Vergleich zwischen Gunnar und Nial.

[75] Als Halgjerde's Schafhirte aus dem Gesichtskreis der Nialsöhne gekommen war, warf er Sigmund's Haupt weit von sich. Er kam dann nach Hlidarende und sagte es Halgjerde an. »Skarphedin gab mir Sigmund's Haupt,« sprach er, »und gebot mir, es Dir zu bringen; ich aber wagte es nicht, denn ich wußte nicht, was Du dazu sagen würdest.« »Uebel hast Du gehandelt, daß Du es nicht thatest,« antwortete sie, »ich hätte es Gunnar gebracht und er hätte dann seinen Vetter rächen müssen, falls er nicht von jedermann darob geschmäht werden wollte.« Darauf eilte sie zu Gunnar und sagte: »Dein Vetter Sigmund ist erschlagen; Skarphedin ist sein Mörder.« »Das durfte man erwarten,« erwiderte er, »aus bösem Wort folgt böse That.« Damit ging er fort. Er that nichts, um die Sache anhängig zu machen und wiewohl Halgjerde ihn oft dazu anstachelte, so kümmerten ihn ihre Worte doch nicht. So vergingen drei Tingversammlungen;[75] die Leute erwarteten jedes Mal, daß Gunnar die Sache vor Gericht bringen werde, allein er that nichts dafür, redete auch nicht unwillig über die Nialsöhne. Einst hatte er einen Rechtshandel und vermochte sich nicht aus demselben herauszuwickeln. Er ritt darum zu Nial und dieser empfing ihn wohl. Gunnar sprach: »Ich bin gekommen, um Heilrath bei Dir zu suchen in einer schwierigen Sache.« Nial antwortete: »Drum ist Deine Erwartung, bei mir zu finden, was Du verlangst, auch durchaus billig.« Darauf erklärte er ihm, was er zu thun habe und Gunnar erhob sich und dankte ihm. Da faßte Nial seine Hand und sagte: »Lange genug hat Dein Vetter Sigmund ungebüßt gelegen.« »Für ihn ist schon längst die Buße erlegt,« meinte Gunnar, »doch will ich nicht von mir weisen, was ehrenvoll für mich ist.« Nial sprach nun den Wunsch aus, daß Gunnar selbst die Buße bestimmen möge. Er schätzte Sigmund auf sechs Mark Silber, für Skjold wollte er keine Buße annehmen. Das Geld wurde sogleich bezahlt. Auf dem nächsten Gauting, Tingskaaleting wurde es genannt, zu einer Zeit, wo die Versammlung am stärksten besucht war, trat Gunnar auf und sagte den Vergleich an, der zwischen ihm und Nial geschlossen sei. Er hob besonders hervor, wie zuvorkommend dieser gegen ihn gewesen sei, nannte auch alle bösen Worte, die Sigmund den Tod gebracht hatten und verbot allen und jeden, die Worte wieder auszusprechen oder die Lieder zu singen. Thäte es jemand, trotz seines Verbotes, dann sollte keine Buße für ihn gegeben werden, falls er darum getödtet werden würde. Schließlich erklärte sowohl er, wie auch Nial, daß niemals etwas ihr gutes Einvernehmen stören solle, was sie nicht unter sich in friedlicher Weise zum Austrag bringen würden. Dieses Versprechen hielten sie auch und waren sich allzeit treue Freunde.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 75-76.
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