Sie ergibt sich dem Jesulein zu einem Diener

[70] 1

Kleiner Knabe, großer Gott,

Schönste Blume, weiß und rot,

Von Maria neugeboren,

Unter tausend auserkoren,[70]

Allerliebstes Jesulein,

Laß mich deinen Diener sein.


2

Nimm mich an, verliebtes Kind,

Und befehle mir geschwind,

Rege deine süßen Lippen,

Rufe mich zu deiner Krippen.

Tu mir durch den hulden Mund,

Deinen liebsten Willen kund.


3

Ich verlasse nun die Welt

Und was mir an ihr gefällt.

Dir alleine will ich leben,

Dir mich gründlich untergeben.

Du alleine, Jesulein,

Sollst mein Herr und Obrer sein.


4

Dir soll meine Seel allzeit

Samt den Kräften sein bereit

Und mein Leib mit allen Sinnen

Soll nichts ohne dich beginnen.

Mein Gemüte soll auf dich

Denken jetzt und ewiglich.


5

Nimm mich an, o Jesulein,

Denn ich wünsche dein zu sein.

Dein verbleib ich, weil ich lebe,

Dein, wenn ich den Geist aufgebe.

Wer dir dient, du starker Held,

Der beherrscht die ganze Welt.

Quelle:
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 2, München 1952, S. 70-71.
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