Sie singt von der Süßigkeit seiner Liebe

[157] 1

Jesu, wie süß ist deine Liebe,

Wie honigfließend ist dein Kuß!

Der hätte gnug und Überfluß,

Wer nur in deiner Liebe bliebe,

Wie süß ist es, bei dir zu sein

Und kosten deiner Brüste Wein!


2

Wie süß ist es, in deinen Armen

Empfinden deines Geistes Gunst

Und von der heißen Liebesbrunst

Bei dir, du heilge Glut, erwarmen!

Wie süß ist es, bei dir allein,

Du süßer Bräutgam, Jesu, Sein!


3

Wie süß ist es, mit deinen Flammen

Entzündet werden und durchglüht

Und ganz und gar in ewgen Fried

Mit dir geflossen sein zusammen!

Wie süß ists, in ein einges Ein

Mit dir, mein Schatz, geschmolzen sein!


4

Wohl denen, die schon ganz versunken

Im Meere deiner Süßigkeit!

Sie jauchzen dir in Ewigkeit

Und sind von deiner Liebe trunken.

Wie süße mußt du ihnen sein,

Du himmelsüßer Liebeswein!
[158]

5

Wie süße, Jesu, o wie süße

Wirst du mir sein, wenn ich in dir

Genießen werde für und für

Der ewgen Gottheit ewge Küsse!

Wenn ich mit Gott ein einges Ein

In dir, mein Schatz, werd ewig sein.


Quelle:
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 2, München 1952, S. 157-159.
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