2. Scene.

[27] Pfeifer. Münzer.


MÜNZER. Gott zum Gruß, Heinrich! Schnell ein Glas Wein! Uff, da schwitzt man!

PFEIFER. Willkommen, Thomas! Schwere Arbeit gehabt?

MÜNZER. Beruhige dich, es ging Alles nach Wunsch.

PFEIFER. So – nun das ist erfreulich. Und ist's erlaubt zu fragen, was dich so in Schweiß versetzte?

MÜNZER. Noch nicht, Heinrich!

PFEIFER. Hast du schon etwas darüber beschlossen, wann wir marschiren?

MÜNZER. Nein!

PFEIFER. Und fürchtest du nicht, daß die Feinde uns zuvorkommen?

MÜNZER. Beunruhige dich darüber nicht.

PFEIFER für sich. So geht's nun einen Tag um den andern. Mir krampft sich die Seele zusammen. Laut. Höre, Thomas, glaubst du, daß ich darum meine Kapuze mit dem Helm vertauscht habe, daß ich darum das Schwert unter meiner Kutte befestigt habe, um hier müßig still zu liegen, Fastenpredigten zu halten[27] und zu warten, bis deine geheime Weisheit sich in Thaten offenbaren wird? Ich habe mein Kloster verlassen, weil mir die Noth der Bauern, die ich Tag für Tag auf meinen Wanderungen kennen lernte, über's Herz quoll, weil meine Muskeln sich von selbst zu ihrer Befreiung emporrichteten. Und nun zwingst du mich, hier mich zu verliegen und Reden zu halten, wie einst auf der Kanzel mitten im stinkenden Weihrauchqualm, und hältst die Hand auf meinen Schwertknauf?

MÜNZER. Sind die Waffenübungen abgehalten? Ist kein Fehler vorgekommen?

PFEIFER. Stelle dich nicht, als ob du mich nicht hörtest! Bin ich dein Sklave, daß du mich also behandelst?

MÜNZER. Hörst du mich? Ich frage: sind die Waffenübungen abgehalten.

PFEIFER. Tod und Hölle, was ist das! Bin ich ein Schulschütz? Glaubst du uns alle hier wie Käfer am Faden regieren zu können? Ich sage dir, steh' mir Antwort! Hülle dich nicht in diesen Mantel deiner Würde und göttlichen Sendung ein, sondern sprich – oder wir wollen uns selbst Wissenschaft erwerben –

STIMMEN vor der Thür. Hinein – hinein – er soll uns Rede steh'n – gegen den Feind.

MÜNZER. Was ist das?


Quelle:
Conrad Alberti: Brot! Leipzig 1888, S. 27-28.
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