Die zwei Jungferschaften.

[155] Ein junges Kind, sehr artig, zum Entzücken

gebaut, war einst im zärtlichsten Gespräch

mit ihrem Freund, dies bahnte dann den Weg

zum schönsten Unterricht. In süßen Augenblicken

empfanden sie zuerst der Liebe Werth.

Man hätte nie davon etwas erfahren,

allein ein Freier kam, der sie begehrt,

und sie war nun schon in den Jahren,

wo man der Ehe Zweck erfüllen kann. –

Dem Vater war der Eidam sehr willkommen,

er rühmt ihm seine Tochter an.

Herr, sprach er, wahrlich, sie bekommen

der Schöpfung Meisterstück zum Weib.[155]

Sie ist, trotz ihrer zarten Jugend,

ein Bild der Klugheit und der Tugend;

für ihre Jungferschaft steh' ich mit Seel' und Leib. –

Papa, rief sie dann aus, was Sie da eben sagen

von Jungferschaft – nicht nur die meinige

bekommt der Herr – nein, zwei, denn nur vor wenig Tagen

gab Damis mir auch noch die seinige.


***.[156]

Quelle:
Nuditäten oder Fantasien auf der Venus-Geige. Padua [o. J.], S. 155-157.
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