Alma

[105] Du kommst, nach drei Monaten, 1./10. 1917, vom

»Lanser See« und von Deinen heißgeliebten Berg- Almen, Alma Pt.!

Baarfuß glittest Du drei Monate lang über

Berg-Wiesen, und die verblüfften Menschen ließen

Dich kopfschüttelnd gewähren!

Nun, in dem staubig-düsteren Wien angelangt,

flüchtest Du sogleich zu mir, in mein Zimmerchen.[105]

Welche Ehre für mich, Alma, Almen-Bewohnerin, daß Du in dieser düsteren

Staub-Wüste zu mir sogleich hinflüchtest!

Es ist mehr, mehr, mehr wie begeisterte Worte über meine neun Bücher!

Es ist »schweigendes Höchst-Zeugnis«, für mich

unbewußt ausgestellt, mit Deinem edlen

Namenszuge gleichsam unterfertigt,

für ewige Zeiten,

von Dir, Alma Ptâzek!

Du Aschblonde, Braunrot-gefärbte, Zartgliederige,

Sanftmütige, der Natur zutiefst Ergebene!

Indem Du von Deinen heißgeliebten Almen,

oberhalb des Lanser Sees, Alma,

hier in der grauen, Alles erstickenden Großstadt

zu mir her entflohst, Wien I.

Grabenhotel, Zimmer Nr. 33, 4. Stock,

gabst Du mir ein echteres Zeugnis

meines Dichter-Wertes als günstige verständnisvolle Besprechungen! Sei für ewig bedankt!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 105-106.
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