Sie begehrt ein Schlachtopfer Christi zu werden

[316] 1

Höchster Priester, der du dich

Selbst geopfert hast für mich,

Laß doch, bitt ich, noch auf Erden

Auch mein Herz dein Opfer werden.
[316]

2

Denn die Liebe nimmt nichts an,

Was du, Liebe, nicht getan.

Was durch deine Hand nicht gehet,

Wird zu Gott auch nicht erhöhet.


3

Drum so töt und schlachte hin

Meinen Willen, meinen Sinn.

Reiß mein Herz aus meinem Herzen,

Sollts auch sein mit tausend Schmerzen.


4

Trage Holz auf dein'n Altar

Und verbrenn mich ganz und gar.

O du tausendliebste Liebe,

Wenn doch nichts von mir mehr bliebe!


5

Also wird es wohl geschehn,

Daß der Herr es an wird sehn.

Also werd ich noch auf Erden

Gott ein Liebesopfer werden.

Quelle:
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 2, München 1952, S. 316-317.
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