Kaare's Rundgang.

[192] Gissur meinte, Kaare müsse umhergehen und Hülfe suchen, und Asgrim gab ihm recht. So gingen denn die einsichtsvollsten Männer, die auf dieser Seite standen, auf dem Tinge herum. Voran schritt Gissur, ihm folgte Hjalte, dann Kaare, ferner Asgrim, nach ihm kam Thorgejr Skoragejr und zuletzt dessen Bruder. Sie gingen zuerst zu Skapte Thorodsohn. Er aber wollte ihnen jetzt ebenso wenig beistehen wie im vorigen Jahre. »Das habe ich mir vorgenommen,« versetzte er, »als Skarphedin mit seiner scharfen Zunge Worte des Hohns gegen mich ausstieß, daß ich niemals mich daran betheiligen wolle, Buße für ihn zu fordern oder Rache zu suchen, wenn er getödtet würde.« Besseren Erfolg hatten sie diesmal bei Gudmund dem Mächtigen. »Jetzt will ich gut machen, was ich im vorigen Jahre unterließ,« sagte er; »ich will Euch ins Gericht geleiten mit allen meinen Mannen und Euch helfen nach allem Vermögen, und ich will an Eurer Seite in den Kampf gehen, wenn es erforderlich ist und mein Leben für Euch wagen.« Ueberdies versprach er, Skapte zu lohnen für seinen Starrsinn. »Sein Sohn Thorsten Holmud soll mit uns in den Streit gehen, denn er hat meine Tochter Jodis zum Weibe und er wagt nichts anderes zu thun, als was ich will.« Auch bei dem Goden Snorre fanden sie die beste Aufnahme. »Ihr thut nur Eure Schuldigkeit, wenn Ihr wegen Nial Klage erhebt,« meinte er; »es giebt nur wenige, die nicht treffliche Rathschläge von ihm empfingen, aber es sind wiederum nur wenige, die dessen eingedenk sind. Doch welcher Art von Beistand bedürft Ihr am meisten?« Asgrim antwortete: »Am meisten bedürfen wir tapferer Männer und guter Waffen, falls es auf dem Ting zum Kampfe kommen sollte.« »Es steht zu erwarten,« meinte Snorre, »daß es dazu kommt und Ihr thut selbst am besten daran, Hartes gegen Hartes zu setzen, sonst erntet Ihr Schande wegen Eures Verlustes und Unehre wegen des Todes[193] Eurer Verwandten.« »Du hast wohl gesprochen, Snorre,« fiel Gissur ein, »je mehr es gilt, desto größer zeigst Du Dich.« »Welchen Beistand willst Du uns also leisten?« wandte sich Asgrim an Snorre. »Ich gehe selbst mit Euch zum Gericht,« war Snorre's Antwort; »kommt es aber zum Kampf, dann stürmt nicht auf sie ein, ohne daß Ihr alle voll freudigen Muthes und ohne die geringste Furcht seid, denn gewaltige Recken stehen Euch gegenüber. Werdet Ihr zum Rückzug gezwungen, so laßt Euch gegen meine Hütte hintreiben, dann will ich mit meiner Schaar kampfbereit dastehen, um Euch zu helfen. Müssen aber die Gegner weichen, dann werden sie wohl auf die Almannagjaa zueilen und kommen sie erst dahin, dann überwältigt Ihr sie nimmer. Darum werde ich mit meiner Mannschaft sie von diesem Zufluchtsort schon fernhalten. Ziehen sie sich dagegen an der Öxarau entlang entweder nach Norden oder nach Süden zurück, dann setze ich ihnen nicht nach, sondern ich will mich ruhig verhalten, bis Ihr so viele von den Gegnern erschlagen habt, daß Ihr die Bußen für sie erlegen könnt, ohne Eure Godenstelle zu verlieren und aus dem Gau verwiesen zu werden. Dann will ich mit allen meinen Mannen herzulaufen und Euch auseinanderbringen. Thue ich nun aber, wie ich versprochen habe, dann sollt auch Ihr sogleich mit dem Kampfe innehalten, so bald ich Euch darum bitte.« Gissur dankte ihm und äußerte, das, was er versprochen habe, genüge ihren Wünschen. »Noch eins will ich Euch mittheilen,« fuhr Snorre fort; »ich weiß, daß Eyjolf Bölverksohn einen Ring empfangen hat, den er gern verbergen möchte, und ich glaube, er hat ihn erhalten, damit er zu Flose's Gunsten gesetzliche Einwände mache.« Alle fielen seiner Meinung bei, dankten ihm auch für diesen Freundschaftsdienst und entfernten sich. Darauf gingen sie zu ihren Hütten zurück und suchten keinen Beistand mehr. »Es würde unmännlich sein, noch anderen Männern zu Füßen zu fallen,« äußerte Gudmund.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 192-194.
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