Sie hofft auf ihren Jesum

[150] 1

Hinweg mit Furcht und Traurigkeit,

Hinweg mit Zweifel, Angst und Leid.

Ich will nun haben guten Mut

Und hoffen auf das höchste Gut.


2

Mein Trost ist Jesus, Gottes Sohn,

Der in mir setzet seinen Thron,[150]

Der mich so liebt als eine Braut,

Die ihm ganz innig ist vertraut.


3

Er hat sein kostbarliches Blut

Vergießen wollen mir zu gut.

Sein Leben gab er in den Tod,

Daß er mich nur versöhnte Gott.


4

Er hat mir seine Herrlichkeit

Versprochen und all ewge Freud.

Er wird mich auch schon bringen hin,

Wo ich ihm nur getreue bin.


5

Ob ich zwar jetzo muß allein

Gleich wie ein Turteltäublein sein,

So wird er doch zu seiner Zeit

Ersetzen dieses kurze Leid.


6

Laß kommen Trübsal, Angst und Not,

Laß wüten Teufel, Höll und Tod.

Wer nur nach Gottes Willen tut,

Der bleibet ewig wohlgemut.


7

Ich weiß, er wird in Todespein

Mein treuer Freund und Beistand sein.

Er wird erfüllen mit der Tat,

Was er mir zugesaget hat.


8

Drum will ich haben guten Mut

Und hoffen auf das höchste Gut.

Und wenn mir gleich das Herze bricht,

So will ich doch verzagen nicht.

Quelle:
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 2, München 1952, S. 150-151.
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