Was ist ein Gedicht?!

[60] Ein Gedicht ist eine Sache, die in dem Leser eine ähnliche Stimmung erzeugen soll, wie der sie gehabt hat, der es geschrieben hat – – –.

Gedicht: »Der Vorfrühling«.

Morgentemperatur am Hochschneeberg plus ein Grad.

Der Schnee fällt als Regen herab.

Die weißgrauen Schneefelder schimmern feucht.

Der Pegelstand an den Flüssen steigt und steigt.

Milde stürmische Luft. Trübe Witterung im allgemeinen.

In den nordalpinen Gegenden noch ungeheure Schneefälle.

Vor dem Tunnel elf der Bergbahn Lawinenstürze.

Die Hotels am Semmering sind überfüllt, Aristokratie und reiches Bürgertum gewinnen der Natur noch einige Rodelschlittentage ab. Die Sonne frißt den Schnee.

Die Erde ist gesättigt, wasserdurchtränkt. Es rinnt alles in die Flüsse ab deswegen.

Der Bauer ist erwartungsvoll.

Helga sucht weinend im Gelände nach Primeln.[60]

Quelle:
Peter Altenberg: Märchen des Lebens. Berlin 7–81924, S. 60-61.
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