XLVII.

[41] 1. Ein wechter gut in seiner hut,

rufft an den lieben morgen,

wo lieb bei lieb in Venus üb,

beiligen ohne sorgen.[41]

Die stehen auff, verlassen den schlaff

das jr nicht kompt in leiden,

die nacht die weicht, der tag herleucht,

wil liebe von liebe scheiden.


2. Ein bul erhört des wechters wort,

erschrack fast sehr von hertzen,

das er nicht mehr nach seim beger

kund mit seim bulen schertzen.

Erweckt sie leis mit allem fleis,

dz er sie nit thet erschrecken,

mein auffenthalt, mach dich auff bald,

der wechter thut uns wecken.


3. Das frewlein fein, vom bulen sein,

must sich alsbald thun scheiden,

der helle tag bracht leid und klag,

viel jammers jnen beyden.

Das weiblein schön, zum gesellen kün,

sprach tugentlich mit züchten,

behüt dich Gott, mein mündlein rot,

vermär mein ehr mit nichten.


Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 41-42.
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