[Komm / Philirose / schau die nacht]

Komm / Philirose / schau die nacht /

Den julep halbverwundter hertzen /

Die zeit / wo wir mit liebe schertzen /

Hat sich nunmehr zu uns gemacht /

Das bleiche licht / das itzt erschienen /

Will uns zur liebes-fackel dienen.[445]


Entblöße jenes schöne feld /

Wo meine seel die wahlstatt funden /

Und meine krafft wie schnee verschwunden /

Als sich dein blick / der starcke held /

So tausend flammen mit sich brachte /

Zugleich aus deinen augen machte.


Ach Philirose komm geschwind /

Laß mich das paradieß besteigen /

Den ort / wo sich die gaben zeigen /

Die weisser / als narcissen / sind /

Laß mich in den verliebten stellen

Dir meine seele zugesellen.


Hier ist kein schrecken noch gefahr /

Entkleide deine brust und lenden /

Ich will die glut auf diesen enden /

Was mir die erste flamm gebar /

Es soll mein mund auff deinem liegen /

Biß mich die ohnmacht wird besiegen.


Und wenn ich nun besieget bin /

Wenn die entseelung mich gewonnen /

Und mir das leben gar entronnen /

So gib mir tausend küsse hin;

Und solt ich neue krafft erwerben /

Will ich noch zehnmahl also sterben.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 435-436,445-446.
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