Das Interesse

[172] Gestern, Sonntag, 13. 1. 1918, da ich mit gebrochenem linken Arme und eingeschlagener Schädeldecke dasaß, erkundigte ich mich bei meinem heiligen mich besuchenden Bruder Georg, nach drei Jahren zufällig, wie denn unser genialer Vater in seinem 83. Jahre, ohne je eine Sekunde lang krank gewesen zu sein, gestorben sei.

Er habe in der Nacht die blauen geliebten Hausschuhe angezogen, und beim Bücken sei ein Äderchen im Gehirne gerissen! Am nächsten Tage steckte man ihm seine geliebte unentbehrliche Zigarre (Trabukko) zwischen die Finger, und er führte sie, ohne zu rauchen, mechanisch zum Munde und zurück, obzwar sie gar nicht angezündet und gar nicht genußfähig war!

So also stirbt ein allerbester, eigentlich fehlerloser Mensch, der nie im Leben eine Sekunde lang krank war. So stirbt ein »Sündeloser«, amen!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 172.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]