[24. Kapitel]

Wie die Bawrn den Keyser zugast gebetten / vnd jhme eine sawre Buttermilch auffgesetzt / auch was sich darbey zugetragen habe.

[94] Als nun die Bawrn mit dem Keyser die Malzeit eyngenommen / vnd obgemeldte reden sich verlauffen hatten / trate der Schultheß auff für den Keyser / vnd in namen sein selbest vnd der gantzen Gemeind / als seiner Vnterthanen / hub er an vngefohrlich folgender massen zureden: Ehrsamer Juncker Keyser / wir haben euch das ewer abgefressen vnd abgesoffen /darumb ist es billich / daß wir euch auch widerumb etwas nach vnserm vermögen erzeigen. Bitten derowegen euch Juncker Keyser / vns nicht zu verschmehen zu vns zukommen / vnd ein Abendtrunck mit vns thun / da müst jhr vnser Gast sein / vnnd wollen wir einandern gut geschirr machen / doch müst jhr für gut nemmen / Juncker Keyser.

Der Keyser / welchem die guten schwencke vnnd bossen wolgefielen / war willig / vmb der Kurtzweil willen: doch mit dem bescheid / daß sie jhn mit dem Trincken nicht nötigen wolten. Seyt ohne sorg / Juncker Keyser / sagt der Schultheiß / wir wollen euch gnedig halten. Also gieng der Keyser / nach dem sie jhn herumb geführt / vnd jhm jhre Misthäuffen gezeigt hetten / mit jhnen auff das newgebachen Rhathauß / da dann frische Tisch dargelegt wurden.

Als man Wasser genommen / vnd sich zu Tische gesetzt hette / vnd man jetzt anfienge aufftragen / da ward für das erste auffgesetzt / ein Platten vol Karpffen / die waren in Erbs oder Muß gekocht / vnd mit dem Löffel zu einem Brey gerhüret. Darnach ward vffgesetzt ein andre Platten voller Karpffen auff ein andere manier zugericht / namlich mit der Lalerin Brühen. Da dann der Schultheß zum[94] Keyser sagt: Er solle nur dapffer in die Brühe duncken / wann nicht genug da sey / müsse man mehr anrichten / dann sie haben noch ein halben Kübel vol behalten.

Nach den Fischen / vnter welchen auch etliche am Spiß gebraten gewesen / bracht man einen Brey: vnd als die ob dem andern Tisch / da des Keysers Son gesessen / noch nicht außgeessen hetten / schrey mein Herr der Schultheß vberlaut: Na / jhr Knaben / esset tapffer auß was jr habt / so wöllen wir die Bappen oder Brey auch beym Loch oder Gsäß (dz ich nit gröber sage) nemmen. Aber vester Juncker Keiser esset jhr fort / jr dörfft nit auff sie harren. Dann /


Es steht geschrieben /

Sex oder sieben /

Sollen nicht harren

Auff einen Narren /

Sonder essen /

Vnd des Narren vergessen.


Letztlich ward auffgesetzt ein frische / kalte saure /weisse Buttermilch. Nun hatten sie den Keyser hinter den Tisch gesetzet / vnd der Schultheß sasse neben jhm / vnd leistet Gesellschafft: die vbrige Bawren aber stunden vor dem Tisch herumb. An eim andern Tisch saß des Keysers Son / dem sie Gesellschafft halben etliche Companen zugeben hetten. Sie hatten aber zweyerley Brot inn die Milch gebrocket. Vor des Keysers ort / hatten sie weisse Semelwecken eyngeworffen: vor der Bawrn ort / lage schwartz Brot: Haberstro het es jhnen auch gnug gethan.

In dem sie also essen / der Juncker Keyser das weisse / die Bawrn Knebel aber das Habernbrot /siehe vnglück / da erwischet vngefehr der Bengeln einer einen Brocken von dem weissen Brot / vnnd schobe den hineyn: solchs hatte der[95] Schult heß wargenommen / schlug jhn derowegen / als er wider in die Platten fahren wöllen / auff die Hende / vnd sagt: Solstu des Juncker Keysers Brot essen. Der Flegel erschracke sehr / vnd weil er denselbigen bissen noch gantz in dem Mund hatte / zog er in fein wider herauß / legt jn in die Platten / vnd stieß jn heimlich für des Keysers ort. Solchs hat der Keyser auch wargenommen / wischet derowegen seinen Leffel / vnd schencket den Bawrn die noch vberige Milch / zusampt dem Weißbrot darinnen: welche die Verehrung zu grossem Danck angenommen / die Milch mit einandern vollends gefressen / vnnd des Juncker Keysers Freygebigkeit lobeten.

Es trug sich aber zu / daß der Lalen einer / damit jm die Milch allein wurde / als noch ein zimlichs im Napff gewesen / mit einem heimlichen bissen Brots dergleichen that / als ob er einen schnüpfferling auß der nasen dareyn schleuderte / dz es etlichen ins gesicht sprützet. Da fresse der Fäfe / sagten die andern Lalen, wüschtens maul / vnd liessen jn die milch allein außlappen / den Lappen.

Quelle:
[Anonym]: Das Lalebuch. Stuttgart 1971, S. 94-96.
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