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Was D. Faustus für Abendthewer an deß Fürsten zu Anhalt Hof getriben.

[87] Doct. Faustus kame auff ein Zeit zu dem Grafen von Anhalt, so jetzundt Fürsten seind, der jhme allen gnedigen Willen erwiese, das geschach im Jenner. Am Tisch name er wahr, daß die Gräfin groß schwanger war, Als man nuhn das Nachtessen auffgehaben hett, vnd Specerey aufftruge, Sagt D. Faustus zu der Gräfin: Gnedige Frauw, ich hab alle zeit gehört, daß die schwangere Weibsbilder zu mancherley dingen Luft vnd Begierdt haben, Ich bitt E. Gn. wöllen mir nicht verhalten, warzu sie lust zu essen hette. Sie antwortet jhme: Herr Doctor, ich wils euch warlich nicht verhalten, was ich jetzunder wünschen möchte. Nemlich, daß es im Herbst Zeit were, wolte ich frische Trauben vnd Obs mir genug essen. D. Faustus sagt darauff: gnedige Fraw, das ist mir leichtlich zuwegen zubringen, vnd in einer halben Stund soll E. G. Luft gebüst werden, Name alsbaldt zwo silberne Schüssel, setzte die fürs Fenster hinauß Als nun die zeit vorhanden war, grieffe er fürs Fenster hinauß, vnd langt die Schüsseln widerumb herein, darinnen waren rote vnd weisse Trauben, deßgleichen in der andern Schüssel Oepffel vnd Birn, doch frembder vnd weiter Landsart hero, setzte die der Gräfin für, vnd sagt, jr Gn. wöllen sich darob nicht entsetzen zu essen, dann sie auß frembder[87] Landsart weit herokommen, der Enden der Sommer sich enden wil. Also aß die Gräfin von allem Obs vnd Trauben mit Lust vnd grosser Verwunderung. Der Fürst von Anhalt kundte nicht fürvber zufragen, wie es ein gestallt vnnd gelegenheit mit den Trauben vnd Obs gehabt. D. Faustus antwortet: Gnediger Herr, E. Gn. sollen wissen, daß das Jahr in zween Circkel der Welt getheilt ist, daß, wann es bey vns jetzt Winter, in Orient vnnd Occident Sommer ist, dann der Himmel rund, vnd jetzunder die Sonne am höchsten gestigen ist, daß wir der zeit die kurtzen Tag vnd den Winter bey vns haben, In Orient vnd Occident aber, als in Saba India, vnnd recht Morgenland, da steigt die Sonne nider, vnnd haben sie daselbsten den Sommer, vnd im Jahr zweymal Frücht vnd Obs, Item, es ist bey vns nacht, bey jhnen hebt der Tag an. Dann die Sonne hat sich vnder die Erden gethan, vnd ist dessen ein Gleichnuß, das Meer ist vnnd läufft höher dann die Welt stehet, wann es nun dem Höchsten nit gehorsam were, kündte es die Welt in einem Augenblick verderben, vnd steigt jetzunder die Sonne bey jnen auff, vnd gehet bey vns nider. Auff solchen Bericht, Gnediger Herr, hab ich meinen Geist dahin gesandt, der ein fliegender vnd geschwinder Geist ist, sich in einem Augenblick, wie er wil, verändern kan, der hat diese Trauben vnd Obs erobert. Solchem hörte der Fůrst mit grosser Verwunderung zu.


Quelle:
Historia von D. Johann Fausten. In: Das Volksbuch vom Doctor Faust. Halle a.d.S. 21911, S. 87-88.
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