[34. Kapitel]

Wie die Lalen ein lange Wurst machen / vnnd sie nicht kochen konten.

[118] Die Lalen hatten auff eine zeit ein gute schweynine Saw / die wolten sie behalten vnnd mesten: als aber dieselb in einer Schewer vber den Habern kam / frasse sie auß trieb des hungers etwas zuviel / darumb sie dann verklagt / vnd von der gantzen Gemein vom Leben / als ein Dieb zum Tod / vervrtheilet warde. Als nun ceter geschryen / vnnd der Stab vber sie gebrochen ward / warde sie also bald mit dem Messer /wie das Recht mit sich gebracht hatte / vom Leben zum Tod gerichtet / vnnd fiel alles jhr Haab vnd Gut /Haut vnnd Haar / den Richtern heymb zuverfressen. Dann dieweil sie mit Fressen das Leben verwürcket /were auch billich / daß sie mit gleicher straffe gestrafft / vnnd auch solt gefressen werden. Nun wolten die Bawrn alles zu ehren ziehen / vnnd damit nichts zu vnnutz abgienge / auch Würste machen: nemmen derowegen das Gedärm also[118] gantz / weschen es auß /vnnd füllen es so lang es war mit Speck / Blut / Lebern / Lungen / Hirn / kleinen Beynlin / vnnd anderm was man pflegt zu einer Wurst zubrauchen / vnd machen ein einige Wurst die war so lang als der gantze Darm.

Als nun der Tag kam / daß sie die Vrtheil vollenden / vnd die Saw auffressen solten / da wolten sie die lange Wurst zu einem Voressen haben / konten aber keinen Hafen finden / welcher lang gnug were gewesen / die Wurst der lenge nach darinnen zukochen. Dann sie meinten gentzlich / der Hafen müste so lang sein / als die Wurst. Wußten also nit wie den sachen zuthun were. Dann zu dem dz sie kein solchen langen Hafen beyhanden gehabt / wolt auch kein Töpffer oder Haffner vnterstehn / jn einen solchen zumachen.

In solchem zweiffel vnd vnmuht geht der Lalen einer durch das Dorffe ab / vnd als er für etliche Gänse fürüber gehet / fiengen dieselben an zuschreyen / Gigag / gigag (etliche Scribenten vermeinen es sey ein Esel gwesen / vnnd habe geschryen (machs nicht zulaut / daß ich jn nicht höre) Ia / Ia / Ia / Ia: welchs wol mag sein). Das höret der Lale / kehret sich vmb /hatte die Gänse nicht recht verstanden / vnd vermeint / sie haben gsagt / zwyfach / zwyfach: gieng derowegen widervmb zur Gemeinde / vnnd sprach: Es sey jhn allen wol ein schand / daß sie erst jetzund von den Gänsen sollen lehrnen / daß man die Wurst müsse zwifach in Hafen thun. Als die Gemein solches gehört / namen sie es ferner zubedencken / vnd ward alda geschlossen (dann sie waren gute Lechmici) kenne man die Wurst zwifach kochen so lasse sie sich auch treyfach kochen (dann was sich zweye / das treye sich auch gern) derowegen auch vierfach / vnd noch mehrfach. Also legen sie die Wurst so offtfach zusamen /biß sie nahe zusamen kam / daß sie in einen gemeinen Hafen konte gelegt werden (dann sie kont nicht selberst dareyn springen) ward also gekocht / vnd außgetheilt[119] / vnd jederm ein stuck davon geben / welchs jm treymal vmb dz Maul gieng. Dann es muste jeder den einen Zipffel von der Wurst ins Maul nemmen / vnd heben / mit dem andern theil fuhren sie jhm vmb den Kopff / vnnd wann sie das tritte mal zum Maul kamen / so bisse er es ab / das war als dann sein theil. Darvon ist dz Sprichwort noch heut diß tags verhanden /da die Lalen sprechen: Man muß dir ein Wurst braten / die dir trey mal vmbs Maul geht.

Quelle:
[Anonym]: Das Lalebuch. Stuttgart 1971, S. 118-120.
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