Strandbad in den Donau-Auen

[206] Ich sah eine 15jährige, in hechtgrauem Seiden-Trikot und mit hechtgrauer Seiden-Mütze, mit schneeweißen langen schmalen Füßen; ich sah einen 14jährigen, der noch schlanker, noch biegsamer, noch zarter war als die hechtgraue. Er trug schwarze,[206] seidene, ganz kurze Höschen. Ich sah den Damm in Sonne gebadet, mit den graugrünen Weiden, und der russische Gefangene führte in brauner Jacke die braune Überfuhr-Fähre. Niemand sprach vom Kriege. Alle waren auf ihre Gesundheit konzentriert, auf ihr Braun-werden, sogar das Wasser war Nebensache, sie hielten mehr von der Sonne. Im Wasser wird Einem bald zu kalt, aber in der Sonne nie zu heiß! Auch ein Standpunkt. Ein falscher!

Ich ging stundenlang in dem keller-kühlen Donau-Buschwerk und traf keine Liebespaare. In den herrlichen dichtumlaubten Tümpeln vermisse ich nur Flamingos, Reiher und Krokodile. Dafür gab es kleine blaue Schmetterlinge. Eine Stunde von unserer »Kapitale«. Da kann man nur träumen: »Pfui, Lido!«

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 206-207.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]