstige Herren, habt ihr denn nicht vernommen von den großen und schweren Kämpfen in allen Gauen Oberdeutschlands, und wie es dem hochedlen Truchseß von Waldburg nur mit vieler Mühe und Blutvergießen gelungen ist, der rebellischen Bauern Herr zu werden? Hunderte von Schlössern und Klöstern sind zerstört, Weinsberg liegt in Asche, der edle Graf Helfenstein ward im Angesicht seiner Familie jämmerlich umgebracht, und Tausende wüthender Bauern büßten dem Herrn Truchseß um sein Leben.

LIBORIUS. Hunderte von Klöstern in Asche? Weh, weh, wie wird es uns ergehen? Es nahen die Tage, von denen es heißt: sie gefallen uns nicht.


Quelle:
Conrad Alberti: Brot! Leipzig 1888, S. 9-10.
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