CXL.

Von einem Schüsselkorb, wie es jm gieng auff der Hochzeit.

[176] 1. Nun mercket auff was ich euch sing,

von ebentewr ein seltzam ding,

eins morgens ich spacieren gieng,

da sah ich das in einer alten schewren. : | :

Die was so faul und wunder gros,

von alter sich enthielt sich blos,[176]

ein käßreus das verdros,

an dieser schewr, thet sie sich hefftig stewren. : | :

Das sie fieng an so bitterlich zu krancken,

vil zigel fielen oben ab dem dache,

davon erschracken sehr zween alte sporen,

ein sattel der schrey hie o ho,

ich wolt ich wer jezt anderswo,

da lag do auff dem haberstro,

ein alter rech, der het zween zän verloren.


2. Davon er ward er mechtig schwach,

ein alte segen das ersach,

die hieng hoch oben unterm dach,

sie steig herab, und lugt zu solchem schaden. : | :

Und bracht mit jm ein alten kumpff,

darzu ein sichel die was stumpff,

sie weinten sich gar zu rumpff,

das weder schrepffen halff dafür noch baden.

In dem legt sich der karch zu dem wagen schlaffen,

ein alter pflug schrey waffen uber waffen,

mein steck im feld verlor ich lieben knaben,

deßhalb mein niemand hat kein acht,

aus mir ist bald ein fewer gemacht,

ein hechel die fieng an und lacht,

sie sprach des bin ich als noch uberhaben.


3. Die bäwrin zog durch mich das haare,

dort in der schewr sie mich verlor,

da Cüntzlin dinnen bey jr war,

er schimpfft mit jr, damit blieb ich verborgen.

Und da der schimpff nun hat ein end,

da sucht sie mich dort bey der wend,

sie fand mich nit, bin ich content,

deßhalb bleib ich noch sicher und ohn sorgen.

Ach sprach ein alte gabel in der strewen,

so darff ich mich auff erden gar nit frewen,

denn grosse forcht und angst thut mich betrüben,

ich wolt das ich nit wer geborn,

man hat mich lang braucht in dem korn,[177]

ein zincken ich nit hab verlorn,

ach find man mich, ins fewr wird man mich schieben.


4. Nun mercket weiter mein gedicht,

ich mus euch geben mehr bericht,

darumb last euch verdriessen nit,

ich het gros acht, wie ich die ding beschreibe. : | :

Vor engsten ich schier schwitzen war,

da sah ich dort von ferrem har,

von altem zeug ein grosse schar,

sie kamen all, gros freud sie darzu triebe.

Sie wolten all wol auff die hochzeit kommen,

ein imenkorb der hat ein weib genommen,

der freundschafft was so gar ein grosse zahle,

ein karcher täsch in ehren saß,

darumb das sie die braut was,

ich dacht, was wunder ist mir das,

denn ich gedacht, der tantzplatz wird schmale.


5. Ein strosack der trat auch herbey,

auff die hochzeit also frey,

verbutzt in einer mummerey,

er kam daher, in einer mönches kutten.

Ich wundert mich der abenthewr,

der strosack trat auch in die schewr,

zu freuden stund auch sein begier,

er fuhr mit jm ein bethziech hat vier dutten.

Ich dacht wie wil sich nun die sach zertrennen,

ich hett schier gelacht vom abend bis an morgen,

bis dz auffgangen wer die son,

ich meint der apt kem von Mulbrun,

die bethziech sah gleich wie ein nunn,

gros geistlichkeit in beyden lag verborgen.


6. Ein alte flasch kam auch daher,

mich daucht wie sie die mutter wer,

denn sie hat sich gezieret sehr,

mit einem spinwep, das war gut lachen. : | :

Damit tantzt sie ohn allen haß,

mit einem alten beutelfaß,[178]

ein löffel da der spielman was,

der kont gar wol auff einem haffen machen.

Der flegel und der stil,

die schlugen auch zusammen,

da brangt die braut und thet sich ubel schamen,

ein alter karch der hub auch an zu singen,

ein eg die kam auch in das spiel,

die hat der zapffen also viel,

die tantzt mit einem besemstil,

und theten beid meisterlich springen.


7. Der tantz der ward so eng und gros,

in dieser schewren ein solch gedos,

eim schüsselkorb dem ward ein stoß,

das er zur erde fiel, und jm geschwande. : | :

Er thet ein solch harten fall,

das sie darab erschracken all,

bald sie jn trugen in ein stall,

und legten jn ins stro nah bey der wande.

Ein tryspitz pflegt sein und thet das beste,

sein schwester kam das was ein hünerneste,

sie lieff das sie sich bald umb hülff bewürbe,

und schrey o weh der grossen not,

mein bruder schüsselkorb ist todt,

ach mocht ich finden guten rath,

wie man jhm thet, das er nicht also stürbe.


8. Nun merckend weiter was geschach,

in dieser wunderlichen sach,

ein kesselring fieng an und sprach,

wir müssen jm vor lan das wasser besehen. : | :

Wenn man jm flugs ein süplin macht,

das jm ein guten stulgang brecht.

die schwester sprach, du rahtst uns recht,

doch bsorg ich fast, es sey umb jhn geschehen.

Da was die kunst und arbeit all verloren,

ein jedes thet hin aus der schewren fahren,

ein alte kraus vergas den senff da hinden,

denn jhr zu fliehen geschach so not,[179]

eim hafen fiel die supp ins kot,

ein kuhdreck wug wol zwentzig lot,

der lieff und kund sein herberg nimmer finden!


9. Der schüsselkorb wolt nim auffstahn,

in dem da gieng ich auch darvon,

da ich das verstund,

das jederman erschrocken was,

nun solt jr mir erlauben. : | :

Ich dacht fürwar ich gerne wolt,

der reyen lenger weren solt,

dafür nem ich nit bley für gold,

das sollet jr mir alle samen glauben.

Damit wil ich das mein gedicht beschliessen,

ich bit euch al hand dran kein verdriessen,

das jr mich hand so lang hören singen.

Ihr solt mirs han für ubel nit,

das jr nit zornen ist mein bitt,

es ist doch allweg gewesen sitt,

das man gern hört,

new mär von alten dingen.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 176-180.
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