Unterthänigstes Bittschreiben, wegen zu mir hinten lecken sagender und meiner Frau untern Rock gegriffener Injurienklage.

[262] Als ick verwichnen mit meiner weiblichen Hälfte vont Kindtofen welches die Jungfer Pifken gehalten, wo alleben die 18 Studenten die bei ihr nach un nach uf Schlafstelle gelegen, mit betheiligt waren, zu Hause jung, drückt mir ein Familienbedürfniß, von wegen einem in irgend einem, diesen Ort nicht zu verunreinigenden dusternden Kellerhalswinkel hinzusetzenden Wächter. Da ick nu diesem mir immer näher werdenden Gefühl als Maurerpolier trotz meinen neuen Lederhosen nicht länger widerstehen konnte, sage ick[263] zu meiner Ollen: Hulda sag' ick: die saure Kaldaune und der Flaummermuß wollen sich mit de Weißhalbier nicht vertragen, ick krieg' Instanzen in'n Unterleib. Dadruf gibt mich Hulda eenen Kuß un sagt: Luderken halt an dir bis zu Hause, oder laaß eenen fahren, da wird dir lichter ums Herze werden. Hulda sag' ick: uf die Brücke tret' ich nich, erstens muß ick befürchten das ick mir meine neuen Lederhosen ledire, zweitens, muß ick nach dem eben mir gewordenenen Unterleibskniff gänzlich uf'n Durchfall gesammelt sind. Da gibt mich meine Hulda abermals een Kuß, des heeßt uf de Mütze, weil ick von wegen meinem Bedürfniß schon ganz krumm stand, un sie im Finstern meine Visage verfehlte, un sagt: Na denn Luderken zieh blank, ick were indeß sachte wegdämeln, un wer bei Treu und Nuglischens Ecke uf dir warten. Eene hochlöbl. Behörde wird am besten beurtheilen können, was das heeßt, wenn Enen scheißrich zu Muthe ist, ick renne also in meine Herzensangst an de Seite, setze mir unter ein[264] Schild, wo gerade frische Wurscht druf stand, un wollte besagten mir angetroffnen unvermeidlichen Dinnschiß so sachte mir vom Leibe zu schnurzen suchen, als ick durch eene unwillkührliche A-backenwiedersetzungsdrängelei uf die freudige Vermuthung kam, daß es nich der von meiner Hulda vorhergefühlte Dünnschiß war, sondern ick mir ungeheuer dick zu dremeln schmeichelte. Eene hochlöbl. Behörde selbst würde diesen Ausdruck nicht beschreiben können, der mir in diesem Augenblick mein Herz un meine Seele, als Maurerpolier, mit dem schönen Bewußtsein alles für's Vaterland hingegeben zu haben, erleichterte. Noch war ick ganz in diese Dremelei versunken, bei mir selber denkend, »alles ist vergänglich, selbst saure Kaldaune!« bemerke ick in der Ferne een geiles Gemurmel, un mein geliebtes Weib »Schweinehund« schreien hörend, war das Werk eenes eenzigsten Monuments. Vorerst bezieh ick das Wort vor mir, an mich, als angehend für meine Person, daß ick meine, det se mir meint, un ruf noch freundlichst[265] zu: Herzeken verzieh dir noch eene halbe Secunde, 's liegt blos noch an de Hosen. Als Hulda abermals schreit: Rupsack, was ist denn das für ein gemeines unterm Rock gegreife! Wie ick aber meiner Frau ihr rupsäckiges untern Rock gegreife höre, flieg' ick mit meinem Verhältnis als Maurerpolier, und ihr zu setzender Ehemann, hin an die von greifende schreiende Stelle, un sehe, weils stockfinster war, blos ein'ge dunkle Leute in braunen Ueberröcken, welche sich mit meiner Hulda befaßten. Ick trete rann un sage: Ew. Wohlgeb. haben 'n Dreck hier zu greifen! den Dreck verschluckt ick aber 'n bisken, det es nich gleich zu grob klung. Meine Hulda reißt nun ihre Schnauze ooch uf, un sagt: ach wat wirscht de da ville Cumplemente machen, laaß 'n Kerl aretiren; ick fass' ihm also bei de Brust un er faßt mich bei meine Nase; bei dieser Fassung wurde mich denn durch denn Geruch seiner Finger die vollkommenste Ueberzeugung, daß er meiner Hulda bis in das innerste ihres Geschlechts[266] gegriffen hatte. Zu gleicher Zeit spürte ich ooch eenige unterirdische Haare in seine Faust, dadruf erst war es mein fester Wille ihm eine Ohrfeige zu leisten, worüber er mich aber zuvorkam un mich eene sendete. Der Nachtwächter Leckmus vom Schinkenplatz vermengemußt sich in diesen Wortwechsel, un was so 'nn Mann zu sagen hat, in de Nacht, daß weeß ick zu gut, um nich gleich Pech zu geben, aber ick konnte doch unmöglich meine Hulda stechen laaßen, welche Leckmus eben abführen wollte. Ick trete rann und sage ganz pastetisch zu Leckmusen. Edler Leckmus sage ick, ich weiß Sie sind unbestechlich, alleene aber hier sind 2 Silbergroschen, laaßen Sie Enen gehen, dadruff äußert Leckmus' blos 2 Silbergroschen dadervor kann ick nich, un wenn Sie mein Bruder wären, Sie globen woll, daß ick meine Arrestanten gestohlen habe. Nun bemeisterte mir als Geselle de Verzweiflung, un ick sage: Jut Leckmus verarrestiren Sie uns, denn nie werde ick zujeben des ick mit Hulda'n auseinanderseparirt[267] werde, un so wurden wir in eener dustern Stimmung nach de neue Marktwache gebracht. Der wachthabende Officier, een edler Menschenfreund son Neffschandell, nahm erst Hulda'n ganz alleine vor, ick wurde gespunnt, un lag nu mit meinem Schmerz un meinen neuen Lederhosen uf eener darniedergebeugten Pritsche. Nach eener Zeitentfernung von 2 Stunden stand Hulda höchst angegriffen vor mich, un sagte: Luderken meine Flehung hast det zu verdanken, daß mich der Herr Neffschandell hat Gnade zufließen laaßen, erscht wollt' er mir ufbieten, alleene aber det wär der erschte Offcier mit dem ick nich fertig geworden wäre, wir können nun gehen un unser Recht weiter suchen. Dadruf jungen wir ab. Diese Begebenheit crepirte mir aber in mein Gemüth mehr wie ochsig, denn warum? 1) bin ick in meinem Verhältniß als Maurerpolier immer een Mann, der uf den Namen Mensch einen Anspruch sich schmeichelt, desselbigengleichen meine Frau ein Gegenstand ist, die was uf sich hält, wie ooch die[268] ganze Wache beweisen kann; deshalb bitt ick ein wohllöbl. Pupillenkollegium um Rache, an diese Greiferei von meine Frau zu nehmen. Der greifende Theil ist ein Handschuhmacher-Gehülfe gewesen, welcher sich damit entschuldigt, indem er sagt: er hätte sehen wollen, ob sich meiner Frau ihre Contenance zu einem Fausthandschu umarbeiten laaße, daß is aber dehmlich von dem Menschen, denn wenn er ooch wirklich, was ick nich bestreiten will, 4 Finger vorne mit Bequemlichkeit rinn kriegt, wo will er denn den Daum laaßen, er müßten ihr gerade im Hintern stecken, welches ick' aber für unmöglich halte, und ener hohen Behörde selbst zu prüfen überlaaße. Uf diese Gründe schmeichle ick mir nu mit eenem baldigen Termin erster Instanz, un lege die Unschuld meiner Frau eenem wohllöbl. Kammergericht ans Herz.

Sollte die Revolution günstig ausfallen, welches gewiß geschäh' wenn ick an Ihrer Stelle wär; so wollte ick gehorsamst anfragen, ob ick wohl mit[269] meiner Ollen ein Freudenhaus, zu billigen aber festen Preisen anlegen dürfte, daß wir in diesem Fache gut vorstehen können, beweisen die besten polizeilichen Atteste meiner Frau, welche früher selbst 15 Jahre Hure gewesen ist, bis mir mein Genius ihr zeigte, un sie mir erblickte, un wir uns vereinigten. Ick selbst glaube sogar uf diesen Ruheposten Anspruch machen zu können, indem ick 13 un 14 bedeutend mitgemacht, un sehr durch die Franzosen gelitten habe. Ew Wohlgeb. sollen gewiß Ihre Freude drann genießen, ooch hat meine Frau die große Idee gefaßt, für die hiesige Garnison ein Abonnement einzuführen, wo denn een beischläfriger Umgang, den Grenadir uf 9 Pf. zu stehen käm, welches der ganzen Armee nur zum Vortheil gereichen kann. Ooch werde ick mich bemühen, bei jeder Spitzbüberei eener wohllöbl. Behörde aus dem Wege zu gehen, um derselben keene Unannehmlichkeiten zu verursachen. Bis dahin ersterbe ick in Demuth, un erwarte enen baldigen Ausschlag als


treuer Unterthan, Maurerpolirer un Mann meiner

nächtlich gemißhandelten Frau,

Ludewig Radonsky,

Nagelgasse Nr. 9. in der Feuerzeugfabrik.


Anonym.

Quelle:
Nuditäten oder Fantasien auf der Venus-Geige. Padua [o. J.], S. 262-270.
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