CXXXII.

Von der alten Schwiger.

[156] 1. Mein man der ist in krieg gezogen,

vor leid so mus ich sterben,

Nimmer komm, was geb ich drumb,

ein andern wolt ich erwerben.


2. Ich wil dir meinen sohn geben,

sprach die alte schwiger,

Awe ja, da da da,

sprach die jung herwider.


3. Heintz wiltu die Christen haben,

sprach die alte schwiger,

Wil sie es sein, so ist sie mein,

sprach der son herwider.


4. Wenn wolt jr denn die hochzeit haben,

sprach die alte schwiger,

Es gilt uns gleich, ja wenn es sey,

sprach die jung herwider.


5. Was sol ich euch ins haus schencken,

sprach die alte schwiger,

Ein newen beltz, mir gefelts,

sprach die jung herwider.


6. Was wöllet jhr für ein handwerg treiben,

sprach die alte schwiger,

Gelt mein Heintz, wir treiben keins,

sprach die jung herwider.


7. Womit wolt jr euch denn ernehren,

sprach die alte schwiger,

Mit wein und brot, was man denn hat,

sprach die jung herwider.


8. Wo wollet jr heut ligen,

sprach die alte schwiger,

Bey dem herd, auff der erd,

sprach die jung herwider.[157]


9. Es gehört gar viel in die haußhaltung,

sprach die alte schwiger,

Nicht gar viel, wenn man wil

sprach die jung herwider.


10. Wo wöllet jr denn haußrat nemen,

sprach die alte schwiger,

Frag nit drumb, wo wirs bekumb,

sprach die jung herwider.


11. In welches haus wolt jhr ziehen,

sprach die alte schwiger,

In dein haus, und du must draus,

sprach die jung herwider.


12. Das haus das ist mein eigen,

sprach die alte schwiger,

Ist das dein, es wird wol mein,

sprach die jung herwider.


13. Woltstu auff meinen todt hoffen,

sprach die alte schwiger,

Lebstu lang, so wird mir bang,

sprach die jung herwider.


14. Ich glaub du wilt mich pochen,

sprach die alte schwiger,

Ich bin herr, und du nit mehr,

sprach die jung herwider.


15. Gib mir meinen beltz wider,

sprach die alte schwiger,

Der beltz ist mein ist nicht mehr dein,

sprach die jung herwider.


16. Ich dörfft dir eins an schleyer geben,

sprach die alte schwiger,

Wie du wilt, nun es gilt,

da schlug die jung herwider.


17. Awe, awe meins armen kopffs,

sprach die alte schwiger,

Ach liebe schnur, halt nur,

ich gib dirs alles wider.[158]


18. Du hast mir meinen son beschissen,

sprach die alte schwiger,

So führ jn ins bad, wasch jn wider ab,

sprach die die (so) jung herwider.


19. Also nam dieser krieg ein end,

mit der alten schwiger,

Geht es nit, nach diesem sitt,

so buck sich einer dawider.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 156-159.
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