[33. Kapitel]

Von einer Lalin / welche mit Eyern gen Marckt gieng / vor sich her ein wunderliche rechnung machet /

vnnd wie es jhrn ergangen.

[116] Es ist ein altes / aber gemeines Sprichwort / da man sagt:


Das Hoffen vnd das lange Harren /

Gewißlich machet manchen Narren.

Wer vor dem Wiert die Zech wil machen /

Der rhatet vbel seinen sachen.

Macht er zuwenig oder zuviel /

So hat er schon verterbt das Spiel.

Doch muß man lassen gelten das:

Wer wol wähnt dem ist deste baß.


Also gieng es diser Fraw Lalin auch. Dann als sie nur ein eintzige Hennen gehabt / die jhren alle tag ein Ey gelegt / sammelt sie derselben so viel / biß sie vermeint für trey Batzen zuhaben / nam sie in ein Körblin / vnd zoge damit gen Marckt. Vnterwegen / als sie kein Gfehrten hette / fieln jren allerley gedancken eyn: vnter anderm gedacht sie auch an jhren Kram den sie gen Marckt truge / redt lang mit sich selberst / den gantzen weg durch / vnd macht darvon folgende rechnung.

Sihe / sagt sie bey sich selberst / du lösest am Marckt trey Batzen. Was wiltu damit thun? Du wilt darumb zwo Leghennen kauffen. Dieselben zwo /sampt deren die du hast / legen dir in so vil vnd so vieln tagen / so vil Eyer: welche so du sie verkauffst /wiltu noch trey Hennen kauffen / das vbrige ist schon gewinn. Also hastu sex Hennen: die legen dir in einem Monat so viel Eyer / die wiltu verkauffen (kanst dennoch wol vnterweiln ein halbes essen) vnd das Geld zusamen legen. Also kanstu nutz haben /von den Hennen: die alten / so nit mehr legen / verkauffstu /[116] ist eins: die jungen legen dir Eyer / ist das ander: sie bruten die Junge auß / die du zum theil ziehen / vnd dein Hauffen mehren / zum theil verkauffen / vnd Geld darauß machen kanst / ist das tritte: so kanstu sie rupffen wie die Gänse / ist das vierte. Auß dem zusamen gelegten Geld wilt du darnach etliche Gänß kauffen / die tragen dir auch nutz / mit Eyern /mit Jungen / mit Federn. Also hastu nutz von Hennen vnd Gänsen / vnd kombst in acht Tagen so vnd so weit. Nach solchem wiltu ein Geiß kauffen / die gibt dir milch vnd junge Kitzlin: Also hastu junge vnd alte Hüner / junge vnd alte Gänß / Eyer / Federn / Milch /Kitzlin vnd Wulln: dann du wilt versuchen ob sich die Geiß villeicht scheren lasse. Nach solchem wilt du ein Schweinmutter kauffen: so hastu nutz zum vorigen nutz / mit jungen Ferckeln / speck / würsten / vnd anderm. Nach solchem wilt du ein Kuh kauffen / die gibt dir Milch / Kälber vnd Baw. Was wilt du mit dem Baw thun / so du kein Acker hast? Du wilt ein Acker kauffen: der gibt dir Korn / daß keins mehr kauffen darffst. Darnach wilt du Roß kauffen vnd Knecht dingen / die dir dein Viehe versehen / vnd den Acker bawen. Darnach wiltu Schaaff kauffen. Darnach wilt du dein Hauß grösser machen / damit du könnest etwan Haußgsind vmbs Geld bey dir haben. Darnach wilt du mehr güter kauffen. Also kans nit felen. Dann du hast nutz / von jungen vnd alten Hünern vnd Hanen / von jungen vnd alten Gänsen / von Eyern / von Geißmilch / von Wulln / von jungen Kitzlin vnd Lämlin / von jungen Säwlin / von Kühen (denen du auch etwan die Horn absägen / vnd den Messerschmiden zukauffen geben wilt) von Kälbern /von Ackern / von Matten / von Haußzinß / anderm. Darnach wiltu ein jungen Mann nemmen / mit dem wiltu in Frewden leben / vnd ein Gnad Fraw sein. Oh wie wilt du dir lassen so wol sein / vnd keinem kein gut wort geben. Juho / juheyaho / hopffas / trey Finger im Saltzfaß / ist der Bauren Wapen / das wil ich als dann nicht mehr führen.[117]

Mit solchen gedancken verstiege sich die gute Lalin so tieff / daß sie gleichsam als gantz vnempfindlich wurde / vnd war jhren nicht anderst als einem Trunckenen: darumb als sie ju hopffas schrey /wolte sie auch ein Arm darzu auffwerffen / vnnd einen sprung thun. Ich weiß aber bey S. Grix nicht / wie sie jhme gethan. Als sie den Arm auffschwung / vnd darzu jauchtzete / stiesse sie mit solchem den Korb mit den Eyern / daß er sich gantz vngestüm hernider begab / vnd die Eyer alle zerbrache. Hiemit lag all jhr Gnadfrawschafft im Dreck: wer lust darzu hat / mags erlesen / vnnd ein Gnad Herr sampt jhren damit werden.

Quelle:
[Anonym]: Das Lalebuch. Stuttgart 1971, S. 116-118.
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