Das Fenster

[171] 13. Januar 1918. Sonntag. Es ist ein weißgraues schmutziges viereckiges Fenster über alten braunen Blechplatten. Gelb-rote Äpfel von nicht besonderer Qualität, sondern im Gegenteile, sind[171] darin in drei Etagen aufgeschichtet. Scheinbar ist das Zimmer leer. Und dennoch welche Schicksale hinter diesem düsteren Wuste von Unzulänglichkeit! Aus den Äpfeln wird Kompott gemacht, fade, ewig gleich schmeckend, meistens zu wenig pikant-säuerlich, oder der belastende Apfelstrudel, oder, dem Ideale schon näher gerückt, Apfelmus. Die Fensterrahmen könnten gewaschen und angestrichen werden, aber wozu?!? Die »Schicksale« hinter dem Allem, dieses ganze Lebens-Nirvana, darum handelt es sich!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 171-172.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]