1. Scene.

[25] Pfeifer. Blinte. Engel. Hans. Reinhard.


BLINTE. Halt – das ist sein Schritt! – Nein, es geht vorüber – er ist es nicht. Noch nicht zurück! Vier Stunden weilt er jetzt bereits im Kloster und läßt uns hier harren wie Lakaien.

PFEIFER. Wüßte ich nur, was er Tag um Tag stundenlang bei den Pfaffen sucht.

BLINTE. Vielleicht, daß er fromm werden und in der Möglichkeit eines plötzlichen Todes seine unsterbliche Seele gerettet wissen will.

ENGEL. Nacht um Nacht sprechen bei ihm, wie die Wachen versichern, Vermummte vor, die nach einigen Stunden Aufenthalts das Haus wieder verlassen, und die Lampe in seinem Schlafgemach erlischt oft erst mit der Morgendämmerung.

BLINTE. Fragt man ihn darnach, so leugnet er's ab oder weicht aus.

PFEIFER. Bei Christi Leiden, dies heimliche Wesen will mir nicht gefallen. Stehen wir doch alle[25] zusammen wie ein Mann für dieselbe Sache. Sind doch Sorgen, Ziele, Anstrengungen, Gefahren uns allen gleich und gemein!

BLINTE. Weshalb dann also diese Zurückhaltung, diese Verweigerung jeder Auskunft? Freunde, wir wollen wissen, wie es mit uns steht – denn sehr oft ist solche Heimlichthuerei nur ein Deckmantel, um zu verbergen, daß man nichts zu sagen hat, und nur geschaffen, um sich ein Ansehen zu geben! –

REINHARD. ENGEL. Ja, ja, wir wollen Auskunft verlangen.

HANS. Aber, liebe Genossen, bedenkt –

BLINTE. Was bedenken! Zwölf Tage liegen wir nun hier bereits unthätig seit dem Farnroder Scharmützel. Nichts als Uebungen und wieder Waffenübungen. An allen Orten erheben sich unsere Feinde. Wir brennen alle vor Kampfgier, er aber ermattet uns.

PFEIFER. Das ist richtig.

HANS. Liebe Genossen, überheben wir uns nicht. Vertrauen wir uns ihm ohne Rückhalt an, er hat uns bewiesen, daß wir's dürfen.

REINHARD. Gewiß, gewiß! Aber wir, der neue Rath der Stadt, sind doch auch da, und haben sozusagen auch ein Wort mitzureden.

HANS. Wer weiß, über welch großen Entwürfen sein Geist brütet –

BLINTE. Ja ja, natürlich, oder – Freunde, darf ich offen reden? Ich möchte nicht auf die Studien und Arbeiten schwören, die hier in mitternächtlicher Abgeschlossenheit vorgenommen werden. Ihr wißt, Münzer ist ein glühender Verehrer weiblicher Schönheit. – Natürlich kann ich mich nicht für die Wahrheit verbürgen, doch sicher ist, daß man erzählt, es sei ihm nicht möglich, auch nur eine seiner gewaltigen, Alles in Brand setzenden Reden zu halten, ohne vorher die Liebe eines schönen Weibes genossen zu haben.[26]

HANS. Pfui, welche Verläumdung!

BLINTE. Natürlich, das glaub' ich ja selbst! Aber da ist die gräfliche Dirne noch immer hier im Lager –

PFEIFER. Horch, diesmal ist er's – ich höre ihn. Laßt mich mit ihm allein, ich werde ernstlich mit ihm reden. Diese Ungewißheit muß ein Ende nehmen. Engel, Blinte, Hans, Reinhard ab.


Quelle:
Conrad Alberti: Brot! Leipzig 1888, S. 25-27.
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