Der Dichter

[120] Sie hatte also den anderen geheiratet.

Da gedachte Herr Gerhardt jenes Abends, da er sie inständig bat, ihm an seinem Tische, ganz nahe, daß es die anderen nicht hörten, das Lied zu singen: »The sorrow of miss May«. Und als sie es beendigt hatte mit ihrer süßen sanften Stimme, hatte er zu ihr gesagt: »Ich wünschte nicht das Lied zu hören, sondern nur den Hauch Ihres geliebten Atems in mich hineinzutrinken, während Sie es leise und eindringlich zu mir sangen – – –«.

Und sie erwiderte lächelnd: »Oh pig ....« Denn sie war eine junge Engländerin.

Nun hatte sie den anderen geheiratet, der es nicht erst nötig hatte, durch ein Lied sich den geliebten Hauch des Atems zu erstehlen! Und der Dichter bekam das Lied nie mehr vorgesungen, The sorrow of miss May, nie nie mehr. Und so konnte er auch den geliebten Atem nie nie mehr spüren![120]

Quelle:
Peter Altenberg: Märchen des Lebens. Berlin 7–81924, S. 120-121.
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